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Mini für den Ex-Bereich

Temperatursensor mit optischer Wirkungsweise und mikroskopischer Dimension
Mini für den Ex-Bereich

Gerade im Ex-Bereich stellt die Temperaturerfassung mit herkömmlichen elektrischen Methoden ein Problem dar. Abhilfe schafft hier ein optischer Sensor, der vom Institut für Laseranwendungstechnik und Messsysteme der Ruhr-Universität Bochum entwickelt wurde. Er erfasst eine Temperaturänderung durch Änderung der optischen Resonanz an einem sphärischen Mikroresonator.

Stephan Maraun, Dr. Karl Grosse, Prof. Dr. Gustav Schweiger, Ralf Nett

Die genaue Erfassung der Temperatur ist für den zuverlässigen und sicheren Betrieb chemischer Anlagen von größter Wichtigkeit. Durch die Verwendung zumeist organischer Solventien sind Reaktionsmasse und darüber befindliche Gasphase häufig brand- und explosionsgefährdet. Dies trifft ebenfalls auf den Einsatz zahlreicher gasförmiger Reaktanden zu. Somit ist eine Temperaturerfassung mit herkömmlichen elektrischen Methoden, wie z. B. Thermoelementen, aufgrund des Risikos durch stromdurchflossene Leiter nicht ohne weiteren Schutz möglich. Des Weiteren können insbesondere in inhomogenen Mischungen, wie Suspensionen, Emulsionen und Aerosolen, berührungslose optische Methoden aufgrund von parasitären Streueffekten nur bedingt eingesetzt werden. Daher besteht in der chemischen Prozesssteuerung und -überwachung die dringende Notwendigkeit, auf neue Sensorkonzepte zurückzugreifen. Als Alternative bietet rubitec, das Technologievermarktungsunternehmen der Ruhr-Universität Bochum, ein mikrooptisches Sensorsystem an, bei dem die Erfassung einer Temperaturänderung durch Änderung der optischen Resonanz an einem sphärischen Mikroresonator erfolgt. Der mikrooptische Temperatursensor vereint die Vorteile des rein optischen Sensorprinzips mit denen der mikroskopischen Dimension. Er ist an brand- und explosionsgefährdeten Messorten oder solchen mit hoher elektromagnetischer Belastung einsetzbar und kann problemlos an schwer zugängliche Messorte herangeführt werden. Das Potential eines solchen Sensors liegt ebenso in der Steuerung und Überwachung chemischer Großprozesse wie in der Kontrolle chemischer Reaktionen in Technikums- oder Labormaßstab.
PhysikalischesMessprinzip
Das Phänomen von Strukturresonanzen, also solchen Resonanzen, die unmittelbar aus der Morphologie eines Körpers herrühren (morphology dependent resonance), ist in der Physik seit langem bekannt und wird seit einigen Jahren zumeist an fluiden, aber auch – wie hier zugrundeliegend – an festen Mikrokugeln als Resonatoren detailliert untersucht.
Das Phänomen der optischen Strukturresonanzen ist das optische Gegenstück zu dem aus der Akustik bekannten Effekt, der sogenannten Whispering gallery mode. Flüstert man auf der einen Seite einer Kuppel, so ist dieses Flüstern auf der anderen Seite gut zu hören, weil die Schallwellen an der Kuppelwand reflektiert werden und sich entlang der Innenwand der Kuppel als Oberflächenwelle ohne große Abschwächung ausbreiten. Analog können optische Resonanzen in Mikrokugeln qualitativ dadurch erklärt werden, dass ein Lichtstrahl im Inneren des Resonators durch Totalreflektion am Austreten gehindert wird und als Oberflächenwelle umläuft, wie dies in Abbildung 1 angedeutet ist. Die Totalreflektion sorgt dabei für geringe Abstrahlverluste. Hat der Mikroresonator einen bestimmten Durchmesser, dann überlagern sich die umlaufenden Wellen phasenrichtig. Dies führt zu einem signifikanten Anstieg der Amplituden des Wellenfeldes im Inneren des Resonators. In diesem Fall spricht man von einer optischen Resonanz, auch Strukturresonanz oder whispering gallery mode.
Aber nicht nur die Größe des Mikropartikels, sondern auch dessen Brechungsindex nimmt Einfluß auf die Resonanz. Der Brechungsindex ist ebenso wie das Volumen temperaturabhängig und kann daher ebenfalls zur Konzipierung von optischen Mikrosensoren genutzt werden. Insgesamt bewirken also beide temperaturabhängigen Materialeigenschaften (Brechungsindex und Volumenausdehnungskoeffizient) eine Verschiebung der Resonanzpositionen, d. h. der Frequenz, bei der eine Resonanz angeregt wird. Die Verschiebung der Resonanzposition einer Mode erfolgt somit in direkter Abhängigkeit von der Temperatur, so dass umgekehrt aus der Resonanzverschiebung auf die Temperaturänderung geschlossen werden kann. Dies ist in Abbildung 2 dargestellt.
Sensorkonzept
Eine technische Nutzung dieses Verhaltens ist jedoch nur dann möglich, wenn Licht gezielt in den Resonator ein- bzw. ausgekoppelt wird. Hierzu werden Lichtwellenleiter tangential an den Resonator angebracht. Infolge der geringen Größe der verwendeten Resonatoren mit einem Durchmesser von 20 bis 40 µm werden die Lichtwellenleiterenden zu Spitzen ausgeformt, so dass eine Sensoranordnung entsprechend der in Abbildung 3 entsteht. Abbildung 4 zeigt die Prinzipskizze der Messanordnung. Als Lichtquelle dient die schmalbandige Emission einer Laserdiode. Für den Einsatz bei raueren Umgebungsbedingungen ist der gekoppelte Resonator infolge seiner mikroskopischen Dimension und der hieraus resultierenden Empfindlichkeit gegenüber mechanischer Einwirkung gekapselt.
Die verwendeten Resonatoren von exakter Kugelsymmetrie werden mittels einer hierzu entwickelten Anordnung aus einem Photopolymer hergestellt. Als Lichtwellenleiter dienen konventionelle Lichtleiterfasern. Da hier unterschiedliche Materialien miteinander kombiniert werden, wird ein UV-härtender Klebstoff zur Kopplung und Fixierung der Lichtwellenleiter an den Resonator eingesetzt. Vorteilhaft ist dabei, dass das System durch Mikrojustage ausgerichtet und anschließend gezielt durch UV-Licht zur Aushärtung und Fixierung gebracht werden kann. Die Verwendung von Lichtwellenleitern bietet den weiteren Vorteil, dass sich der Mikroresonator auch an schlecht zugänglichen Orten flexibel positionieren und betreiben lässt, was gerade im Hinblick auf die sehr vielfältigen hochspeziellen Anwendungsgebiete einer solchen Technologie bedeutsam ist.
Brechungsindex und Volumenausdehnungskoeffizient sind zudem materialspezifisch. Entscheidend also für den zulässigen Temperaturbereich ist die Auswahl von Resonatorwerkstoff und Werkstoff des Kopplungsmediums. Das Werkstoffverhalten des Resonators gibt darüber hinaus die maximale Empfindlichkeit des Sensorsystems vor, da – wie bereits erwähnt – Wärmeausdehnungs- und Brechungsindexverhalten die Resonanzverschiebung mit der Temperatur beeinflussen.
Anwendungen in der Praxis
Für das hier vorgestellte Sensorprinzip bestehen vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, wobei das Potential längst noch nicht ausgeschöpft ist. Derzeit werden die Anwendung des optischen Temperatursensors auf dem Gebiet der Medizintechnik in der Kernspintomographie sowie bei der Entwicklung von Verbrennungsmotoren im Kfz-Bereich diskutiert. Ein weiteres Anwendungsfeld wird in der chemischen Verfahrenstechnik gesehen, das derzeit erschlossen werden soll. Das Angebot von rubitec bezüglich des optischen Temperatursensors umfasst dabei die Lieferung von Prototypen, die Initiierung von anwendungsspezifischen Entwicklungsvorhaben bis zur Marktreife sowie die Lizenzvergabe.
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