Die funkbasierte Datenübertragung ermöglicht die Einbindung neuer Messstellen, die vorher aus technischen oder ökonomischen Gründen nicht umsetzbar war. Das Funksystem eröffnet zudem eine hohe Flexibilität und reduziert die Investition in zusätzliche, teilweise komplexe Infrastruktur. Wie einfach und sicher eine Wireless-Lösung sein kann, wird am Beispiel eines auf Trusted Wireless 2.0 basierenden Funksystems von Phoenix Contact im Bereich Öl und Gas erläutert.
Autor Jörg Brasas Produktmanager Wireless, BU Communication Interfaces, Phoenix Contact Electronics
Damit die Anlagenverfügbarkeit in Ölfeldern nachhaltig erhöht wird, sind oftmals einzelne Signale aus verteilten Anlagenteilen oder Mess- und Überwachungsstellen über weite Strecken zu kommunizieren. Schon heute verwenden die Anwender zu diesem Zweck verstärkt Funksysteme, um Kosten einzusparen. Neben der flexiblen und erweiterbaren Struktur des Wireless-Netzwerks fordern sie eine möglichst einfache und anwenderfreundliche Inbetriebnahme. Aktuelle Technologien wie Wireless Hart sind jedoch meist in der überbrückbaren Distanz und zum Teil auch in der Signalübertragung begrenzt. Mit der Funktechnologie Trusted Wireless 2.0 steht eine anwendungsgerechte Lösung zur Verfügung.
Bei Ölfeldern handelt es sich um Anlagen, die aus weit verteilten und unabhängig arbeitenden Pumpstationen bestehen. Die einzelnen Pumpen sind teilweise mehrere Kilometer voneinander entfernt installiert. Häufig ist dort weder eine Netzwerk-Verkabelung noch ein GSM-Mobilfunknetz vorhanden, die zur Datenübertragung genutzt werden könnten. In den letzten Jahren begannen die Betreiber dann, sowohl neue als auch bestehende Ölfelder zu digitalisieren. In der Fachwelt wird dies als Digital Oilfield bezeichnet. Auf diese Weise lassen sich eine schnellere Diagnose und eine effizientere Überwachung realisieren. Denn in unzähligen Bestandsanlagen müssen die Mitarbeiter noch immer durch unwegsames Gelände sowie unter klimatisch rauen Bedingungen von Pumpstation zu Pumpstation fahren, wo sie die benötigten Daten manuell vor Ort auslesen. Die Kontrolle der Pumpstation umfasst im einfachsten Fall die Aufnahme digitaler Eingangssignale, die beispielsweise die Position der Ventilstellungen melden.
Darüber hinaus müssen analoge Signale zur Temperatur-, Druck- und Durchflussmengenmessung erfasst werden. Die unterschiedlichen Signale der einzelnen Pumpstationen sind anschließend im entfernt gelegenen Kontrollraum zu sammeln und zu visualisieren. Im Vordergrund steht dabei stets die sichere Weiterleitung der Signale.
Robuste Geräte gefordert
Das kontinuierliche Monitoring sämtlicher Förderstationen basiert auf einer industrietauglichen, also robusten Kommunikation. Die Anforderungen an die notwendigen Übertragungs-Zykluszeiten sind hier eher im Sekundenbereich angesiedelt.
Ein weiterer von den verbauten Komponenten zu berücksichtigender Aspekt ergibt sich aus der Tatsache, dass die Anlagen größtenteils im Freien aufgestellt sind. Die teils unwirtlichen Umweltbedingungen erfordern einen erweiterten Temperaturbereich der Geräte sowie ihre Zertifizierung für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen.
Zusammenfassend müssen die zur Anlagenüberwachung verwendeten Komponenten somit über eine Ex-Zulassung verfügen, extremen Umgebungsbedingungen trotzen, sich einfach in Betrieb nehmen, warten und diagnostizieren lassen, die Signale sicher und störungsfrei austauschen sowie weltweit nutzbar und an Scada-/DCS-Systeme anschließbar sein. Fast alle im Kontrollraum eingehenden Daten werden in einer Visualisierung dargestellt. Außerdem müssen sie unter Umständen an ein übergeordnetes Kontrollsystem weitergegeben werden.
Mit einem auf Trusted Wireless 2.0 basierenden Funksystem von Phoenix Contact lassen sich E/A-Daten selbst in den ausgedehnten Netzwerken eines Ölfelds einfach über mehrere Kilometer übertragen. Zu diesem Zweck werden die Signale über anreihbare E/A-Module erfasst und via Wireless-Netzwerk kommuniziert.
Umsetzung komplexer Strukturen
Die Funktionsweise des Funksystems soll an der Vernetzung von bis zu 200 Ölpumpen mit einem Kontrollraum erläutert werden. In der Applikation werden im Wesentlichen E/A-Signale aus dem Ex-/Nicht-Ex-Bereich am Bohrplatz (Well Pad) eingesammelt. Ferner sind die Daten in einem vermaschten Funknetzwerk sicher von den dezentralen Stationen zum Kontrollraum weiterzuleiten und dort zwecks Anzeige an ein Scada-/DCS-System zu übergeben. An jedem Bohrplatz des Ölfelds nehmen Sensoren unterschiedliche analoge und digitale Signale auf. Die entsprechenden Messstellen befinden sich oftmals in explosionsgefährdeten Bereichen der Ex-Zone 1 und Ex-Zone 2. Ex-i-Trennverstärker erfassen die Signale der am Bohrplatz installierten Sensorik und übertragen sie an die jeweiligen E/A-Module des Funksystems. Diese sind in Schaltschränken montiert, die meist in der Ex-Zone 2 oder im Nicht-Ex-Bereich der dezentralen Station stehen.
Sämtliche E/A-Signale einer Station werden vor Ort an der Ölpumpe zusammengefasst und via Funksystem über eine Entfernung von mehreren hundert Metern bis zu einigen Kilometern an den zentralen Kontrollraum gesendet. Damit im Wartungs- oder Reparaturfall nicht das gesamte Netzwerk stillgesetzt werden muss, betreibt der Anwender mehrere Funksysteme parallel. Mit der Wireless-Lösung lassen sich komplexe Mesh-Netzwerkstrukturen umsetzen. Jedes Funkmodul umfasst dazu eine Repeater-Funktion, kann also Daten an andere Module kommunizieren. Darüber hinaus heilt sich das Netzwerk bei einem Verbindungsabbruch innerhalb kurzer Zeit selbst, will heißen, es baut einen alternativen Kommunikationspfad auf. Im Kontrollraum werden die E/A-Daten der dezentral im Ölfeld verteilten Stationen über eine herkömmliche serielle RS232- oder RS485-Schnittstelle per Modbus-RTU-Protokoll an die überlagerte Steuerung übergeben. Dies erfolgt innerhalb der geforderten Update-Zeiten im Sekundenbereich. Eine Visualisierungssoftware zeigt dann alle Daten im Kontrollraum an und leitet sie an ein überlagertes Scada-/DCS-System weiter. Zu diesem Zweck stehen verschiedene offene Software-Schnittstellen wie OPC, Modbus TCP, SQL Server, MySQL oder eine TCP/IP-Kommunikation zur Verfügung.
Hohe Sicherheit
Das verwendete Funksystem, das auf der Technologie Trusted Wireless 2.0 basiert, arbeitet im lizenzfreien 2,4-GHz-Frequenzband und eignet sich für den weltweiten Einsatz. Es nutzt das FHSS-Frequenzsprungverfahren (Frequency Hopping Spread Spectrum), wobei bis zu 127 Kanäle in einem 83 MHz breiten Band durchsprungen werden. Da die Kanäle auf der Grundlage eines pseudo-zufälligen Musters wechseln, erhöht sich die Robustheit der Datenübertragung. Eine 128-Bit-AES-Datenverschlüsselung bietet zusätzliche Sicherheit sowie eine Identifizierung, die die Echtheit des Senders überprüft. Auf diese Weise wird eine veränderte Nachricht als nicht gültig erkannt und verworfen.
Funktechnologie schließt Lücke
Die Funktechnologie Trusted Wireless 2.0 orientiert sich an den besonderen Bedürfnissen industrieller Infrastruktur-Anwendungen beispielsweise in der Prozesstechnik. Sie schließt die Lücke zwischen Wireless Hart als spezieller Lösung für Sensor-Netzwerke und dem Hochgeschwindigkeits-Standard Wireless LAN. Je nach Applikationsanforderung kann der Anwender dabei zwischen unterschiedlichen Einstellmöglichkeiten wählen. Aufgrund der hohen Flexibilität, Robustheit, Sicherheit und Zuverlässigkeit eignet sich Trusted Wireless 2.0 im Prozessumfeld zur Füllstand- und Temperatur-Überwachung sowie zur Detektierung von Fehlern. Die intuitiv handhabbaren Wireless-Komponenten sind gemäß den Richtlinien 94/9/EG zertifiziert und für IECEx vorgesehen, sodass sie national und international in explosionsgefährdeten Bereichen verbaut werden dürfen. Durch die einfache Zusammenführung von herkömmlichen Ex-Modulen und Trusted-Wireless-Funksystem lassen sich weit entfernte Signale problemlos in eine zentrale Steuerung integrieren.
prozesstechnik-online.de/cav0215423
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