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Aufgepasst in Zone 22

Neue Norm für Staub-Ex-Sauger
Aufgepasst in Zone 22

62784: Diese Ziffernfolge wird sich merken müssen, wer Sauger für den Einsatz in staubexplosionsgefährdeten Bereichen betreibt oder kauft. Denn mit der IEC 62784 wurde im Mai 2017 eine neue Norm veröffentlicht. Sie ist bereits gültig und trifft Regelungen zu mobilen Industriesaugern für Staub-Ex-Bereiche. Welche Veränderungen ergeben sich daraus?

Die Norm IEC 62784 mit dem Titel „Besondere Anforderungen für Staubsauger und Entstauber mit dem Geräteschutzniveau Dc für die Aufnahme von brennbaren Stäuben“ zielt auf Staub-Ex-Sauger für Zone 22. Das Kürzel „Dc“ stammt aus der Norm EN 60079–0 und bezeichnet Betriebsmittel für den Einsatz in einem staubexplosionsgefährdeten Bereich der Zone 22. Bisher wurde die Normung für Staub-Ex-Sauger im Anhang CC der IEC/EN 60335–2–69 erfasst. Die Norm an sich, die weiterhin gültig ist, deckt einen sehr breiten Bereich der „Staub- und Wassersauger für industrielle und gewerbliche Zwecke“ ab. Der Anhang wird nun durch die eigenständige Norm IEC 62784 ersetzt.

Ein Grund für die Neuordnung der Normung für Staub-Ex-Sauger ist die Tatsache, dass die IEC/EN 60335–2–69 und damit auch ihr Anhang unter der europäischen Maschinenrichtlinie harmonisiert ist. Die IEC 62784 soll aber unter der Atex-Richtlinie harmonisiert werden, weil eine Explosion der zentrale Risikofaktor beim Betrieb dieser Maschinen ist. Außerdem nimmt die neue Norm Bezug zu mehreren anderen Ex-Normen. Mit der IEC 62784 steht nun eine eigene Produktnorm für Sauger zur Verfügung, die brennbare Stäube aufnehmen können. Den Konstrukteur solcher Anlagen und auch die Einkäufer auf der Betreiberseite wird vordringlich interessieren, welche neuen Anforderungen die Norm enthält, was sich also konkret ändern wird.

Bezug zu vorhandenen Ex-Normen

Hier ist zunächst ein Grundgedanke festzuhalten, der alle Normen betrifft. Der Hersteller ist nicht gezwungen, eine bestimmte Norm anzuwenden, um die Konformität mit einer Richtlinie zu gewährleisten. Er kann die Anforderungen der Richtlinie auch auf andere Weise erfüllen. Nimmt er hingegen Bezug auf die Norm, weist er damit nach, dass er die jeweilige Maschine nach dem geltenden Stand der Technik entwickelt und gebaut hat.

Inhaltlich nennt die IEC 62784 ganz ähnliche Anforderungen wie der Anhang CC von IEC/EN 60335–2–69. Allerdings verweist sie zusätzlich auf die Normen EN/IEC 60079–0 und 60079–31, die grundsätzliche Anforderungen an die Konstruktion, Prüfung und Kennzeichnung von Geräten und Bauteilen für (staub-)explosionsgefährdete Bereiche festlegen. Diese Normen sollte der Konstrukteur also ebenfalls berücksichtigen.

Geänderte Kennzeichnung

Neu ist auf jeden Fall die Kennzeichnung der nach IEC 62784 gebauten Staub-Ex-Sauger. Die Kennzeichnung für einen Sauger, der in der Zone 22 in einer staubexplosionsfähigen Atmosphäre aus brennbarem leitfähigem Staub eingesetzt werden darf, lautet dann beispielsweise: Ex 62784 IIIC T135 °C Dc. Die erste Ziffer verweist auf die Produktnorm. IIIC steht für die Stoffgruppe „leitfähige brennbare Stäube“ im Unterschied zu den Stoffgruppen IIIB („nicht leitfähige brennbare Stäube“) und IIIA („brennbare Flusen“). Einen Industriesauger mit der Stoffgruppe IIIB könnte der Betreiber z. B. nicht in einer explosionsfähigen Atmosphäre aus leitfähigen brennbaren Stäuben einsetzen. T135 °C bezeichnet die maximale Oberflächentemperatur des Industriesaugers, die bei der Auswahl entsprechend dem Einsatzbereich ebenfalls zu beachten ist. Zum Abschluss folgt die Kennzeichnung nach Equipment Protection Level (EPL) aus EN 60079–0: Betriebsmittel für den Einsatz in einem staubexplosionsgefährdeten Bereich der Zone 22 werden mit Dc deklariert.

Keine Übergangsfrist

Eine Übergangsfrist für die Geltung der Normen ist nicht vorgesehen. Anhang CC ist jetzt nur noch als informativer Anhang in der EN 60335–2–69 enthalten. Normative Gültigkeit hat somit nur der Inhalt der IEC 62784. Er spiegelt den Stand der Technik wider. Alle Hersteller streben deswegen an, ihre Sauger zukünftig nach IEC 62784 zu bauen. Zuvor müssen jedoch die eigenen Prozesse geprüft und gegebenfalls verändert werden, um die IEC 62784 zu erfüllen. Bei den Prüfstellen/benannten Stellen findet ein ähnlicher Prozess statt.

Welche Auswirkungen hat die neue Norm auf Bestandsanlagen, die gemäß IEC/EN 60335–2–69 konstruiert wurden? Sie können bedenkenlos weiterhin betrieben werden, wenn sie seinerzeit vom Hersteller gemäß Atex-Richtlinie 2014/34/EU bzw. der ehemaligen 94/9/EG in Verkehr gebracht worden sind.

Normung für andere Ex-Zonen

Die Produktnorm IEC 62784 bezieht sich ausschließlich auf mobile Industriesauger für die Staub-Ex-Zone 22. Für Industriesauger, die für andere Ex-Zonen wie 1,2 (Gas-Ex) und 21 (Staub-Ex) geeignet sind, gibt es bislang keine eigenen Produktnormen. Hier sind Hersteller und Anwender angehalten, weiterhin auf die allgemeinen Ex-Normen wie EN 1127–1, die IEC/EN 60079-Normreihe für elektrische Betriebsmittel und auf die IEC/EN 80079-Normreihe für nichtelektrische Betriebsmittel zurückzugreifen. Allerdings deckt die IEC 62784 schon den allergrößten Anwendungsbereich der Staub-Ex-Sauger ab, weil Sauger für die Zone 21 nur sehr selten gefertigt und eingesetzt werden. Mittelfristig ist es das Ziel der Normungsgremien, auch bei Saugern für die anderen Ex-Zonen jeweils eine eigene Produktnorm zu schaffen.

Gas-Ex-Sauger nicht betroffen

Die Gas-Ex-Sauger sind von der neuen Norm nicht betroffen. Erwähnenswert ist hier aber die Klärung einer anhaltenden Unsicherheit bei Herstellern und Betreibern. Thema war und ist die Gefahr der elektrostatischen Aufladung bei der Aufnahme von nicht leitfähigen, hochisolierenden Partikeln und Granulaten und dem Potenzial der elektrischen Zündgefahr dieser Aufladung in Form einer Büschelentladung. Denn Büschelentladungen können gasexplosionsgefährliche Atmosphären entzünden und so zu einem Brand oder einer Explosion führen. Hier gab es Veröffentlichungen, die dieses Risiko benannten und dazu führten, dass kaum noch entsprechende Sauger in den Verkehr gebracht wurden. Darauf führte Ruwac eine messtechnische Untersuchung des vermeintlichen Risikos durch. Eine schriftliche Stellungnahme bestätigte, dass bei Ruwac-Saugern eine gefährliche Aufladung von hoch-isolierenden Stäuben ausgeschlossen werden kann. In cav 2/2017 wurde ausführlicher über dieses Thema und die entsprechende Untersuchung berichtet. Allerdings lässt sich deren Ergebnis nicht pauschalisieren, da die elektrostatische Aufladung stets vom Gesamtsystem abhängig ist. Zum Beispiel kann die Aufladung durch falsch ausgewähltes Zubehör deutlich höher ausfallen, dann wäre wieder eine potenzielle Zündgefahr gegeben. Hier ist also auf Betreiberseite Sorgfalt gefordert.

Gesundheitsgefährdende Stäube und Energieeffizienz

Während der Anhang CC der EN 60335–2–69 nun durch die IEC 62784 ersetzt wurde, bleibt die EN 60335–2–69 weiterhin die gültige Produktnorm für Industriesauger, wenn es um gesundheitsgefährdende Stäube geht. Auch die häufig verwendete und allgemein bekannte Klassifizierung der Abscheidegrade von Filtern in die Staubklassen L, M und H wird in dieser Norm beschrieben.

Schon seit 2014 müssen neue Haushaltsstaubsauger ein Energielabel tragen. Damals wurde ihre Motorleistung auf 1600 W begrenzt, seit September 2017 beträgt die erlaubte Maximalleistung nur noch 900 Watt. Der Jahresenergieverbrauch der Sauger (für definierte Saugzyklen) wird auf einem deutlich sichtbaren Label angegeben und ist somit vergleichbar. Bei Industriesaugern gibt es bislang keine solchen Bestrebungen. Allerdings sind die Drehstromsauger davon betroffen, dass die Motorenhersteller nur noch Motoren höherer Energieeffizienzklassen (IE3 und besser) produzieren dürfen. Gerade bei Saugern, die im Dauerbetrieb oder mehrere Stunden am Tag laufen, wirkt sich ein hoher Effizienzgrad günstig auf den Energieverbrauch und damit die Betriebskosten aus.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav1217ruwac


Autor: Gerald Scheffels

Fachjournalist

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