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Tragende Rolle bei der Entstickung

Plattenwärmetauscher für die Gasvorwärmung
Tragende Rolle bei der Entstickung

Stickoxide reizen die Atemwege, sind für den sauren Regen und die Ozonbildung verantwortlich und tragen nicht zuletzt zum Smog bei. Als Verursacher gelten nicht nur Autos, sondern auch die Industrie. Es sei denn Anlagenbetreiber investieren in eine effiziente Umwelttechnik, wie es in einer Sinteranlage einer großen Stahlproduktion der Fall ist. Hier reduziert eine Entstickungsanlage, in deren Mittelpunkt ein hocheffizienter Wärmetauscher steht, die schädlichen Substanzen.

Der Autor: Alfred Ernst Process Engineering und Vertrieb, GEA Ecoflex

Wie reinigt man ein Abgas, das bereits sehr sauber ist? Vor diese Aufgabe sah sich das Wiener Unternehmen Strabag Energy Technologies gestellt als es eine Entstickungsanlage für die Prozessabluft einer Sinteranlage entwickeln sollte. Üblicherweise ist für diese Anlagen ein solcher Aufbereitungsschritt gar nicht vorgesehen. Die Anlage des Stahlwerkes Linz der Voest Alpine liegt jedoch in einem sogenannten Feinstaubsanierungsgebiet. Daher wollte Voest Alpine beim Thema Prozessabluft neue Maßstäbe setzen. In dem Vorzeigeprojekt sollte die Prozessabluft nach der bestehenden trockenen Rauchgasreinigung noch einmal entstickt werden. So lassen sich die verantwortlichen Substanzen für die Ozon- und Smogbildung (NOx) reduzieren.
Strabag wurde als Generalunternehmer mit dem Bau der Reingas-SCR-DeNOX-Anlage beauftragt und verantwortete das Engineering, Lieferung, Montage und die Inbetriebnah- me der gesamten Anlage. Die Reaktion der katalytischen Entstickung läuft unter Zugabe von Ammoniak als Reduktionsmittel ab, so-dass die Stickoxide auf das geforderte Maß reduziert werden. Wie es bei der nachgeschalteten Umwelttechnik häufig der Fall ist, waren die räumlichen Gegebenheiten äußerst begrenzt. Zwar handelte es sich um eine sehr kompakte Anlage, die jedoch immer noch die Ausmaße von ca. sieben Reihenhäusern besitzt. Für den Projektverantwortlichen Klaus Weigl hing daher die Auswahl der eingesetz-ten Komponenten nicht nur vom Optimum zwischen Invest- und Betriebskosten ab, sondern er musste quasi auch Leistung pro Fläche berücksichtigen. Insbesondere vom Wärmetauscher, als Kern der Anlage, wurde Höchstleistung auf minimalem Raum verlangt.
Aufgabe des Wärmetauschers
Ohne Wärmetauscher wäre die Entstickung nicht möglich. Nach der Meros-Anlage (ein konditioniertes, trockenes Entschwefelungsverfahren) liegen die Temperaturen im Rohgas bei 145 °C, für eine Entstickung ist dies zu niedrig. Daher muss das Rohgas auf eine Temperatur von 280 °C erwärmt werden. Dafür entzieht ein Gas-Gas-Wärmetauscher dem Reingas nach dem DeNOx-Katalysator die Wärme und führt sie wieder dem Rohgas zu. Der Effekt: Das Rohgas wird auf die erforderlichen Temperaturen erwärmt und das Reingas, das in die Umwelt abgelassen wird, gleichzeitig gekühlt. Dadurch entsteht ein Kreislauf, der die Temperaturen des Rohgases konstant hält.
„Wir hatten bereits in anderen Projekten mit den Wärmetauschern von GEA PHE Systems gute Erfahrungen gesammelt. Daher war es naheliegend, GEA in der Angebotsphase mit ins Boot zu holen“, erinnert sich Weigl. So arbeitete man bei anderen Projekten in der Rauchgasreinigung, etwa in Schwechat, zusammen. Aus reiner Nostalgie wäre die Entscheidung für GEA PHE Systems jedoch nicht gefallen, versichert er. „Es ist eher so, dass es angesichts des Technologievorsprungs eigentlich keine Alternative zu den Wärmetauschern von GEA PHE Systems gibt.“
Die Entscheidung für den Wärmetauschertyp war schnell getroffen: Ein Rohrbündeltauscher wäre zu groß geworden. Zudem benötigt dieser mehr Werkstoffe und wäre daher teurer. Dagegen überzeugen Plattenwärmetauscher vor allem bei den Investitions- und Montagekosten. Ein weiteres Argument ist die Platzersparnis gegenüber Röhrenwärmetauschern bei gleicher Leistung. Dies impliziert ein geringeres Betriebsgewicht und damit die einfachere Integration in bestehende Anlagen. Für die Anlage in Linz eines der wichtigsten Argumente.
Dicht gepackt und hocheffizient
Zum Einsatz kam ein rekuperativer Gasvorwärmer von GEA PHE Systems. Dahinter verbirgt sich ein hocheffizienter vollverschweißter Plattenwärmetauscher für gasförmige Medien, der nach dem Gegenstromprinzip arbeitet. Die Wärmeübertragungsflächen bestehen aus profilierten Blechen mit hoher spezifischer Leistung, die zu selbsttragenden Blöcken zusammengeschweißt werden. Beide Gase durchströmen die Platten im Gegenstrom und sind voneinander getrennt. Die Leckagefreiheit war ein wichtiges Argument für die Wahl des Wärmetauschers. Dafür sorgen vollverschweißte Plattenpakete, die mit großer Präzision auf einer vollautomatischen Schweißanlage gefertigt werden.
In Linz durchströmen rund 720 000 Nm³ feuchtes Rauchgas pro Stunde den gewaltigen Wärmetauscher. Dafür sind Abmessungen von 14 x 15 x 11 m nötig – dies entspricht rund 2300 m³ umbautem Raum. Doch seine wahre Größe zeigt sich von innen: Im Innern befindet sich eine Heizfläche von 70 000 m², dies sind etwa 10 Fußballfelder, die eine Wärmeleistung von 37 000 kW erbringen können. Der Vorteil zeigt sich im Betrieb und den eingesparten Energiekosten. Nach der Meros-Anlage erwärmt allein der Plattenwärmetauscher das Rohgas von 145°C auf 261 °C. Lediglich die letzten 19 °C, um auf die in der Entstickung nötigen 280 °C zu kommen, werden durch Fremdenergie erbracht.
Für die hohe Effizienz sind drei Aspekte entscheidend: Als erstes ist die Strömungsführung zu nennen. Das Rohgas durchströmt den Wärmetauscher vertikal von unten nach oben und das Reingas durchströmt den Wärmetauscher vertikal von oben nach unten. Die hohe spezifische Dichte der Wärmeübertragungsfläche, das heißt die Oberfläche pro Kubikmeter, ist extrem hoch. Dies wirkt sich nicht nur auf die Leistung des Wärmetauschers aus, sondern ist auch hinsichtlich der äußerst knappen räumlichen Gegebenheiten interessant. Auf einem Weg von nur knapp drei Metern wird das Rohgas um 135 °C erwärmt. Als letzter Punkt sind die profilierten Oberflächen aus Kohlenstoffstahl zu erwähnen, den hierfür nötigen Werkstoff lieferte im Übrigen das Stahlwerk selbst.
Hoch hinaus
Der Wärmetauscher ist mit ca. 700 t nicht unbedingt ein Leichtgewicht und besitzt eine tragende Rolle in der Anlage. Da aus Platzmangel die Entstickungsanlage auf einer Gebläsehalle installiert werden musste, war Einfallsreichtum gefragt. Das Hallendach, ursprünglich auf Kräfte von 300 t ausgelegt, wurde so verstärkt, dass es neben dem Wärmetauscher auch den Katalysator trägt. Zugute kam die robuste Bauweise des Wärmetauschers. Der Katalysator inkl. Zubehör wie Brenner, Gehäuse und Bühnen wiegt noch einmal über 600 t, die dennoch bedenkenlos auf dem Plattenwärmetauscher installiert werden konnten.
Die Zeitvorgaben waren sehr eng. Dennoch wurde der Plattenwärmetauscher in weniger als 11 Monaten gefertigt und auch die Montage verlief genau nach Plan. Zunächst wurde die untere Haube für den unteren Anströmbereich des Wärmetauschers am Boden vormontiert und in einem Stück, ca. 70 t, in eine Höhe von ca. 32 m gehoben, auf der Gebläsehalle ausgerichtet und platziert. Die Übertragungsflächen des Wärmetauschers wurden nach Linz in handlichen 50-t-Paketen transportiert. Vor Ort wurden jeweils zwei Bauteile zusammen montiert und mit einem Kran auf der unteren Haube platziert. Auch die obere Haube wurde auf dem Boden vormontiert, dann auf 38 m gehoben und auf dem Wärmetauscher ausgerichtet und platziert.
prozesstechnik-online.de/cav0213440
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