Bisher flossen die Abwässer von Athen nahezu ungefiltert in die Bucht vor Piräus. Die Athener haben sich daher für eine biologische Kläranlage zur Filterung der Abwässer der Fünf-Millionen-Metropole entschieden – automatisiert mit pneumatischer Prozesstechnik. Die Kläranlage auf der Insel Psyttalia ist die größte ihrer Art in Europa und wird weltweit nur zweimal übertroffen. Der Einsatz wartungsfreier Drucklufttechnologie ermöglicht dabei zuverlässigen Schutz vor Explosionen.
Christopher Haug
Psyttalia Wastewater Treatment Plant heißt das ehrgeizige Projekt auf der gleichnamigen Insel Psyttalia im Saronischen Golf, der Bucht vor Athen und der Hafenstadt Piräus. Die Abwässer werden über 1,5 km lange Pipelines vom Festland zur Kläranlage auf der Felsinsel Psyttalia gepumpt. Die technischen Daten muten gigantisch an: Die biologische Klärstufe umfasst 12 Faulbehälter mit Tankvolumina von nahezu 300 000 m³ und eine Durchflussrate von 1 000 000 m³ pro Tag. Sieben Turbokompressoren mit einer Leistung von 2,5 MW und einer Kapazität von jeweils 80 000 m³/h gehen zu Werke.
Ex-Schutz eingebaut
Damit die Anlage über Jahre zuverlässig betrieben werden kann, setzte das Joint Venture der beteiligten Bauunternehmen Themeliodomi, Aktor und Athena aus Griechenland sowie Giovanni Putignano & Figli aus Italien und Passavant Roediger Products aus Deutschland auf pneumatische Automatisierungstechnik. „Gerade im Bereich der Faultürme, in denen durch den Gärprozess des Schlamms unter hohen Temperaturen Faulgase aus Methan und Kohlendioxid entstehen, sind explosionsgeschützte Antriebe zum Öffnen und Schließen von Absperrklappen unabdingbar“, berichtet George Loussis, Maschinenbau-Ingenieur, im Konsortium für den Anlagenbau verantwortlich, über die Auswahl der Antriebe.
„Aber das sind nicht die einzigen Gründe, warum wir uns bei dieser großen Anlage für pneumatische Antriebe entschieden haben“, führt sein Kollege Nicholaos Zaminos fort. Für ihn als Anlagenplaner sind die Dauerlastfestigkeit, die lange Lebensdauer und die Überlastsicherheit ebenso gewichtige Argumente für den Einsatz pneumatischer Antriebe zum Öffnen und Schließen von Klappen und Prozessventilen.
Wartungsfrei und überlastsicher
„Pneumatische Antriebe bieten über die gesamte Lebensdauer Wartungsfreiheit. Mit einer Lebensdauer von mehr als einer Million Schaltspielen überleben pneumatische Antriebe jede Armatur“, hat er herausgefunden. Und da die Absperrklappen im Klärwerk unregelmäßig betätigt werden, ist die Überlastsicherheit nicht zu verachten. Denn Ablagerungen oder Verbackungen können zu deutlich höheren Losbrechmomenten führen. „Pneumatische Antriebe sind überlastbar, während elektrische Antriebe bei erhöhtem Drehmoment- oder Kraftbedarf der Armatur in den Drehmomentbegrenzer laufen“, so seine Erfahrungen. Bei pneumatischen Antrieben ist es problemlos möglich, den Betriebsdruck und die Kräfte und damit die Drehmomente zu erhöhen.
Da die meisten Armaturen in der Abwassertechnik im Auf-/Zu-Betrieb gefahren werden oder als Handarmaturen ausgeführt sind, erschließt sich mit der Druckluft-Technologie ein erhebliches Rationalisierungspotenzial. Bei elektromotorischen Antrieben müssen im Gegensatz zur Pneumatik Überwachungsfunktionen wie Übertemperatur, Drehmomentüberwachungen, Schalthäufigkeiten, Service- und Wartungsintervalle in der Leittechnik mitprojektiert werden, was eine enorme Anzahl zu verdrahtender E/A´s ergibt. Ebenso wichtig in rauen Umgebungen wie der Abwasserbehandlung: Die Pneumatik ist robust und besteht aus wenigen korrosionsgeschützten Bauteilen.
Pneumatik-Zylinder steuern sicher
Für die Zuflusssteuerung des Faulschlamms in die Faulbehälter sorgen die pneumatischen Linearantriebe Copac DLP von Festo. Der Copac ist für die Steuerung von Schiebern prädestiniert. Er wirkt direkt auf die Schieberplatte und ermöglicht, verschiedene Positionen genau anzufahren. Insgesamt verbaute das Konsortium der fünf Bauunternehmen 50 Copac-Pneumatik-Zylinder für die Steuerung des Durchflusses des Faulschlamms.
Bei der Durchflusssteuerung für das im Faulturm entstehende Biogas kommen 40 pneumatische Schwenkantriebe Copar DRD/DRE von Festo zum Einsatz. Mit dem Copar werden Auf-/Zu-Bewegungen als auch in Verbindung mit marktüblichen elektropneumatischen Stellungsreglern das punktgenaue Anfahren von unterschiedlichen Positionen vor allem von Kugel- und Kükenhähnen, Absperr- und Drosselklappen. Das im Gärprozess der Faulbehälter entstehende Biogas wird zur Deckung des Energiebedarfs der Kläranlage eingesetzt. Die Copars regeln auch die Verteilung von Heißwasser für die Wärmetauscher, mit denen die Temperatur von 36 °C im Faulbehälter konstant gehalten wird, um den Schlamm zu trocknen. Die Energie dafür liefert das anfallende Faulgas.
Multifunktionale Ventilinseln mit Normventilen Typ 03, Schaltschränke sowie Adsorptionstrockner LDF von Festo runden den pneumatischen Potpourri in der Anlage ab.
Halle A5, Stand 226
cav 435
Pneumatische Antriebe im Detail
Pneumatische Antriebe wie der Schwenkantrieb Copar und der Linearzylinder Copac bieten neben ihrer Standfestigkeit und Wartungsfreiheit noch einen weiteren unschlagbaren Vorteil für die Prozessindustrie: sie eignen sich ideal für den Ex-Bereich. Außer bei der Endlagenabfrage und der Druckversorgung sind keine Überwachungs- und Kontrollfunktionen notwendig. Passend zur Festo-Antriebsreihe Copar lassen sich die Kugelhähne VAPB ohne zusätzliche Brücken und Kupplungen aufbauen. Die robuste Sensorbox DAPZ ist bei der Stellungsrückmeldung, insbesondere bei Schwenkabtrieben in den Bereichen Wasser-/Abwasserbehandlung, Energieerzeugung, Papier & Pappe, Chemie, Pharma- und Nahrungsmittelindustrie zuverlässig im Einsatz. Die Vorortsteuerung DLP-VSE zum komfortablen Öffnen und Schließen der Armatur über die Handbedienebene ergänzt das Produktspektrum, das mit über 30 Feldbusprotokollen kompatibel ist.
Deutsche Energie Agentur dena
Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (ISI)
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