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Süße Additive

Biobasierte Benzinzusatzstoffe
Süße Additive

Kraftstoffadditive wie Isooktan werden bisher aus Erdöl hergestellt. Im Auftrag des französisch-deutschen Unternehmens Global Bioenergies stellt das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna in Kürze biobasierte Zusatzstoffe für Benzin her. Ausgangsstoff ist Bio-Isobuten, das biotechnisch aus Zucker gewonnen wird.

Um zu verhindern, dass sich das Benzin-Luftgemisch im Ottomotor frühzeitig selbst entzündet, setzt man dem Kraftstoff Additive zu, die die Klopffestigkeit erhöhen. Zwei solcher Zusatzstoffe, Isooktan und ETBE (Ethyl-tert-butylether), will das französisch-deutsche Unternehmen Global Bioenergies in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt nun erstmals aus rein erneuerbaren Rohstoffen herstellen. Das Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP in Leuna entwickelt hierzu mit der im CBP zur Verfügung stehenden Ausstattung Verfahren, die eine erste Produktion im Pilotmaßstab ermöglichen sollen.

Kohlenhydrate zu Kohlenwasserstoffen
Ausgangsstoff für die Kraftstoffadditive ist der biobasierte Kohlenwasserstoff Isobuten. In einer vorindustriellen Demonstrationsanlage, die Global Bioenergies in den letzten Monaten am Fraunhofer CBP installiert hat, wird es hergestellt. Die Anlage ist weltweit die erste, in der Isobuten in einem rein biotechnischen Verfahren aus Zuckern produziert wird, die sich ihrerseits aus verschiedenen nachwachsenden Rohstoffen wie landwirtschaftlicher Biomasse oder forstwirtschaftlichen Reststoffen gewinnen lassen.
Die ersten Versuche in der Demonstrationsanlage in Leuna wurden im Herbst 2016 gemäß angekündigtem Zeitplan erfolgreich durchgeführt. Anfang Dezember gab Global Bioenergies bekannt, dass bereits die erste Produktion von grünem Isobuten realisiert werden konnte. Die Demonstrationsanlage wird im ersten Halbjahr 2017 weiterhin intensiv betrieben, um bis zum Ende des Jahres nahe an das kommerzielle Leistungsniveau heranzukommen. Die Lieferung der ersten Tonnen an die zahlreichen industriellen Partner von Global Bioenergies wird die Validierung der Downstream-Verfahren zur Umwandlung dieses grünen Isobutens in den Branchen Kosmetik, Kautschuk, Kraftstoffe usw. ermöglichen. Ziel ist es hier, die Gespräche bzgl. einer kommerziellen Nutzung im Maßstab von mehreren 10 000 t weiterzubringen. Global Bioenergies wird die Demonstrationsphase der Technologie fortführen und gleichzeitig seine Diversifizierungsstrategie hinsichtlich der Ressourcen stärken, die im fermentativen Isobuten-Produktionsverfahren nutzbar sind. Derzeit wird Zucker der ersten Generation verwendet. Dieser Ansatz wird durch die hier seit Langem existierenden verarbeitenden Industrieunternehmen insbesondere aus den Bereichen Zuckerrüben, Zuckerrohr und Mais erleichtert. Von nun an können zusätzliche Anstrengungen auf andere Kohlenstoffquellen der sogenannten zweiten und dritten Generation gerichtet werden. Auf diese Weise kann die Freisetzung von Treibhausgasen noch stärker vermieden werden. Bei der zweiten Generation werden landwirtschaftliche Abfälle genutzt (z. B. Holz, Stroh, Miscanthus ), während die dritte Generation die direkte Nutzung gasförmiger Kohlenstoffe beinhaltet (z. B. CO, CO2, Syngas).
Einfacher Aufbereitungsprozess
Die fermentative Herstellung eines Gases stellt zwei entscheidende Vorteile dar. Zunächst werden produktbezogene Toxizitätsprobleme vermieden, da sie sich nicht in der Fermentationsbrühe anreichern können. Eine Chargengärung oder sogar eine kontinuierliche Fermentation können in Betracht gezogen werden, was zu beträchtlichen ökonomischen Vorteilen führt. Desweiteren reduziert sich der Aufreinigungsprozess maßgeblich. Hierbei wird auf einfache und hocheffiziente Gas/Gas-Trenntechnologien gesetzt. Dies ist ein wesentlicher Vorteil im Vergleich zu flüssigen Produkten wie Ethanol, das einen zusätzlichen energieintensiven Destillationsschritt erfordert. Diese Vorteile ermöglichen den Aufbau eines einfachen industriellen Prozesses und führen zu niedrigeren Produktionskosten.
In der Demonstrationsanlage am Fraunhofer CBP in Leuna wird ein 500-l-Anzuchtfermenter sowie ein 5000-l-Produktionsfermenter verwendet, um die lange Chargenproduktion von Isobuten zu demonstrieren. Die Fermentationsgase werden anschließend an Absorptions-/Desorptionskolonnen prozessiert, um hochreines Isobuten zu erzeugen, das als verflüssigtes Gas in Zylinder abgefüllt wird. Die Produktionskapazität der Demonstrationsanlage beträgt derzeit 12 kg Isobuten pro Stunde. Damit können bis zu 100 t Isobuten pro Jahr hergestellt werden.
Umwandlung von Isobuten zu Isooktan
Die anschließende Synthese von Isooktan aus Isobuten ist ein zweistufiges Verfahren aus Dimerisierung und anschließender Hydrierung des gewonnenen Isooktens und wird in der chemischen Industrie seit Jahren aus fossilen Rohstoffen angewandt. Die Herausforderung besteht jetzt darin, herauszufinden, wie sich die etablierten chemischen Verfahren auf den biobasierten Ausgangsstoff übertragen lassen. Über den pflanzlichen Rohstoff und das biotechnische Produktionsverfahren könnten beispielsweise Substanzen in das Produkt gelangen, die als Katalysatorgift wirken oder den Verbrennungsprozess im Motor stören. Deshalb ist es wichtig, alle einzelnen Verfahrensschritte im Hinblick auf einen wirtschaftlichen Gesamtprozess, vom Zucker über das biobasierte Isobuten bis zum Kraftstoffadditiv, auszulegen. Jeder einzelne Parameter muss untersucht und wenn nötig angepasst werden, so zum Beispiel die Reinigungsstrategie der Intermediate oder des Endprodukts. Den optimierten Gesamtprozess gilt es anschließend vom Labor-, über den Technikums- bis zum Pilotmaßstab zu skalieren. Parallel dazu werden Mustermengen im Maßstab von etwa 100 kg für Anwendungsuntersuchungen in der Automobil- und Kraftstoffindustrie bereitgestellt. Auch für die chemische Herstellung von ETBE, das aus biobasiertem Isobuten und Ethanol synthetisiert wird, werden die Fraunhofer-Forscher verschiedene Verfahrensansätze untersuchen. Eine Validierung des Prozesses wird momentan durchgeführt.
Nutzen des vorhandenen Equipments
Für die chemische Umwandlung werden die am Fraunhofer CBP in der Gruppe Chemische Verfahren vorhandenen hydrothermalen Reaktoreinheiten und für die anschließende Aufreinigung die Anlagen zur thermischen Aufbereitung genutzt. Die kontinuierliche Umsetzung von Isobuten zu Isookten bzw. zu ETBE findet bei max. 80 °C und 24 bar in Strömungsrohrreaktoren statt. Im Pilotmaßstab lassen sich an der Versuchsanlage Massenströme von bis zu 20 kg/h realisieren. Der integrierte Downstream-Teil beinhaltet die Separation von flüssigem Produkt und nicht umgesetztem Isobuten. Derzeit werden Umsätze an grünem Isobuten von bis zu 92 % erreicht. Die Herausforderung hierbei ist eine kontinuierliche stofftolerante Prozessführung des biobasierten Eduktstroms, der noch nennenswerte Anteile an Nebenstoffen, wie Kohlenstoffdioxid, Sauerstoff oder Wasser, enthält.
Die Hydrierung des isolierten Isooktens erfolgt batchweise in einem Autoklav. Der 50-l-Rührkesselreaktor ist für Umsetzungen von bis zu 300 °C und 100 bar ausgelegt. An einem Palladium-Katalysator wird das Alken im Wasserstoffstrom zu Isooktan hydriert. Reaktionstemperaturen von bis zu 110 °C und 21 bar sind notwendig, um einen nahezu vollständigen Umsatz zu erreichen. Aus den Voruntersuchungen wurde ersichtlich, dass eine Konditionierung des Zwischenprodukts essenziell ist, um vor allem anorganische Katalysatorgifte abzutrennen. Pilotanlagen für die batchweise oder auch kontinuierliche Destillation des Isooktens stehen dafür am CBP in einem Maßstab von bis 5 kg/h bzw. 1000 l zur Verfügung.

Dr. Daniela Pufky-Heinrich
Stellvertretende Leiterin Fraunhofer CBP, Gruppenleiterin Chemische Verfahren,
Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse CBP

Dr. Dr. Aleš Bulc
Projektmanager und Geschäftsführer, Global Bioenergies
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