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Schneller zum Prozessvakuum

Die richtige Wahl der Vakuumverbindung
Schneller zum Prozessvakuum

Eine Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied – das gilt auch für die Auslegung von Vakuumanlagen im chemischen Labor. Bei der Annahme, mit einer großen Vakuumpumpe mit möglichst tiefem Endvakuum würden Prozesse stets schneller oder besser laufen, wird häufig der Einfluss der Komponenten und dabei insbesondere der Verbindungsleitungen übersehen.

Dr. Jürgen Dirscherl

Viele Prozesse im chemischen und pharmazeutischen Labor laufen bei einem Vakuum oberhalb von 1 mbar ab. Typische Beispiele hierfür sind Eindampfungen, die Geltrocknung oder Trocknungsvorgänge im Vakuumofen. Für solche Anwendungen hat sich die Chemiemembranvakuumpumpe – oft in Form eines Pumpstandes mit geeignetem Zubehör wie Ansaugabscheider und Emissionskondensator – durchgesetzt. Für kleinere Anlagen bzw. Pumpengrößen mögen die üblichen Vakuumgummischläuche mit einem Innendurchmesser von typischerweise 6 bis 10 mm noch ausreichend sein. Aber schon ab einem Saugvermögen über 5 m3/h wirken solche Gummischläuche begrenzend auf die Saugleistung der Pumpe an der Apparatur, insbesondere bei Schlauchlängen über 1 m. Für größere Saugleistungen sind sogar in diesem Grobvakuumbereich (über 1 mbar) Schläuche mit größerem Querschnitt unerlässlich. Grundsätzlich sollte der Schlauchquerschnitt nicht kleiner sein als der Sauganschluß der Pumpe.
Bei Prozessvakua unter 1 mbar
Nochmals um ein Vielfaches gravierender wird der Einfluss der Vakuumverbindungsleitungen bei tieferem Vakuum. Ein Beispiel ist die Gefriertrocknung mit einem Vakuum bis in den 10-3-mbar-Bereich. Die gängigsten Pumpen für solche Anwendungen sind ölgedichtete Drehschieberpumpen oder – für Anwendungen mit größeren Mengen an Dämpfen – die Chemie-Hybridpumpe RC 6.
Die herkömmlichen Gummischläuche sind für Vakuumanlagen mit einem Prozessvakuum unter 1 mbar schlicht ungeeignet. Dies liegt einerseits am kleinen Querschnitt, der sich unter dem Einfluss von Lösemitteln oft noch verringert, da der Schlauch weich wird und unter Vakuum kollabiert. Zum anderen ist die Ausgasung solcher Schläuche oft so stark, dass das erreichbare Endvakuum der Gesamtanordnung weit schlechter ist als das der Vakuumpumpe selbst. Darüber hinaus tendieren die Schläuche dazu, unter Chemikalieneinfluss brüchig zu werden.
Bild 2 zeigt Abpumpkurven, also das erreichte Vakuum in einer Vakuumapparatur mit einem Volumen von 50 l (ähnlich beispielsweise wie in einer Gefriertrocknungsanlage) in Abhängigkeit von der Auspumpzeit, für verschiedene Kombinationen von Vakuumpumpen und Schläuchen. Je kürzer die Zeit bis zu einem vorgegebenen Vakuum ist, um so schneller kann der Prozess gestartet werden. Zudem gilt, je steiler die Kurve am Punkt des gewünschten Prozessvakuums verläuft, um so größer ist das Saugvermögen und damit die maximal mögliche Gaslast bei diesem Vakuum.
Alle hier und im Folgenden behandelten Vakuumpumpen sind zweistufig aufgebaute Drehschieberpumpen mit einem spezifizierten Endvakuum von 2 x 10-3 mbar (ohne Gasballast) (Bild 1). Die rote Kurve wurde mit einer relativ großen Drehschieberpumpe von rund 9 m3/h Nennsaugvermögen mit einem kurzen Edelstahlwellschlauch der Nennweite („DN“) 25 mm (und damit einer dem Pumpeneinlassflansch entsprechenden Größe) gemessen. Die Kombination aus kurzem Schlauch mit großer Nennweite ergibt die kürzestmögliche Abpumpzeit. Verwendet man einen längeren Edelstahlwellschlauch (z. B. 150 cm lang) mit Nennweite DN 16, wie er in der Praxis eher üblich ist, so ergibt sich die dunkelgrüne Kurve. Die Abpumpzeit verlängert sich im Vergleich zur roten Kurve bereits deutlich.
Kleine Pumpe, kurzer Schlauch
Wesentlich effektiver ist es, wenn man anstelle der 9-m3/h-Pumpe mit dem 150 cm langen Edelstahlwellschlauch eine Pumpe mit 6 m3/h – also eine Baugröße kleiner – mit einem kürzeren (50 cm) Schlauch der gleichen Nennweite verwendet (blaue Kurve). Die Abpumpzeiten sind nahezu gleich. Da diese Pumpe wesentlich kleiner und leichter als die 9-m3/h–Pumpe ist, und zudem ruhiger und leiser läuft, kann sie oft näher an der Anwendung aufgestellt werden (z.B. auf dem Labortisch anstelle darunter). Daher kann oft ein kürzerer Schlauch verwendet werden. Natürlich ist diese kleine Pumpe auch deutlich kostengünstiger als die größere.
Verbindet man die 9-m3/h-Pumpe mit einem Vakuumgummischlauch der Nennweite 10 mm und Länge 100 cm mit der Apparatur, so ergibt sich die schwarze Kurve. Die Abpumpzeit verlängert sich dramatisch und das spezifizierte Endvakuum der Pumpe von 2 x 10–3 mbar wird kaum noch erreicht. Benötigt man beispielsweise ein Prozessvakuum von 0,01 mbar, so dauert es mit dem 10-mm-Schlauch etwa zehnmal länger als bei Verwendung des 25 mm-Edelstahlwellschlauches, bis der Prozess gestartet werden kann. Bei dem im Test verwendeten 10-mm-Vakuumschlauch handelt es sich um einen Kautschukschlauch hoher Qualität speziell für Vakuumanwendungen. Mit dem leider allzu oft verwendeten Labor-Gummischlauch ist wegen der höheren Ausgasung ein nochmals schlechteres Verhalten zu erwarten.
In Laboren trifft man immer wieder auf Vakuumanlagen mit einem Verteilerrechen aus Glas, an dem die verschiedenen Anwendungen angeschlossen sind, wobei eine große Vakuumpumpe unter dem Tisch aufgestellt ist. Häufig weisen die Glasapparaturen nur einen freien Querschnitt von wenigen Millimetern auf. Um den Einfluss einer langen, engen Leitung zu demonstrieren, wurden Abpumpkurven mit einer Leitung aus PE-Rohr mit Nennweite 8 mm und Länge 150 cm gemessen. Das Ergebnis ist in der hellbraunen Kurve in Bild 3 zu sehen. Es zeigt sich eine dramatische Verlängerung der Abpumpzeit für Drücke unterhalb 1 mbar. Anstelle dieser Kombination aus leistungsstarker 9-m3/h-Pumpe mit langer, dünner Leitung wäre es besser, eine sehr kompakte Drehschieberpumpe mit 2,5 m3/h Nennsaugvermögen zu verwenden, die mit einer angepassten Vakuumverbindung von beispielsweise 50 cm Länge und Nennweite 16 mm an die Apparatur angeschlossen ist. Die braune Kurve in Bild 3 zeigt das Abpumpverhalten dieser Kombination. Diese kleine, leichte und preislich viel günstigere 2,5-m3/h-Pumpe mit anwendungsgerechtem Schlauch ist für alle Prozessdrücke unter 0,8 mbar der großen 9-m3/h–Lösung mit langem, dünnem Schlauch weit überlegen. Selbst ein nur 10 cm kurzes Schlauchstück geringer Nennweite (10 mm) schränkte in einem anderen Versuch das Leistungsvermögen der Vakuumanlage deutlich ein. Statt einer 9-m3/h-Pumpe war es hier vorteilhafter, eine 6-m3/h-Pumpe zu verwenden. Zu beachten ist dabei, dass eine angeschlossene Apparatur intern häufig nur enge Querschnitte aufweist, und somit das effektive Saugvermögen am Ort des Prozesses selbst begrenzt. Auch Ventile etc. weisen oft nur geringe Öffnungsquerschnitte auf und sind in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen. Bild 1 zeigt die für die Messungen eingesetzten Drehschieberpumpentypen und deren relative Größenverhältnisse. Trotz moderner kompakter Bauweise wird eine leistungsstärkere Pumpe stets auch mehr Platz im Labor beanspruchen. Sinnvoll ist solch eine leistungsstarke Pumpe nur in seltenen Fällen und nur bei passender Auslegung der gesamten Apparatur.
Schlauchvariante aus PTFE
Die Vakuumleitungen müssen also große Querschnitte aufweisen, sollten aber auch flexibel sein. In Verbindung mit ggf. korrosiven Medien stellt dies ein Problem dar. Die allzu oft eingesetzten Gummischläuche sind wie oben gezeigt für Anwendungen unter 1 mbar kaum geeignet. Häufig werden für Feinvakuum-Anwendungen Edelstahlwellschläuche eingesetzt. Die gepumpten Medien tendieren jedoch dazu, in diesen zu kondensieren und sich in den tiefen Wellen im Schlauchinneren zu sammeln, was nicht selten zu Korrosion am dünnwandigen Edelstahl und Leckage führt. Eine deutlich bessere Alternative bezüglich chemischer Beständigkeit sind PTFE-Schläuche. Herkömmliche PTFE-Rohre sind jedoch meist sehr steif oder knicken leicht. Seit kurzem sind stabile und zugleich flexible PTFE-Wellschläuche mit großer Nennweite erhältlich (Bild 4). Durch ein spezielles Fertigungsverfahren weisen diese PTFE-Schläuche eine nahezu glatte Innenwand auf. Dies ist nicht nur strömungstechnisch sehr günstig, sondern vermeidet auch die Ansammlung von Kondensaten. Diese PTFE-Schläuche sind für viele Vakuumanwendungen in der Chemie mit größeren Dampfmengen und insbesondere bei tiefem Vakuum (unter 10 mbar) das ideale Verbindungselement.
cav 468

Weitere Informationen zu den Vakuumsystemen
Vakuum-Guide
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