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Nullleckage bei -196 °C

4-fach-exzentrische Klappen für Cryoanwendungen
Nullleckage bei -196 °C

Vor Kurzem hat Müller co-ax mehrere Armaturen in unterschiedlichen Nennweiten und Ausführungen für eine Anwendung im Bereich tiefkalter Gase ausgeliefert. Selbst die 4-fach-exzentrische Klappe mit der größten Nennweite DN 600 wurde bei vollem Differenzdruck mit Nullleckage bei -196 °C getestet.

Der Autor: Dr.-Ing. Gregor Gaida Vorstand, Müller co-ax

LNG, Flüssigstickstoff und andere tiefkalte Medien bedingen Temperaturen von -160 °C und darunter. Werkstofftechnisch stellt diese Anwendung keine großen Herausforderungen an die Rohrleitungen und Anlagen dar. Auch die Flanschdichtungen zwischen Rohrleitungsteilen stellen den Anlagenbauer in der Zwischenzeit vor keine großen Probleme mehr. Den Knackpunkt stellen jedoch die Armaturen dar. Das eigentliche Problem bei tiefen Temperaturen ist die Dichtigkeit des Abschlusskörpers der Armatur. Und diese Problematik wird umso größer, je größer die Nennweiten der Armaturen werden.
Probleme bei tiefen Temperaturen
Zunächst erscheint es fraglich, warum die bei Raumtemperatur geradezu selbstverständliche Dichtigkeit bei tiefen Temperaturen problematisch sein soll. Die Undichtigkeiten sind auf einen physikalischen Effekt zurückzuführen, der entgegen der allgemeinen Lehrmeinung tatsächlich existiert. Gemäß der gängigen Lehre dehnen und schrumpfen homogene isotrope Metalle symmetrisch und unabhängig ihrer Wandstärke. Die Theorie besagt, dass eine runde Bohrung völlig unabhängig von der Temperatur rund bleibt, solange das gesamte Teil auf die gleiche Temperatur erwärmt oder abgekühlt wird. Gemäß der gängigen Lehre sollte eine solche Bohrung auch dann stets rund bleiben, wenn die Wandstärken um sie herum sehr unterschiedlich sind. Während sich diese Theorie für steigende Temperaturen auch bis zu Höchsttemperaturen von +1000 °C bestätigen lässt, ist ein anderer Effekt bei tiefen Temperaturen feststellbar: Die Werkstoffe schrumpfen unterhalb von -40 °C ungleichmäßig, wenn ihre Wandstärken unterschiedlich sind.
3-fach-exzentrische Armaturen
Bei 3-fach-exzentrischen Armaturen ergibt sich die Fläche des Dichtsitzes im Gehäuse durch die Hülle eines schräg geschnittenen Kegels mit einer runden Grundfläche. Die dabei entstehende Öffnung ist elliptisch. Die Tatsache, dass die Außenkontur des Gehäuses rund ist, führt alleine schon wegen der elliptischen Öffnung zu stark unterschiedlichen Wandstärken des Gehäuses. Durch die Lage der elliptischen Öffnung, deren kürzere Achse im Bereich der Spindellager liegt, ergibt sich dort eine größere Wandungsdicke als an der Stelle, wo die Sitzöffnung größer ist. Hinzu kommt die Tatsache, dass die meisten Fabrikate über eine nicht zwingend technisch bedingte Materialanhäufung im Bereich der Lager verfügen.
Gleichzeitig ist die Dichtung, meist in Form einer Lamelle, korrespondierend zum Dichtsitz und damit elliptisch. Die in der Dichtungsmitte vorhandene Bohrung ist meist rund.
Diese Tatsachen führen dazu, dass die Wandungsdicke der Dichtung exakt dort am größten ist, wo das Gehäuse die geringste Wandungsdicke hat und umgekehrt. D.h., dass dort, wo das Gehäuse am meisten schrumpft, die Dichtung am wenigsten schrumpft und umgekehrt. Dies führt dazu, dass Armaturen, die bei Raumtemperaturen spielend blasenfrei dicht sind, zum Teil die größten Probleme haben, die Vorgaben der BS 6364 zu erfüllen, die im Falle einer Armatur der Größe DN 600 eine Leckage von 3600 ml/min zulassen.
In 3-fach-exzentrischen Klappen muss die Lamellendichtung darüber hinaus mehrere Funktionen erfüllen. Die Hauptfunktion, die blasenfreie Abdichtung, kann nur erreicht werden, wenn die Lamelle flexibel und geschmeidig genug ist, um kleinste Unebenheiten des Dichtsitzes wirksam abdichten zu können. Die Lamellendichtung muss aber auch in der Lage sein, die Kräfte aufnehmen zu können, die durch die Druckdifferenz bei geschlossener Klappenscheibe entstehen.
Zusätzlich wirkt die Lamellendichtung als Hubbegrenzung bzw. Anschlag für den Antrieb der Armatur. Die Lamellendichtung muss in der Lage sein, den Antrieb daran zu hindern, die Klappe durchzudrehen. Der Konstrukteur ist gezwungen, einen Kompromiss zu finden, um diese Voraussetzungen erfüllen zu können. Er muss eine Lamelle konstruieren, die weich und flexibel genug ist, um wirksam abdichten zu können, die aber gleichzeitig ausreichende Festigkeit und Steifigkeit aufweist, um die durch Druckdifferenz und Antrieb beaufschlagten Kräfte und Drehmomente aufnehmen zu können. Erfahrungsgemäß gelingt dieser Spagat insbesondere in großen Nennweiten nur bis zu einem begrenzten Druck. Noch schwieriger wird die Aufgabe für 3-fach-exzentrische Armaturen, wenn gleichzeitig die Forderung besteht, die Klappen in Cryogenanwendungen einzusetzen.
4-fach-exzentrische Konstruktion
Die 4-fach-exzentrisch aufgebaute Klappe Quadax ermöglicht dank ihres Konstruktionsprinzips die Entkoppelung der Funktionen der bisher in 3-fach-exzentrischen Klappen eingesetzten Lamellen. Dank der 4-fach-exzentrischen Dichtungskonstruktion kann die Dichtung nach den üblichen Kriterien ausgelegt werden, sodass sie sehr weich und flexibel konstruiert werden kann.
Mittels eines Metall-O-Ringes wird eine rein metallische Dichtung erzielt, ohne Zwang der Verwendung von beispielsweise Grafit. Gleichzeitig ist es dank der 4-fach-exzentrischen Bauweise möglich, sämtliche Kräfte und Drehmomente einer massiven Edelstahlscheibe aufzulasten, ohne der Dichtung andere Aufgaben aufzubürden.
Außerdem wurde die Quadax bewusst so konstruiert, dass die Wandungen in jedem Bereich am Umfang, sowohl im Gehäuse als auch in der Dichtung, absolut symmetrisch sind. Auch im Bereich der Lager ist keine Materialanhäufung auszumachen. Dies führt dazu, dass das Schrumpfungsverhalten sowohl in der Dichtung als auch im Dichtsitz an jeder Stelle identisch und symmetrisch ist. Auf diese Weise wird eine perfekte Dichtigkeit erreicht, auch in großen Nennweiten.
Wie empfindlich die Versuche sind, merkt man aber am nachfolgend beschriebenen Beispiel: Eine der getesteten Armaturen zeigte sich undicht, zwar noch innerhalb der BS-6364-Vorgabe, aber weit von der Zielsetzung. Die Armatur wurde aus dem Flüssigstickstoff entnommen und der Blindflansch entfernt. Wie allgemein bekannt, setzt sich die in der Luft vorhandene Feuchtigkeit auf tiefkalten, metallischen Oberflächen ab und gefriert. Als einzige Maßnahme wurde die Klappe geöffnet und die auf dem Sitz vorhandene, gefrorene Schicht mit einem Taschentuch abgewischt. Lediglich diese Maßnahme reichte, um die Klappe perfekt dicht zu machen.
Halle 8.0, Stand H9
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