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Schlämme verpumpen

Vollautomatisierte Anlage ermöglicht reibungslosen Transport
Schlämme verpumpen

Klärschlämme aus Kommunen und Industrie sind ab dem Jahr 2006 thermisch zu entsorgen. Da Rohrleitungen eine flexible Transportwegführung zulassen und Belästigung durch Geruch und Verschmutzung vermeiden, wird im Zuge dessen der Transport hochviskoser Schlämme mit einem hohen Feststoffanteil durch Rohre zunehmen. Mit Feststoffpumpen lässt sich der Schlamm so problemlos fördern, wie dies mit einer newtonschen Flüssigkeit durch eine Kreisel- oder Verdrängerpumpe möglich ist.

Um einen mechanisch mit Filterpresse, Dekanterzentrifuge oder Bandpresse entwässerten und oftmals danach teilgetrockneten Schlamm in Rohrleitungen verpumpen zu können, muss dieser ein thixotropes Verhalten zeigen. Das bedeutet, er muss die Eigenschaft besitzen, die eingeschlossene Restfeuchtigkeit unter Druck nach außen an die Peripherie und damit an die Rohrinnenwand abzugeben, um einen Schmierfilm in der Grenzschicht aufzubauen. Während rein mechanisch entwässerte Schlämme (ca. 18 bis 22 % TS mit Bandpressen, 20 bis 30 % TS mit Dekanterzentrifugen und 30 bis 40 % TS mit Kammerfilterpressen) bei dem Verpumpen mit Feststoffpumpen im allgemeinen keine größeren Probleme aufwerfen, ist ein nach dem mechanischen Entwässern auf etwa 45 bis 55 % TS getrockneter Kommunal- oder Industrieschlamm ausgesprochen problematisch. Dieser Schlamm verlässt den Trockner mit einer Temperatur von ca. 90 °C in kieselsteingroßen Krümeln oder faustgroßen Brocken, die sich wie Plastilin verformen lassen.

Nach Vorpressung eingespeist
Bei der hier dargestellten Pumpenanlage mit einer Abel-Feststoffpumpe-SH wird die getrocknete Masse durch eine vorgeschaltete Doppelwellenvorpressschnecke in die Pumpe eingepresst und unter relativ hohem Druck bis 16 MPa verpumpt. Der Schlamm mit 45 bis 55 % TS verändert dadurch seine Konsistenz, so dass er am Ende der Rohrleitung etwas abgekühlt, wie ein endloser, zäher Gummistrang, mit dem Durchmesser der Rohrleitung austritt. Nach dem Abkühlen auf Umgebungstemperatur härtet dann der Schlamm vollständig aus. Er ist in diesem Zustand mit getrocknetem aber nicht gebranntem Ton vergleichbar. Es liegt auf der Hand, dass solch ein Schlamm während der Förderung, sowie beim An- und Abfahren der Anlage, große Störungen verursachen kann, die, wenn sie nicht durch automatisches Früherkennen und unmittelbar folgende Regel- und Steuerungsvorgänge verhindert werden, zum Ausfall der Anlage führen. Der teilgetrocknete Schlamm wird im Allgemeinen einer Verbrennung zugeführt. Entweder wird der Schlamm direkt in einen Wirbelschichtofen eingedüst oder über einen Wurfbeschicker am Ende der Rohrleitung, beispielsweise auf Hausmüll, der zur Verbrennung ansteht, aufgegeben oder in ein Silo zur Zwischenlagerung gepumpt.
Prozesslinie
Die Pumpenanlage umfasst einen Vorfüllschacht über der Doppelwellenvorpressschnecke, in den die Austragsschnecke des Trockners den teilgetrockneten Schlamm abwirft. Der Schacht hat senkrechte oder vorzugsweise mit einem negativen Winkel versehene Wände, um eine Brückenbildung des Schlamms im Schacht zu verhindern. Der Schacht ist mit einer Niveausonde ausgerüstet. Die Doppelwellenschnecke hat neben einem offenen Bereich, in den der Schlamm hineinfällt, einen geschlossenen, rohrförmigen Teil, in dem die schraubenförmigen Wendeln den Vorpressdruck erzeugen und den Schlamm über ein Verbindungsstück in die Feststoffpumpe drückt. Die Feststoffpumpe SH ist eine hydrostatisch angetriebene Zweizylinder-, einfachwirkende Verdrängerpumpe mit zwangsgesteuerten Ventilen, die schließlich den Schlamm in die anschließende Rohrleitung pumpt. Unmittelbar hinter der Pumpe befindet sich ein Gleitmittelinjektionsring. Eine ähnlich gestaltete, der Außenkontur angepasste Einrichtung ist am Verbindungsstück-Ein- oder Ausgang installiert. Diese Injektionsstellen sind mit einer Dosierstation verbunden. Die Feststoffpumpe mit Vorpressschnecke, das Hydraulikaggregat, die Dosierstation und die Niveausonde im Zuführschacht werden von einer SPS gesteuert und überwacht. Diese SPS wiederum ist mit der Steuerung der Gesamttrocknungsanlage verbunden.
Überwachung und Steuerung
Die Feststoffpumpenzylinder und der hydrostatische Antriebsmotor der Schnecke werden von mengen- und druckkompensierten Hydraulikpumpen angetrieben. Dies ermöglicht eine hubzahl- bzw. drehzahlvariable Fahrweise bis zum gefahrlosen Stillstand der Feststoffpumpe bzw. der Schnecke bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der maximalen Grenzpressdrücke, ohne das Hydrauliköl aufzuheizen und Energie zu vernichten. Die Regelung des Masseflusses erfolgt entweder durch die Verbrennungstemperatur, in diesem Fall muss die Zufuhr zur Feststoffpumpe mit Hilfe der Niveausonde durch Einflussnahme auf die Drehzahl der Trockneraustragsschnecke erfolgen, oder bei Silobeschickung durch Hubzahlregelung der Feststoffpumpe selbst mit Hilfe der Niveausonde im Zuführschacht.
Der Schlammförderprozess wird wie folgt überwacht. Zunächst wird mit Hilfe der Niveausonde sichergestellt, dass die Schneckenwendeln nur geringfügig bedeckt sind und den Schlamm kontinuierlich in die Feststoffpumpe pressen, um Stauprobleme im Füllschacht von vornherein zu verhindern. Zudem erfolgt eine Überwachung des Öldrucks am hydrostatischen Antriebsmotor der Schnecke, der proportional zum Drehmoment ist. Übersteigt er einen Höchstwert, wird eine geringe Menge Gleitmittel, zum Beispiel Wasser oder eine 0,5-%ige Polymerlösung, solange in das Verbindungsstück injiziert, bis der Druck wieder abfällt. Sollte sich durch eine Konsistenzveränderung des Schlamms im Trockner das Verbindungsstück trotz Gleitmitteleindüsung ganz zusetzen, signalisiert ein Bewegungsmelder an der Schneckenwelle deren Stillstand und löst weitere Schritte aus. Weiterhin wird der Förderleitungsdruck überwacht und bei Überschreiten eines Grenzwerts wird ebenfalls solange Gleitmittel, etwa 0,5 bis 2 % der Schlammmenge, in den hinter der Pumpe installierten Düsenring zur Reibungsminderung injiziert, bis der Druck wieder abfällt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, gleichzeitig mit dem gleichen Drucksensor in kritischen Fällen den Hydraulikdruck zu erhöhen. Dabei lässt sich die Hubzahl und der Hydraulikölfluss so reduzieren, dass der elektrische Antriebsmotor der Hydraulikpumpen nicht überlastet wird. Wird die Anlage abgeschaltet, wird als vorletzter Schritt ein Freidrücken des Verbindungsstücks durchgeführt und anschließend durch Wassereintrag in den Füllschacht bei laufender Feststoffpumpe die Schnecke, das Verbindungsstück und die Feststoffpumpe sowie ein Stück der Rohrleitung schlammfrei gespült.
Anfahren nach Stillstand
Es hängt vom Verhalten des Schlammes bei Stillstand in der Rohrleitung und den Anforderungen des Betreibers an die Anlage ab, ob auch die Rohrleitung mit Wasser schlammentleert werden muss. Ein Molchsystem ist dafür in der Regel nicht erforderlich. Maßgebend ist letztlich, ob der Schlamm nach einer Stillstandszeit in der Rohrleitung von mehreren Stunden wieder angeschoben werden kann. Die Praxis hat gezeigt, dass selbst nach einigen Wochen Stillstand ein solcher teilgetrockneter Schlamm beim Anfahren der Feststoffpumpen problemlos weiter transportiert werden konnte. Aus Sicherheitsgründen ist aber entlang solcher Rohrleitungen eine Hochdruckwasserleitung mit abschnittsweisen Anschlüssen an die Schlammleitung installiert, um im Havariefall den Schlamm jeweils streckenweise vom Ende der Rohrleitung beginnend mit einer Hochdruckwasserpumpe aus der Leitung herauszudrücken. Die Feststoffpumpe steht während dieser Zeit unter Hydraulikdruck und beginnt ab einer gewissen Restschlammmenge im Rohr, diese in Bewegung zu setzen.
Verstopfung vorbeugen
Es ist leicht erkennbar, dass die Vorpressschnecke und insbesondere ihr Verbindungsstück zur Feststoffpumpe die Schwachstellen der Prozesslinie darstellen. Einmal ist die Schubkraft der Schnecke begrenzt und zum anderen ist sie nicht in der Lage, mit einem flüssigen Medium wie Wasser überhaupt einen Druck aufzubauen, d. h. sie kann in Strömungsrichtung nie das Verbindungsstück vom Schlamm entleeren. Als Verbindungsstück wird in einigen Anwendungen ein Verbindungskrümmer eingesetzt. In diesem Fall muss der Schlamm auf seinem Weg in den Zylinder der Feststoffpumpe zweimal um 90° umgelenkt werden, was den Vorgang zusätzlich erschwert. Vorteilhaft ist es daher, wenn die Schnecke direkt vor der Pumpe angeordnet werden kann. Statt des 90°-Krümmers ist dann ein gerades Verbindungsstück zwischen Vorpressschneckenausgang und dem horizontal liegenden Einlassventil vorgesehen. Mit dieser Lösung wird nicht nur der Schwachpunkt des zur Blockade neigenden 90°-Krümmers und die 90°-Umlenkung im Ventilgehäuse eliminiert, es wird außerdem der Füllgrad der Schlammzylinder der Feststoffpumpe in erheblichem Maße gesteigert, was zur Erhöhung des Gesamtwirkungsgrades der Pumpe maßgeblich beiträgt. Dies kann in Einzelfällen zu kleineren hydraulischen Antriebsaggregaten führen oder sogar die Installation einer kleineren Feststoffpumpe erlauben.
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