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Ultraschall in Uerdingen

Eingriffsfreie Durchflussmessungen mit Clamp-On- Ultraschalltechnik bei Bayer MaterialScience
Ultraschall in Uerdingen

Es hat ein wenig den Anschein, als wolle man den Durchfluss durch bloßes Handauflegen messen. Doch die Zeiten, als man der eingriffsfreien Ultraschalldurchflussmesstechnik mit Skepsis begegnete, sind vorbei. Die Clamp-On-Ultraschalltechnik erfreut sich höchster Beliebtheit. Dabei ist nicht jede Messaufgabe eine Allerweltsanwendung. Hochtemperaturapplikationen und die eingriffsfreie Durchflussmessung von Gasen bleiben Fälle für Fachleute.

Jörg Sacher

Durchflussmessung mit Clamp-On-Ultraschalltechnik bedeutet: kein Verschleiß durch das Medium, kein Leckagerisiko, kein Druckverlust. Weil die Ultraschallsensoren einfach außen auf dem Rohr aufgespannt werden, sind keinerlei Rohrarbeiten erforderlich. Die Einrichtung der Messstelle geschieht üblicherweise bei laufendem Betrieb. Wie in vielen modernen Chemieunternehmen schätzt man auch bei Bayer MaterialScience in Uerdingen die Vorteile der eingriffsfreien Messung. Das Geschäft von Bayer MaterialScience ist die Kunststoffchemie. Mit einem Umsatz von 7,5 Mrd. Euro im Jahr 2009 gehört Bayer MaterialScience zu den weltweit größten Polymer-Unternehmen. Als eigenständige, weltweit operierende Gesellschaft der Bayer-Gruppe beschäftigt Bayer Material- Science ca. 14300 Mitarbeiter an 30 Standorten in aller Welt. Mit rund 4745 Mitarbeitern und einem Anteil am Gesamtumsatz von über 50 % ist der bedeutendste der drei Geschäftsbereiche von Bayer Material- Science der Bereich Polyurethane. Wichtige Zwischenprodukte für die Polyurethanherstellung sind die beiden Isocyanate Methylendiphenyldiisocyanat, kurz MDI, und Toluylendiisocyanat, kurz TDI. MDI ist ein Rohstoff für die Herstellung vor allem von Polyurethan-Hartschaumstoffen. Diese verfügen über die beste Dämmleistung aller marktgängigen Werkstoffe und werden beispielsweise in der Kühlkette sowie zur Wärmedämmung in der Bauindustrie eingesetzt. TDI wird in großen Mengen zur Herstellung von Polyurethan-Weichschaum für Polstermöbel, Matratzen und Autositze verwendet.
Am Standort Uerdingen betreibt Bayer MaterialScience eine mehrstraßige MDI-Anlage. Zur Durchflussmessung kommen dort alle gängigen Messverfahren zum Einsatz, magnetisch-induktive Durchflussmesser ebenso wie Messblenden, Coriolis- ebenso wie Vortex-Messer, Inline-Ultraschall-Geräte ebenso wie Clamp-On-Systeme. Bei besonders schwierigen Messaufgaben nehmen die Uerdinger, so Frank Baerendahls, PLT-Betriebsingenieur und verantwortlich für die Messtechnik der MDI-Anlage, gern die Hilfe und Beratung der Spezialisten von Flexim in Anspruch. Zuständig für das Uerdinger Umfeld ist Heinrich Brucks.
Eingriffsfreie Durchfluss- messung von HCl-Gas
Bei der Herstellung von MDI entsteht als Nebenprodukt Salzsäuregas. Dieses wird wieder aufbereitet und in einer Konzentration von etwa 32 % an den Chlorbetrieb auf dem Chempark-Gelände weitergeleitet. Die Einstellung der gewünschten Konzentration erfolgt durch die Zugabe von Dünnsäure in den HCl-Absorbern. Um diese gleichmäßig belasten und die zugegebene Dünnsäure richtig dosieren zu können, muss die HCl-Gasmenge am Einlauf der Absorber gemessen werden. Ein Betrieb der Anlage ist ohne Durchflussmessung an dieser Stelle nicht möglich.
Wegen der besonderen Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Messung war diese bislang konventionell mit einer Messblende instrumentiert. Doch auch diese anscheinend so solide Messeinrichtung erreichte keine befriedigenden Standzeiten. Insbesondere erwiesen sich die Schläuchchen der Druckaufnehmer als außerordentlich verschleißanfällig. Häufige Undichtigkeiten waren die Folge. Die darauf erforderlichen Wartungen bedeuten notwendigerweise einen Stillstand der Anlage und sind mit enormem Aufwand verbunden. Entleeren und Putzen der Leitung geschehen unter Pressluftatmung.
Der Ärger mit undichten Druckaufnehmern und Anlagenstillständen für Wartungsarbeiten an der Messeinrichtung gehört seit der Installation des Clamp-On-Ultraschallmesssystems Fluxus G der Vergangenheit an. Die eingriffsfreie Messtechnik hat prinzipbedingt Vorteile gegenüber der Messung nach dem Druckdifferenzverfahren. Messblenden messen nur in einem sehr eingeschränkten Messbereich einigermaßen genau. Das akustische Verfahren hingegen überzeugt durch seine hohe Genauigkeit über einen außerordentlich großen Messbereich.
Anspruchsvolle Akustik
Freilich ist die Messung nicht ganz so simpel, wie es vielleicht scheinen mag. „Vor ein paar Jahren noch hätte man überhaupt kaum davon zu träumen gewagt, den Durchfluss von Gasen eingriffsfrei mit Clamp-On-Technologie zu messen“, erinnert sich Heinrich Brucks. Die Herausforderung liegt in den schwierigen akustischen Verhältnissen. Wie bei der Durchflussmessung von Flüssigkeiten messen die Ultraschallmesssysteme Fluxus G auch den Gasdurchfluss nach dem Laufzeitdifferenzverfahren. Die auf dem Rohr aufgespannten Schallwandler senden und empfangen Ultraschallsignale, die in und gegen die Strömungsrichtung in das Rohr eingestrahlt werden. Aus der gemessenen Laufzeitdifferenz und der Messstellengeometrie ergibt sich die Strömungsgeschwindigkeit. Im Unterschied zur kinderleichten Clamp-On-Durchflussmessung von Flüssigkeiten dringt bei der Gasmessung nur ein Teil des Schalls in das zu messende Medium ein. Der Rest des erzeugten Schalls verbleibt in der Rohrwand und wirkt dort als Störschall. Zur Trennung von Nutz- und Störsignal übernimmt der Messumformer gewissermaßen die Rolle des digitalen Aschenputtels. Da mit steigendem Druck auch die Dichte des Gases zunimmt und seine akustische Impedanz sich an die der Rohrwand annähert, gelingt die Einkopplung des Ultraschallsignals bei hohen Drücken wesentlich besser. Das eingriffsfreie Messverfahren funktioniert daher sehr gut bei hohen und höchsten Betriebsdrücken, die bei vielen anderen Verfahren mit hohen Kosten und großem Aufwand verbunden sind. An der Messstelle in der Uerdinger MDI-Anlage herrscht jedoch ein leichter Unterdruck von ca. -20 mbar.
„Dank der Arbeit unserer Entwickler haben wir in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht“, erläutert Heinrich Brucks. Durch zahlreiche Verbesserungen auf allen Gebieten der Signalerzeugung, -einbringung und -verarbeitung konnte der für die eingriffsfreie Gasdurchflussmessung erforderliche Mindestdruck immer weiter abgesenkt werden. Da das aggressive und gefährliche HCl-Gas in Kunststoffrohren aus PVDF mit GFK-Umwicklung geführt wird, gelingt eine sehr gute Einbringung des Messsignals in das Medium. Auch die relativ große Nennweite DN400 stellt für den Messumformer Fluxus G 800 kein Problem dar. Aufgrund ihrer Bedeutung wurde die Messung zweikanalig ausgeführt. Die von Fluxus G gemessenen Durchflusswerte werden in das Prozessleitsystem eingespeist und zur automatischen Regelung der Dünnsäurezu-gabe genutzt.
Hochtemperaturmessung von flüssigem MDI
Auch bei Flüssigkeitsmessungen gilt Heinrich Brucks in Uerdingen als der Durchflussexperte. Besonders gefragt ist seine Expertise, wenn es um Hochtemperaturanwendungen geht. Bei der industriellen Gewinnung von MDI aus Diaminodiphenylmethan entsteht zunächst ein kompliziertes zusammengesetztes MDI-Oligomerengemisch, das durch Destillation in mehreren Destillationskolonnen aufgereinigt wird. Zur sicheren und effizienten Prozessführungen müssen die verschiedenen Produktströme kontinuierlich erfasst werden. Dazu zählt auch der Mengenstrom, der aus dem Sumpfbereich der Destillationskolonne zurückgeführt wird. Hier stellen hohe Temperaturen und zähe Medien besondere Anforderungen an Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der eingesetzten Durchflussmesser.
Zur Durchflussmessung des Sumpfprodukts der MDI-Destillation installierte Flexim einen WaveInjector. Die patentierte Hochtemperaturmessvorrichtung trennt die Ultraschallsensoren des Fluxus thermisch vom Rohr und gewährleistet zugleich deren akustische Ankopplung. Die eingriffsfreie Messtechnik überzeugte durch gleich mehrere Vorteile: Anders als der Wirbelzähler, der zuvor an dieser Stelle zur Durchflussmessung Verwendung fand, sind die außen auf dem Rohr angebrachten Clamp-On-Durchflusssensoren keinem Verschleiß durch das Medium ausgesetzt und bewirken keinerlei Druckverlust. Dazu kommt die einfache Anbringung des Messsystems ohne Rohrarbeiten, bei laufendem Betrieb. Die anstelle des verschleißanfälligen Wirbelzählers installierte Ultraschalleinbausonde lieferte keine dauerhaft verlässlichen Messergebnisse. Nun misst das Ultraschallmesssystem aus Fluxus und WaveInjector die Rücklaufmenge zuverlässig und störungsfrei.
Online-Info www.cav.de/0510401
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