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Simulationstool lässt alten Traum fast wirklich werden

Störungsmanagement durch optimiertes Anlagen- und Prozessdesign
Simulationstool lässt alten Traum fast wirklich werden

Dass Störungen im Produktionsbetrieb – trotz sorgfältigster Planung und Durchführung – nie völlig ausgeschlossen werden können, ist eine Binsenweisheit. Doch mithilfe vorhersagender Simulation lassen sich Störungsereignisse „zähmen“, indem sie von vornherein in das Anlagendesign und den Produktionsprozess mit einkalkuliert werden. Der alte Traum vom störungsfreien Anlagenbetrieb wird somit durch simulationsgestützte Instandhaltung annähernd Wirklichkeit.

Der Autor: Torsten Hellenkamp Bereichsleiter Consulting, Inosim Consulting

Störungsereignisse entstehen aufgrund einer Vielzahl von Faktoren: Neben dem gestörten Anlagenteil selbst sind oft die vor- und nachgelagerten Einheiten mit betroffen. Produktionsschritte müssen dann gedrosselt oder gestoppt, Puffer genutzt oder alternative Prozesse gestartet werden. Doch kann der Einfluss von Störungen bei entsprechender Anlagenkonfiguration und Prozessfahrweise minimiert werden. Beispiele sind redundantes Equipment oder die Einplanung von Pufferzeiten im Produktionsprozess. Das komplexe, dynamische Produktionsgeschehen lässt sich allerdings ohne unterstützende Simulationstools kaum noch überblicken, geschweige denn bewerten.
Simulation von Störungseinflüssen
Mit der Standardsimulations-Software Inosim Professional 10 lassen sich Störungseinflüsse dynamisch simulieren. Das gilt für Batch-, Semi-Batch- und kontinuierliche Prozesse. Bei der Modellerstellung werden Produktionsanlagen und Prozessabläufe definiert. Die Produktionsanlage wird in einem Fließbild abgebildet; Equipment kann dort in Pools gruppiert oder Produktionsstraßen zugeordnet werden. Die Prozessabläufe auf den einzelnen Apparaten werden als Produktionsrezepte definiert, die die einzelnen Prozessschritte anlagengebunden enthalten. Für die virtuelle Produktionssteuerung wird eine dynamisch anpassbare Auftragsliste verwendet, die aus Parametern wie Produktmix, Chargenzahlen oder Kundenbedarfen ermittelt wird. Um die Limitierungen und Wechselwirkungen der Produktion abzubilden, werden virtuelle Ressourcen (Utilities, mobiles Equipment, Schichtkalender) genutzt.
Die Simulationsprojekte bestehen aus fünf sequentiellen Schritten, die im Folgenden beschrieben werden. Integrierte Feedback- und Iterationsschritte helfen die erzielten Ergebnisse weiter zu verfeinern und zu verbessern.
Schritt 1: Erfassung der Produktions- und
Störungsdaten
Simulationsdienstleister und Anlagenbetreiber ermitteln gemeinsam die für das Simulationsprojekt notwendigen Daten. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf bereits vorhandenen Störungsdaten und implementierten Gegenmaßnahmen. Von diesen sind nur die technischen und operativen Daten für die Simulation relevant (während die logistischen ein Ergebnis der Simulation sind). Aus den aufbereiteten Störungsdaten resultieren die Störungseinstellungen des Simulationsmodells. Bei neu geplanten Produktionsanlagen wird auf Störungsdaten verwandter Anlagen zurückgegriffen, um das Simulationsmodell realitätsnah voreinzustellen.
Schritt 2: Erstellung und Validierung des
Simulationsmodells
Die gesammelten Anlagen-, Prozess- und Störungsdaten werden im Simulationsmodell zusammengeführt. Das Anlagenlayout wird im Fließbild dargestellt (per Drag & Drop aus der Apparate-Datenbank von Inosim Professional 10). Den Apparaten werden die Störungsparameter aus der vorhergehenden Analyse zugeordnet. Die Prozessabläufe werden in Produktionsrezepten abgebildet. Abschließend wird noch die Auftragssteuerung erstellt.
Mit diesem ersten Modell erfolgt eine Validierung des Simulationsverhaltens, um die identische Wiedergabe der realen Anlage sicherzustellen. Die Simulationsergebnisse werden in Form eines Gantt-Diagramms dargestellt. Dazu dient Inosim Plan, ein graphischer Analysebaustein der Simulationssoftware.
Schritt 3: Simulation des Störungsverhaltens und Analyse
Störungseinflüsse sind ihrem Charakter nach unvorhersehbare Effekte. Um sie signifikant zu bewerten, sind multiple Simulationsläufe mit einem langen Zeithorizont (ein bis fünf Jahre) erforderlich, die statistisch ausgewertet werden. Mit dem Softwaremodul Inosim Statistic Analyzer wird ein Simulationslauf zwischen 25- und 100-mal wiederholt, jeweils mit veränderten Startwerten. So wird ein langjähriger Betrieb der Produktionsanlage mit einer Vielzahl von kritischen Ereigniskombinationen analysierbar. Die Bewertung der multiplen Simulationsläufe erfolgt hinsichtlich nutzerdefinierter Kenngrößen (z. B. Produktionsmenge, Kosten).
Per Detailanalyse werden die Simulationsläufe untersucht: Welche Einzeleffekte (oder Kombinationen davon) haben ein besonders gutes oder schlechtes Anlagenverhalten ergeben? Hier zeigen sich systematische Effekte, die ohne Statistik-basierte Simulation unerkannt geblieben wären. So lassen sich das Opti- mierungspotenzial der Anlage sowie ihre Schwachstellen identifizieren.
Schritt 4: Störungsbezogene Gegen-
maßnahmen
Die Simulation deckt Störungseffekte systematisch auf. Dadurch können sowohl Ursachen als auch Wirkungen auf mögliche Verbesserungsmaßnahmen hin untersucht werden. Verhinderung von Störungen ist die eine mögliche Strategie, Reduktion von Störungsauswirkungen die andere. So kann etwa eine höherwertige Pumpe die Ausfallwahrscheinlichkeit reduzieren; ebenso kann eine zweite, redundante Pumpe im Störungsfall für direkten Ersatz sorgen; auch ein präventives Störungsmanagement, bei dem die vor Ort vorrätigen Ersatzteile die Ausfallzeiten minimieren, ist eine wirksame Maßnahme. Darüber hinaus kann infolge der Simulation die Prozessregelung bei geringem Aufwand optimiert werden, z. B. durch eine intelligente Laststeuerung. Welche Maßnahmen jeweils zum Erfolg führen, ist für jede Produktionsanlage individuell. Auch deshalb bietet sich eine maßgeschneiderte Simulation an.
Die Bewertung der getroffenen Maßnahmen erfolgt ebenfalls durch Simulation. Verbesserungsmöglichkeiten werden im Modell implementiert, und erneute Simulationsläufe zeigen, wie sie sich im Betrieb auswirken. Ergebnis sind sowohl numerisch belastbare Kennwerte als auch „weiche“ Faktoren (z. B. ein ruhigerer Betriebsablauf aufgrund einer verbesserten Steuerung).
Schritt 5: Umsetzung der entwickelten
Maßnahmen im realen Betrieb
Abschließend wird das Störungsmanagement in der Produktionsanlage umgesetzt. Da die Umsetzung im laufenden Betrieb nicht immer komplett erfolgen kann, können auch einzelne Arbeitspakete umgesetzt werden. Gerade organisatorische Aspekte lassen sich meist zeitnah realisieren und zeigen schnell sichtbare Erfolge.
Fazit
Bei den hier beschriebenen Projekten zeigte sich immer wieder, dass heutige Produktionsanlagen in der Prozessindustrie für den Regelbetrieb bereits exzellent ausgelegt sind. Doch unvorhergesehene bzw. unvorbereitete Störungen beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit nach wie vor stark. Die Simulation macht diese Probleme vorab erkennbar und führt zu Gegenmaßnahmen, deren Umsetzung im realen Betrieb die Produktion stabiler und sicherer macht. Aus diesem Grund haben bereits etliche Unternehmen und Global Player der Prozessindustrie (u. a. Wacker Chemie, Bayer, Kuraray Europe, Beiersdorf) mit Inosim solche Simulationsprojekte für ein vorbeugendes Instandhaltungsmanagement durchgeführt.
prozesstechnik-online.de/cav1213435
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