Startseite » Chemie »

Need for Speed

Engineering und Construction Management in der biopharmazeutischen Industrie
Need for Speed

Der Zeitraum bis zur Markteinführung, die time to market, bestimmt als einer der wichtigsten Faktoren den finanziellen Erfolg oder Misserfolg eines Projektes zur Entwicklung von biopharmazeutischen Produkten. Der Wettlauf mit der Zeit beginnt bereits nach der Formulierung von Know-how-Ansprüchen und der Erstellung von Patenten zur Sicherung des geistigen Eigentums. Um sowohl Zeit als auch Geld zu sparen, müssen sowohl die präklinische als auch die klinische Phase mit höchster Effizienz vorangetrieben werden.

Dr. J. Carsten Hempel, Dr. C. Heberlein

Sobald ein Produkt die letzte klinische Phase erfolgreich durchschritten hat, müssen die Produktionskapazitäten geplant und Anlagen konstruiert und errichtet werden. Die Notwendigkeit, Zeit und Geld zu sparen, trifft auch auf das Engineering Management und auf das Construction Management innerhalb des hoch kompetitiven Pharmamarktes zu. Bild 1 stellt die Entwicklungsphasen von der Entwicklung bis zur Markteinführung dar. Die Entwicklungsaktivitäten im Labor und in der klinischen Phase bieten häufig nur ein geringes Potenzial zur Beschleunigung der zeitlichen Abläufe. Die time to market-Phase kann jedoch mit einer Verkürzung der Engineering-Phase deutlich reduziert werden. Um Zeit und Kosten zu sparen, zwingt und ermutigt die pharmazeutische Industrie ihre Engineering-Partner dazu, die Design-Phase zu beschleunigen und gleichzeitig bereits Arbeiten der Konstruktionsphase zu beginnen. Sogenannte Fast Track Projects und sogar Ultra-Fast Track Projects sind auf dem Tagesplan der Ingenieure und Anlagenbauer und führen zu extrem engen Zeitplänen und stark überlappenden, verschachtelten Projektphasen. Die Phasen der Planung, der Errichtung und der Qualifizierung erfolgen nicht mehr sequenziell, sondern nahezu gleichzeitig. Die zeitlichen Abläufe eines Fast Track Projects und eines konventionellen Engineering-Projekts vergleicht Bild 2.
MAB-Projekt bei Hofmann La Roche
Die Vorteile der Fast Track Projects sind besonders deutlich an Projekten mit großem Investitionsvolumen zu erkennen, beispielsweise dem MAB-Projekt von Hoffmann-LaRoche in Basel, einem Projekt, in dem Chemgineering die Verantwortung für eine Vielzahl von Fragen aus dem Construction Management übernommen hat. Die MAB-Anlage ist ein neues state-of-the-art-Produktionszentrum für die Herstellung von monoklonalen Antikörpern. Die Anlage wurde auf einem bestehenden Hoffmann-La Roche-Gelände errichtet, hat eine Länge von 40 m und besitzt zwei unterirdische Kelleretagen sowie acht oberirdische Etagen. Die Zellkultivierung erfolgt in sechs Produktionsfermentern mit einem Volumen von je 12,5 m3. Für die Isolierung und Reinigung der Antikörper stehen zwei separate down-stream-Linien zur Verfügung. Die Bauphase für dieses Projekt lief im August 2004 an und die Qualifizierung der Anlage dauert noch an. Erste Produkte sollen die Anlage 2009 verlassen.
Das Konzept der simultanen Durchführung von Detail Engineering und Construction während der Bauphase stellt eine hohe Herausforderung an die beteiligten Teams dar: Während die oberen Etagen noch im Rohbau sind, werden bereits die ersten Geräte installiert, die Verrohrungen durchgeführt und die Leitungen in die unterirdischen Etagen eingezogen. In solchen Projekten steuert häufig der Fortschritt in der Anlagenkonstruktion die Entwicklung im Detail Engineering. Während der Kernphase des Anlagenbaus sind durchschnittlich 500 Arbeiter vor Ort. Um höchste Effizienz sicherzustellen, benötigen Teams dieser Größe täglich Anleitung und Rat. Die Teams für das Construction Management, das Detail Engineering und der spätere Betreiber der Anlage müssen in dieser Phase eng kooperieren. Die Kommunikation zwischen den Partnern muss definiert und nach festen Regeln erfolgen, da die Teams voneinander abhängig sind. Fundierte Projekterfahrung ist die wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt.
Hierarchische Zeitpläne
Die Komplexität von Projekten mit hohem Investitionsvolumen kann nicht mit einem Excel-Blatt beschrieben und kontrolliert werden. Dazu muss eine hierarchische Ordnung von Zeitplänen entwickelt, aufeinander abgestimmt und befolgt werden. Das ganze Projekt wird hierfür in unterschiedliche Teilprojekte gegliedert. In Abhängigkeit von der Projektgröße kann es ratsam sein, Zeitpläne für die Bearbeitung jeder einzelnen Gebäudeetage zu entwerfen (auf der Basis einer vertikalen bottom-up-Struktur) und parallel den Fokus auf den Produktionsprozess zu legen (Utilities, Infrastructure, Up-stream, Harvest, Down-stream). Ein Beispiel zeigt Bild 3.
Der zusammenfassende Zeitplan hat zwei unterschiedliche Funktionen. Zum einen beschreibt er die wesentlichen Arbeiten und definiert die wichtigsten Meilensteine des Gesamtprojektes. Zum anderen dient er der Projektkontrolle. Die Informationen werden von Baustufe zu Baustufe weiter komprimiert und spezifiziert. Hierdurch ist eine leichtere Steuerung und Kontrolle auf jeder Ebene möglich und Fehler können vermieden werden. Das Construction Management(CM)- Team leitet und sichert die Umsetzung der Konstruktionsarbeiten und die Erstellung der Bauabschnitte bis hin zur Bauabnahme. Zu seinen Aufgaben gehört die Zusammenführung und zentrale Leitung aller Konstruktionsarbeiten wie auch das Vorantreiben aller technischen Einrichtungen und Installationen. Gewöhnlich bestehen die Projekte aus komplexen und voneinander abhängigen Aufgabenbereichen:
  • Sekundäre Stahlarbeiten
  • Prozessausrüstung wie Pumpen, Filter,…
  • Verpackungs- und Versorgungseinheiten
  • Prozessverrohrung (sterile Ausrüstung) und Energieversorgung
  • EI&C-Instrumente und zentrale Einheiten der Prozessautomation
  • Abschirmung und Brandschutz
  • Lenkung von Auslieferungen und Verpackungen für Lieferanten, FATs und Kontrolle von Dokumenten
  • Planung und Koordination der Lagerung für eingehende EI&C-Einheiten, inklusive der Qualifizierungsdokumentation
  • Planung und Koordination von Lieferungen, eingehenden Waren und Installation der Prozessausrüstung
Häufig ist das CM-Team auch für administrative Aufgaben zuständig.
Spezielle Anforderungen
Das CM-Team wird sich zu allererst mit der Planung der Baustellenlogistik, der Arbeitssicherheit, möglichen Ansätzen für eine Projektbeschleunigung und des Materialflusses auf der Baustelle beschäftigen. Diese Aufgaben können schon vor der Beendigung des Basic Engineering begonnen werden. Bei begrenzten Lagerkapazitäten ist eine präzise Planung und Terminsetzung als Voraussetzung zur termingerechten Auslieferung von Gebäudeteilen und Einrichtungen notwendig. Für die Koordination der Transport- und Bauaktivitäten ist es vorteilhaft, den gesamten Prozess in individuelle Arbeitsbereiche mit einer jeweiligen definierten Autonomie aufzuteilen. Dies ermöglicht eine genauere Kontrolle der einzelnen Teilbereiche durch Festlegung der Art und Anzahl der einzelnen Aktivitäten. Gleichzeitig wird verhindert, dass sich zu viel Personal und zu viel Material an einer Stelle konzentrieren. Dieser Grundplan enthält detaillierte Bau- und Installationspläne für die definierten Arbeitsbereiche.
Die enge Zusammenarbeit des Planungs-und des CM-Teams bildet bereits zu Projektbeginn eine gute Basis, die der Bauleiter nutzen kann, um das Bewusstsein für wichtige Entscheidungen bezüglich der Installationsphase leichter zu vermitteln. Relevante Projektinhalte können bei der Bewertung von Ausschreibungsunterlagen und bei Vertragsabschlüssen berücksichtigt werden. Die Planung und die Organisation des Transports, wie auch die Auslieferung der Ausrüstung, werden zusammen mit der Logistikabteilung des CM-Teams durchgeführt. Ein Plan mit allen Bauabschnitten ist die wichtigste Voraussetzung für einen glatten Bauverlauf, im Besonderen, wenn es um die Koordination von Reinrauminstallationen oder den Aufbau von intrusiven, zusammengesetzten Bauabschnitten geht.
Der Herausforderung einer limitierten Lagerkapazität kann man mit einem hohen Maß an Vorfertigung begegnen. Rohrleitungssysteme werden, wo sinnvoll, vorgefertigt und zusammen mit den EI&C-Einheiten und der Prozessausrüstung gelagert. Das Lager sollte in direkter Nähe zum späteren Aufbauort liegen, damit der Transport zum Ort des Bedarfs quasi just-in-time erfolgen kann.
cav 464

Chemgineering-Seminare
Ilmac 2007
ECI – European Construction Institute
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de