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Transparenz in der Produktion

MES-System steigert Effizienz bei der Herstellung von Impfstoffen
Transparenz in der Produktion

Für die Produktion von nicht lebenden Polioimpfstoffen setzt die niederländische Stiftung für Gesundheit und Umweltschutz auf das MES-System procx. Das System basiert auf dem ISA-Standard S88 für die Batch-Prozess-Industrie und umfasst neben der Produktionsplanung und -steuerung von Batches auch das Materialmanagement.

Die WHO begann 1995 eine globale Initiative, die verkrüppelnde Krankheit Poliomyelitis auszurotten und die Welt innerhalb der nächsten zehn Jahre poliofrei zu erklären. Weltweit ist inzwischen die Zahl der Poliofälle um 99% zurückgegangen, von schätzungsweise 350 000 zu Beginn der Kampagne auf weniger als 3500 im Jahr 2000. Anfang 2001 zirkulierte das Poliovirus nur noch in 20 Ländern, gegenüber 125 Ländern im Jahr 1988. Dies ist sowohl das Ergebnis einer Reihe von nationalen Impfkampagnen als auch der verbesserten Überwachung. Das jährliche Impfprogramm der Niederlande zum Beispiel erfordert 2,5 Mio. Chargen an Impfstoffen.

Zweite Produktionslinie
Die niederländische Stiftung für Gesundheit und Umweltschutz (SVM) mit Sitz in Bilthoven produziert Impfstoffe, Kulturmedien und Referenzmaterialien. Um der wachsenden Nachfrage nach nicht lebenden Polioimpfstoffen begegnen zu können, entschloss sich SVM vor drei Jahren, eine zweite Produktionslinie einzurichten. Für die Herstellung von Impfstoffen werden enorme Mengen bestimmter Bakterien oder Viren benötigt, die den Impfstoff produzieren. Sie werden in Fermentern kultiviert (Abb. 1). Aus den Ernten lassen sich dann verschiedene Arten von Impfstoffen gewinnen. Der Anlagendurchsatz kann über ein erweitertes Produktprogramm von mehr Produktvariationen erhöht werden. Flexible Batch-Produktionsanlagen nutzen die Produktionslinien praktisch ohne Stillstandszeiten und in kürzesten Umrüstzeiten optimal aus. Für die Überwachung der Produktion bilden Manufacturing Execution Systeme (MES) die intelligente Verbindung zwischen dem kommerziellen ERP-System mit SAP/R3 und der Produktionssteuerung.
Validierter Herstellprozess
In der Pharmaindustrie sind die Anforderungen besonders streng und bedürfen der Freigabe einer Regulierungsbehörde. Ohne entsprechende EDV-Systeme können die erforderlichen Produktionsnachweise nur mit großem Aufwand geführt werden. Um beispielsweise auch Impfstoffe in die USA exportieren zu können, muss der Produktionsprozess bei SVM in den Niederlanden dem Regelwerk 21 CFR 11 der amerikanischen Food and Drug Adminstration (FDA) entsprechen. Diese und die Good Manufacturing Practice(GMP)-Richtlinie regeln alles, von der elektronischen Speicherung der Daten bis hin zur elektronischen Unterschrift für behördliche Nachweise. In diesen Dokumentationsrichtlinien wird nicht nur die Dokumentation der verwendeten Stoffe für die Charge, sondern auch die Erstellung von Herstellungsprotokollen festgelegt. Das Herstellungsprotokoll dokumentiert die konkreten Herstellvorgänge (Aufträge). Es enthält neben der zugrunde liegenden Herstellungsanweisung prozessspezifische Ist-Werte für den jeweils dokumentierten Vorgang. Das Protokoll basiert auf den in der Herstellungsanweisung vorgegebenen Produktions- und Kontrollvorschriften und beschreibt die Chargengeschichte mit allen Arbeitsschritten und eventuellen Abweichungen. Die daraus abgeleitete Herstellungsanweisung enthält alle pharmazeutisch relevanten Daten für die Produktion.
Für diese Aufgaben setzt die niederländische Stiftung SVM auf das ganzheitliche Konzept des MES-Systems procx von Compex IT Plant Solutions, einem belgischen Tochterunternehmen des Siemens-Bereichs Industrial Solutions and Services (I&S). Procx basiert auf dem ISA-Standard S88 für die Batch-Prozess-Industrie. Die Software umfasst neben der eigentlichen Produktionsplanung und -steuerung von Batches auch das Materialmanagement (Abb. 2). Darüber hinaus enthält procx ein Tracking- und Tracing-System mit hundertprozentiger Chargenrückverfolgung von der Verfolgung der Arbeitsabläufe bis zur Aufzeichnung der Batches und Reports. Procx visualisiert die Prozessumgebung und legt die notwendige Ausrüstung wie Rührwerke, Heizungen, Wäge- und Dosierstationen oder Verpackungslinien fest. Das Compex-Tool definiert die unterschiedlichen Produkttypen mit den benötigten Rohmaterialien. In der Rezepturverwaltung werden die Produktmengen und der zeitliche Ablauf der Verarbeitungsschritte festgelegt und Alternativen bei Produktionsengpässen gesucht.
Schnelle Implementierung
Die objektorientierte Struktur von procx ermöglicht eine schnelle Implementierung und Konfiguration. Das Tool verschafft einen schnellen Überblick auf die Key Performance Indikatoren (KPI) wie Konformitätsabweichungen (Abb. 3), Erträge, Produktivität, time to first batch und time to first in control. Damit kann das Produktionsmanagement in einer frühen Phase wichtige Entscheidungen treffen, um die Betriebsabläufe kontinuierlich zu verbessern. Procx ist ein modellbasiertes MES, das bedeutet, dass Forschung und Entwicklung, Engineering, Produktion und Qualitätswesen mit Hilfe von procx gleichzeitig die Produktion modulieren und dokumentieren kann, während das aktuelle Modell den Betriebsablauf steuert. Diese enge Beziehung zwischen Dokumentation und Produktionsabläufen trägt dazu bei, die Kosten für die Validierung deutlich zu reduzieren. Die Funktionen, die procx dafür bietet, sind Electronic Batch Recording, Konformitätsprüfungen, Produktrückverfolgung und elektronische Unterschrift nach den neuesten FDA-Richtlinien. Speziell für die Anforderungen der pharmazeutischen und biotechnologischen Industrie wurden vordefinierte Module und Funktionsbausteine zum Wägen und Dosieren, zur Regulierung von Bioreaktoren, zur Weiterleitung und zur Verpackung entwickelt. Die direkte Übernahme von Rezepturen, beispielsweise aus einem SAP-Modul, vermeidet Eingabefehler. Weiterhin können alle Datensätze über frei wählbare Verknüpfungen verbunden werden. Dies ermöglicht individuelle Auswertung und Chargenverfolgung, Verbrauchs- und Qualitätsdatenerfassung und unterstützt so die Produktionsplanung und Bedarfsrechnung. Auf diese Weise stehen alle Informationen über den gesamten Produktionsprozess dem Management für rasche Entscheidungen zur Verfügung. Dazu ist das typische Modell eines Prozesses in procx hinterlegt. So kann innerhalb der Produktspirale an jedem Punkt eingegriffen werden. Wichtig ist, dass alles erfasst wird, was außerhalb der Spezifikation produziert wird. Procx prüft deshalb schon vor Produktionsbeginn, ob alle Bedingungen erfüllt sind, zum Beispiel, ob die Behälter für Zwischenprodukte gefüllt oder leer sind oder alle Rohstoffe und Einsatzmaterialien für die gesamte Prozesskette reichen.
Gesicherte Qualität
Inzwischen wurden bei SVM die ersten drei Produktionsläufe erfolgreich ausgeführt und der Produktionsprozess vollständig abgenommen und die Herstellung kann mit voller Kapazität beginnen. Mit procx hat SVM ein Produktionssystem erhalten, das auch für die geltenden internationalen Bestimmungen für Automatisierungsprojekte in der pharmazeutischen Industrie ausgelegt ist. Das MES-System hat zu einer fortschrittlichen Standardisierung der Produktionsrezepte innerhalb der neuen SVM Fertigungsstraße für den Polioimpfstoff geführt. Dies bedeutet, dass die genaue Reproduktion des Herstellungsprozesses und auch die Qualität des Produkts vollständig garantiert ist. Die einzelnen Phasen schließen die Registrierung der eingesetzten Rohstoffe, die Steuerung des Fermenters mit einer Kapazität von 750 l für die Produktion des Polioimpfstoffes und die Klärung, Konzentration, Reinigung und Inaktivierung der produzierten Viren ein. Die Daten des Produktionsprozesses lassen sich in entsprechende Reports übertragen, die zur Freigabe des Produkts notwendig sind. Die Reports können dann direkt in die Jahresberichte der SVM einbezogen werden.
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