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Oberflächen dauerhaft blank halten

Diamantähnliche Kohlenstoffschichten verhindern Fouling
Oberflächen dauerhaft blank halten

Unter dem Begriff Fouling werden Ablagerungen und Verschmutzungen, wie sie durch Kristallisation, Korrosion oder chemische und biologische Reaktionen entstehen, zusammengefasst. Beispielsweise führen Ablagerungen an Wärmetauscherflächen zu einem deutlichen Anstieg des Wärmedurchgangswiderstandes und verringern die Leistung. Mit modifizierten diamantähnlichen Kohlenstoffschichten lässt sich die Foulingneigung reduzieren oder sogar ganz vermeiden.

Die Autoren: Ingmar Bialuch Projektleiter, Fraunhofer IST Dr. Martin Keunecke Abteilungsleiter „Neue Tribologische Beschichtungen“, Fraunhofer IST

Fouling tritt u. a. an Oberflächen von Ventilen, in Wärmetauschern oder auch als Bio-Fouling z. B. an Schiffsrümpfen auf. Wegen des Reinigungsaufwands und der damit verbundenen Produktionsunterbrechungen können durch Fouling erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen. Die Ablagerung von Stoffen aus einem fließenden Medium werden im Wesentlichen durch die Fließgeschwindigkeit, die Rauheit und die Adhäsionseigenschaften der Oberfläche beeinflusst. So lässt sich die Ablagerung schon allein durch eine Erhöhung der Fließgeschwindigkeit verringern. Ist dies nicht möglich, können Ablagerungen durch eine Reduktion der Oberflächenrauheit oder durch die Reduktion der Adhäsionseigenschaften reduziert werden. Aufgetragenen Schichten dürfen aber, beispielsweise bei Wärmetauscherflächen, den Wärmeübergang nicht verschlechtern. Das bedeutet in der Regel, dass diese so dünn wie möglich abgeschieden werden sollten und gleichzeitig mechanisch und chemisch stabil sein müssen.
Amorphe Kohlenstoffschichten
Wasserstoffhaltige amorphe Kohlenstoffschichten (a-C:H oder DLC – Diamond-like Carbon) können durch den Einbau geeigneter Elemente wie Silizium (Si), Sauerstoff (O) oder Fluor (F) so modifiziert werden, dass ihre Oberflächenenergie sinkt und ihre Antihaftwirkung zunimmt, dabei aber ihre hohe Härte und Verschleißbeständigkeit nur wenig reduziert wird. Damit unterscheiden sich diese modifizierten diamantähnlichen Kohlenstoffschichten deutlich von PTFE, das zwar eine sehr niedrige Oberflächenenergie aufweist, aber sehr weich und für viele Anwendungen nicht ausreichend verschleißfest ist.
Die Abscheidung der meist nur 3 bis 5 µm dünnen Schichten erfolgt mittels PACVD-Verfahren (Plasma-assisted Chemical Vapor Deposition). Das Prinzip dieses Verfahrens besteht darin, dass mit einer hochfrequenten Wechselspannung im Feinvakuumbereich in einem Kohlenwasserstoffgasgemisch (Prekursor), ein Plasma gezündet wird. Durch die Plasmaanregung entstehen Ionen, die auf das elektrisch vorgespannte Substrat beschleunigt werden und die Abscheidung einer hochvernetzten und mechanisch sehr stabilen Schicht bewirken. Mit einem Kohlenwasserstoff-Prekursor bildet sich eine a-C:H-Schicht, mit TMS (Tetra-methylsilan) eine Silizium enthaltende a-C:H:Si-Schicht usw. Schichten, die Silizium und Sauerstoff enthalten (a-C:H:Si:O) weisen besonders niedrige Oberflächenenergien auf und sind dabei gleichzeitig hart und verschleißbeständig.
Bewertung des Foulingprozesses
Die am Fraunhofer IST entwickelten Sican (a-C:H:Si)- und Sicon (a-C:H:Si:O)-Schichten wurden am Institut für chemische und thermische Verfahrenstechnik (ICTV) der Technischen Universität Braunschweig hinsichtlich ihrer Antifouling-Eigenschaften getestet. Als Modelsubstanz wurde bei einigen Tests Kalziumsulfat (CaSO4) in wässriger Lösung verwendet. Die Bewertung des Foulingprozesses erfolgte durch Vergleich der Induktionszeit, d. h. der Zeit, nach der durch die Ablagerung ein zusätzlicher Wärmewiderstand (Foulingwiderstand) entsteht.
Mit modifizierten DLC-Schichten war es möglich, die Induktionszeit im Vergleich zu unbeschichtetem Edelstahl deutlich zu verlängern (siehe Grafik). Grundsätzlich kommt es auch hier zu einer Ablagerung (Anstieg des Foulingwiderstandes). Jedoch werden diese Ablagerungen aufgrund der reduzierten Adhäsionseigenschaften der Beschichtungen durch die Scherkräfte des fließenden Wassers sofort wieder abgetragen, sodass es nicht zur Ausbildung einer geschlossenen Foulingschicht kommt. Im optimalen Fall kann das Fouling sogar komplett verhindert werden. Der beschriebene Effekt ist umso ausgeprägter, je schneller das flüssige Medium strömt. Während sich unter gleichen Bedingungen z. B. auf einer unbeschichteten Stahloberfläche ein dicker Belag bildet, bleiben die beschichteten Oberflächen auch nach mehreren 100 h noch nahezu unverändert.
Durch die getesteten und verwendeten Antihaftschichten ließen sich die Induktionszeiten um Faktoren >10 steigern und es konnte eine erhebliche Verlängerung der Betriebsdauer erreicht werden. Gleichzeitig reduzierte sich der Wartungs- und Reinigungsaufwand. Die Oberflächen weisen eine hohe mechanische und chemische Beständigkeit sowie verminderte Haftkräfte auf.
Weitere Anwendungsfelder
Ähnliche effekte DLC-beschichteter Ober-flächen wurden auch in anderen Anwendungen erzielt, z. B. bei der Milchverarbeitung im Lebensmittelbereich (Molkeproteinablagerungen) oder bei Rußablagerungen. Besonders erfolgversprechend sind Kombinationsbehandlungen von Oberflächen, z. B. die Beschichtung elektropolierter Edelstahloberflächen, bei der gleichzeitig auch die Rauheit verringert wird. Darüber hinaus werden die modifizierten DLC- Schichten bereits in verschiedenen Bereichen der Industrie eingesetzt. Für das Verpressen von pulverförmigen Granulaten zu Tabletten haben sich mit Sicon beschichtete Stempel als besonders geeignet erwiesen, da nicht nur die Anhaftung des Granulats, sondern auch der Verschleiß des Stempels reduziert und dadurch die Standzeit um ein Vielfaches gesteigert wird.
Zukünftige Schichtentwicklungen für Antihaft- und Antifoulinganwendungen werden sich u. a. auf die Erschließung neuer Anwendungsfelder z. B. dem Schutz von Sensoren vor Funktionsbeeinträchtigungen durch Ablagerungen sowie auf die Beschichtung verfahrenstechnisch relevanter Komponenten wie Plattenwärmetauscher, Rohre oder Ventile konzentrieren. Von besonderem Interesse wird dabei die Entwicklung von Verfahren zur Innenbeschichtung von Rohren sein, da hier gerade für Wärmetauscheranwendungen ein sehr großer Bedarf besteht. In zunehmenden Maße werden von der Industrie Schichten für Anwendungen bei hohen Temperaturen von über 300 °C gefordert. Für diese Temperaturbereiche sind DLC-Schichten nicht mehr geeignet, da sie durch Strukturumwandlungen und den Verlust des gebundenen Wasserstoffs ihre ursprünglichen Eigenschaften in erheblichem Maße einbüßen. Für Anwendungen bei höheren Temperaturen sind alternative Schichtmaterialien, z. B. auf der Basis von Übergangsmetallnitriden wie Chromnitrid (CrN) oder Titannitrid (TiN) vielversprechende Lösungsansätze.
prozesstechnik-online.de/cav1113437
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