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Elektrochemisch Nitrat entfernen

Verfahren zur Aufbereitung von Grund- und Trinkwasser
Elektrochemisch Nitrat entfernen

Um die hohen Nitratkonzentrationen im Grundwasser zu verringern, besteht neben einer Beschränkung des Einsatzes von Dünger auch Bedarf für die Entwicklung von End of Pipe- Nitrat- und Nitritentfernungsanlagen. In diesem Zusammenhang wird an der FH Gießen-Friedberg ein Verfahren zur elektrochemischen Nitrat- und Nitritelimination entwickelt.

A. Dworschak, Joachim Esch, Andreas Frank, Jutta Hoogveldt, Ernst A. Stadlbauer

Umweltbelastungen durch Nitrat und Nitrit sind einerseits durch Verunreinigung im Grund- und Trinkwasser, andererseits durch eine Vielzahl prozesszugeordneter Kontaminationen industrieller Abläufe charakterisiert. In der Trinkwasserverordnung sind für Konzentrationen relevanter Stickstoffverbindungen folgende Grenzwerte festgelegt: Nitrat 50 mg/l, Nitrit 0,1 mg/l und Ammonium 0,5 mg/l. Bezüglich Nitrat wird von der Europäischen Union (EU) ein Richtwert von 25 mg/l empfohlen. Um die geforderten Grenzwerte einzuhalten, stehen für die Nitratreduktion verschiedene Maßnahmen und Verfahren zur Verfügung (Tab. 1).
Reduktion zu Stickstoff
Eine Möglichkeit, Nitrat im Wasser abzubauen, ist die elektrochemische Nitratelimination. Für den Einsatz bei dezentralen End of Pipe-Anwendungen und in situ-Sanierungen von Grundwasserleitern entwickelt die FH Gießen-Friedberg ein Verfahren zur elektrochemischen Nitrat- und Nitritelimination. Beim elektro-katalytischen Verfahren (EKN) wird auf einer katalytisch aktiven Kathode aus dem zu reinigenden Wasser durch Anlegen einer äußeren Spannung Wasserstoff gebildet. Er ist im Augenblick des Entstehens hochreaktiv und reduziert Stickstoffverbindungen unterschiedlicher Oxidationsstufen in Folgereaktionen überwiegend zu molekularem Stickstoff (N2) (Tab. 2, Gl. 1). Kathoden- und Anodenraum sind durch eine protonenpermeable Wand (z. B. Nafion) getrennt (Abb. 1). Überschüssiger angeregter Wasserstoff rekombiniert in einer Nebenreaktion zu molekularem Wasserstoff.
Bei inaktiven Kathodenoberflächen wird diese Nebenreaktion zur Hauptreaktion im Sinne einer konventionellen Elektrolyse von Wasser, wobei an der Kathode molekularer Wasserstoff (H2) und an der Anode molekularer Sauerstoff (O2) entsteht. In einem kontaminierten Grundwasserleiter können auf diese Weise ohne Fremdchemikalienzusatz die Stoffe Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt werden.
Sind in einem nitratbelasteten Grundwasserleiter die Anode und Kathode entsprechend räumlich getrennt, werden durch den in-situ entstandenen molekularen Wasserstoff in der nitrathaltigen Kontaminationsfahne günstige Bedingungen für die mikrobielle autotrophe Denitrifikation geschaffen (Tab. 2, Gl. 2). Autotrophe Denitrifikanten benötigen Kohlendioxid (CO2) als anorganische C-Quelle zum Aufbau von Zellsubstanz und Wasserstoff als Energiequelle. Auch Sulfide sind diesbezüglich nutzbar (Tab. 2, Gl. 3). Bei entsprechenden Untergrundbedingungen kann daher die autotrophe Denitrifikation zum vorherrschenden Nitratabbauvorgang werden.
Abbildung 2 zeigt die PC gesteuerte, elektrokatalytische Anlage zur Nitratreduktion im Durchflussbetrieb. Der Durchsatz beträgt 200 l/h. Die Sensoren zur pH-, Leitfähigkeits-, Redoxpotenzial-, Nitratgehalt-, Temperatur-, Durchfluss- und Druckmessung sind mit einem Messwertumformer ausgestattet, der die Messwerte über eine 4…20-mA-Schnittstelle überträgt.
Elektroden aus Graphit
Für die Untersuchungen verwendet die FH Gießen-Friedberg unter anderem Graphitelektroden und Hartfilze von Schunk Kohlenstofftechnik. Die chemisch inerten Graphitelektroden (1,75 g/cm³, 75 W/mK, 16 mm²V/m, 0,2-0,5 m²/g) bestehen aus einem feinkörnigen Elektrographit mit der Bezeichnung FE98, der über ein mehrstufiges Press- und Glühverfahren aus Naturgraphit und verschiedenen Zuschlagsstoffen wie Ruß gewonnen wird. Der Graphit verfügt neben der chemischen Stabilität über genügend Leitfähigkeit und mechanische Stabilität, um als Elektrodenmaterial in diesem Verfahren eingesetzt zu werden. Die Endgültige Formgebung erfolgt über eine mechanische Bearbeitung. Neben dem Graphit wird auch Hartfilz (0,18 g/cm³, 30 W/mK, 30 mm²V/m, 5 bis 20 m²/g) eingesetzt. Dieser Filz ist chemisch inert, besitzt aber im Vergleich zum Elektrographit eine deutlich höhere Oberfläche.
Spezifische Nitratabbaurate
In Abbildung 3 ist ein Abbauprofil bei Durchflussbetrieb dargestellt. Der vorgegebene Sollwert wurde über eine Nitratmesssonde kontrolliert, deren Signal zur Regelung der Dosierpumpe herangezogen wurde. Jedoch zeigen chromatographische Paralleluntersuchungen, dass die UV-Messsonde die Summe aus Nitrat und Nitrit registriert. Die Massenkonzentration ß(NO3-) in mg/l der Messsondenanzeige bildet daher die Summe der Massenkonzentrationen aus Nitrat und Nitrit ab. Infolgedessen wird definitionsgemäß unter spezifischer Nitratabbaurate a(NO3-) in mg/(m²h) die Reduktion von Nitrat und Nitrit verstanden. Nach dem Starten tritt eine charakteristische Lag-Phase auf. Diese resultiert aus der Eliminierung des im System befindlichen, gelösten Sauerstoffs. Aus dem linearen Teil der Kurve lässt sich die spezifische Abbaurate a(NO3-) in mg/(m²h) berechnen. Im Batchverfahren wurden die spezifischen Nitratabbauraten a(NO3-) in mg/(m²h) verschiedener Kathodenmaterialien in Abhängigkeit unterschiedlicher Parameter (Nitratkonzentration, pH-Wert, Verweilzeit, Stromdichte) untersucht. Bei Anfangskonzentrationen von Nitrat 100 mg/l ergaben sich folgende Tendenzen der Nitratelimination:
• CuSn-Drahtgewebe: 300…400 mg/(m²h)
• Faserverstärkter Kohlenstoff (CFC) mit Beschichtung aus (Pd/Cu =98/2): 260…540 mg/(m²h)
• Graphitfilze und Elektrographite mit Beschichtung aus (Pd/Cu = 98/2): 300…700 mg/(m²h)
Die Eliminationsraten erhöhen sich mit steigender Nitratanfangskonzentration um den Faktor 50. Wesentlich für den Langzeitbetrieb ist die regelmäßige Wartung der Kathoden in Kombination mit einem Mikrofilter, da es durch den in Nebenreaktion gebildeten molekularen Wasserstoff in Gegenwart von Nitrat zu einer mikrobiellen Besiedlung der Kontaktmaterialien kommt.
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