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Reinwassersysteme richtig planen

Vom Conceptual bis zum Detail Design
Reinwassersysteme richtig planen

Die Trinkwasserqualität variiert je nach Ort und Saison. Das Ziel einer Wasseraufbereitungsanlage ist es, vom Trinkwassereintritt bis zum Point of use (POU) garantierte, reproduzierbare Wasserqualitäten zu liefern und als Mindestanforderung die durch die Trinkwassergrenzwerte vorgeschriebenen Qualitätsparameter nicht zu überschreiten. Um auf alle Eventualitäten in der Trinkwasserqualität reagieren zu können, müssen bereits in der Vorplanung alle Anforderungen an das System bekannt sein.

Wasser ist unter bestimmten Voraussetzungen ein ideales Substrat für Mikroorganismen. Beim Conceptual Design einer Wasseraufbereitungsanlage müssen daher im Vorfeld einige Rahmenbedingungen geklärt werden. Das angelieferte Rohwasser – in der Regel in Trinkwasserqualität – muss auf saisonale Schwankungen analysiert werden. Veränderungen im Gesamtsalzgehalt um den Faktor zwei sind beispielsweise keine Ausnahme. Dies kann insbesondere bei sensiblen Membransystemen zu Grenzwertüberschreitungen führen. Auch die Anforderungen an das Reinwasser müssen exakt definiert werden. Die verschiedenen Pharmakopöen geben diesbezüglich Richtwerte an.

Ein zentraler Punkt des Conceptual Designs ist die Ermittlung des Reinwasserbedarfs. Lagertankgrößen und Bezugsmengen sind entscheidende Faktoren in einem Reinwasserkonzept. Die möglichst hohe Auslastung eines Systems steht dabei oft im Zielkonflikt mit hohen Spitzenverbrauchswerten. Aus organisatorischer Sicht können diesbezüglich häufig keine Kompromisse eingegangen werden. Somit werden Systeme gebaut, die vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt überdimensioniert sind, aber aktueller Bedürfnisse wegen gefordert werden. Eine exakte Erfassung der Tagesbedarfsmengen sowie der Spitzenbezugsmengen, unter Berücksichtigung von Gleichzeitigkeiten, ist daher ein absolutes Muss für die Planung des Systems. Anlagenspezifische Massenbilanzen helfen, die Auslegung der einzelnen Verfahrensschritte wie Ionenaustausch, Enthärtung, Umkehrosmose, Ultrafiltration, Destillation inklusive Medien betriebsgerecht zu planen.
Speziell bei größeren Systemen ist die Planung der Medien ein wichtiger Bestandteil. Steht genügend Trinkwasser zur Verfügung? Wie muss die Abwasserleitung dimensioniert werden? Reicht der Dampf? Diese für die Projektkosten wichtigen Fragen müssen bereits im Conceptual Design geklärt werden; Stoff- und Energiemengenlisten dienen dazu. In Kombination mit einem nummerierten Prozessfließbild kann auch der Einsatzort der Stoffe und Energien definiert werden.
Wassersysteme benötigen ausreichend Raum. Leider sind die Platzverhältnisse oft ungenügend. Fehlender Platz für Lagertanks kann zum Beispiel zu größer dimensionierten Wasseranlagen führen. Sie haben einerseits höhere Investitionskosten zur Folge und erhöhen andererseits, bedingt durch die schlechte Auslastung, das mikrobiologische Kontaminationsrisiko.
Integrales Konzept
Ein Wasseraufbereitungssystem besteht im Wesentlichen aus den eigentlichen Aufbereitungsschritten sowie aus dem Lager- und Verteilsystem für die Versorgung der Verbraucher. Um Schnittstellen zu minimieren, sollten diese beiden Bestandteile daher als Konzept integral betrachtet und geplant werden. Aufwändig aufbereitetes Reinwasser kann durch ein schlechtes Verteilsystem mit Stichleitungen oder nicht durchströmten Zonen kontaminiert werden. Auch die Bedienbarkeit des Systems, etwa bei gleichzeitiger Nutzung durch mehrere Verbraucher, stellt hohe Planungsanforderungen.
Gegliederter Planungsansatz
Als erfolgreich hat sich eine gegliederte Projektabwicklung erwiesen, die folgende Ziele verfolgt:
  • Aufteilung der einzelnen Planungsschritte in verschiedene Planungsstufen
  • Erarbeitung von verschiedenen Dokumenten in den einzelnen Planungsstufen mit zunehmendem Detaillierungsgrad
  • kontrollierte Überprüfung der Projektbasis in den einzelnen Stufen
  • definierte Ressourcenplanung für die einzelnen Planungsschritte
Durch die Aufteilung eines Projektablaufs in Conceptual, Basic und Detail Design-Phasen können die Ressourcen optimal geplant und die Projektkosten nach Abschluss der jeweiligen Planungsstufe exakt ermittelt werden. Auch die Ausarbeitung eines realistischen Projektterminplans ist so möglich.
Die für ein Pharmaprojekt erforderlichen Qualifizierungen wie Design- und Installationsqualifikation lassen sich begleitend und projektübergreifend planen. Mit einer entsprechenden Projektablaufstruktur sind viele Schnittstellen einfacher definierbar. Und nicht zuletzt lässt sich so die Vielzahl der Projektinformationen und -dokumente von Anfang an klar strukturieren. Der Mehraufwand in der Planungsphase wird in jedem Fall durch die Zeiteinsparungen bei der Ausführung und Inbetriebsetzung des Projekts gerechtfertigt.
Das Projekt im GU-Mandat
Im Rahmen eines Projekts, das Christ als Generalunternehmer für Novartis Pharma plante und ausführte, wurde das entsprechende Vorgehen mit den einzelnen Planungsschritten in die Praxis umgesetzt. Die Aufgabe bestand darin, für ein Werk in der Schweiz ein Wasseraufbereitungssystem zu bauen, basierend auf einer Vorbehandlungsstufe mit anschließender Destillationsanlage sowie Lagerung und Verteilung des destillierten Wassers im Werk.
Bei diesem Projekt handelt es sich um eines der europaweit größten WFI-Systeme. Die Zusatzwasser-Aufbereitungsanlage wurde so konzipiert, dass durch eine spezielle Inline-Umkehrosmose-Anlage die erforderliche Speisewasserqualität für die Destillation mit einer einstufigen Umkehrosmose erzielt wird. Dies erfolgte trotz des sehr hohen Mineralsalzgehalts im zur Verfügung stehenden Trinkwasser. Eine spezifische Verfahrenstechnik erlaubt es weiter, auf eine Zwischenlagerung des Permeats und aufwändige Sterilisations- und Desinfektionsmaßnahmen zu verzichten. Die Enthärtungsanlage, die zum Schutz der Membranen vor der Umkehrosmose-Anlage installiert ist, wird automatisch desinfiziert. Um die Energie- und Betriebskosten der Destillationsanlage so gering wie möglich zu halten, wurde eine mehrstufige Destillationsanlage mit acht Kolonnen eingesetzt. Mit ihr kann die Energieausbeute unter Wahrung der Reinwasserqualität optimiert werden.
Detaillierte Verbrauchsanalysen in der Produktion sowie die Optimierung der Lagertanks im Verhältnis zur Reinwasserproduktion beziehungsweise des -bedarfs bildeten die Auslegungsbasis. Durch weitere Maßnahmen, wie den konsequenten Einsatz von Sole direkt ab Saline für die Regeneration der Enthärtungsanlage, konnten die Betriebs- und Wartungskosten zusätzlich vermindert werden.
Das Gesamtsystem wurde mittels einer zentralen Steuerung integral geplant und gebaut. Für die gesamte Wasseraufbereitungsanlage wird nur eine SPS mit Visualisierung eingesetzt. Die Betriebsdaten des Systems werden erfasst und Trends dargestellt, so dass für den Betreiber die qualitätsrelevanten Anlagendaten stets verfügbar sind.
Das Reinwasser wird nach der Destillation mit einem Rekuperator auf 87 °C gekühlt, in einem Zwischentank gelagert und dann mit einem zirkulierenden Verteilsystem auf drei Tanks mit je 40 m3 Inhalt geführt. Diese Tanks sind prioritäts- und niveaugesteuert und versorgen die verschiedenen Produktionszentren mit eigenen Verteilsystemen. Die Systeme werden zum Teil bei 80 °C und zum Teil kalt gefahren. Die Systempumpen sind frequenzgesteuert und so ausgelegt, dass die Versorgung unter Berücksichtigung der Gleichzeitigkeit und der minimalen Geschwindigkeit sichergestellt ist.
Qualifizierung
Christ erstellte im Rahmen der Projektabwicklung Dokumente sowie geprüfte und freigegebene technische Unterlagen, die in die GMP-konforme Anlagendokumentation eingebunden wurden.
Die Erstellung und Finalisierung eines Master-Validierungsplanes erfolgte parallel zur Anlagenausschreibung, Angebot und Auftragsvergabe. Christ legte zusammen mit dem Kunden im Master-Validierungsplan den Qualifizierungsablauf und die Qualifizierungsphilosophie fest. Der Plan beschreibt die zu validierenden Systeme sowie die Methoden und Akzeptanzkriterien. Die Qualifizierung der Anlage basierte auf dem Christ-Qualifizierungskonzept mit SOPs und Templates des Kunden.
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