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Stickstoff vor Ort erzeugt

Eigenerzeugung erspart Transportkosten, reduziert die CO2-Belastung und minimiert die N2-Kosten
Stickstoff vor Ort erzeugt

Stickstoff vor Ort erzeugt
Abb. 1 Das reiskorngroße, granulatartige Adsorbens besitzt eine definierte innere Oberfläche
Die Reduzierung der Umweltbelastung durch CO2 bleibt auch künftig eine herausragende Forderung an die Industrie. Hiervon direkt betroffen ist ein Großteil der Logistikkette, über die auch Technische Gase von zentralen Produktionsanlagen zum entfernt gelegenen Verbraucher gebracht werden. Eigenerzeugungsanlagen nach dem PSA-Verfahren, mit denen der Verbraucher direkt vor Ort das benötigte Gas herstellt, machen Transporte überflüssig.

Mathias Wolke

Für die Pressure Swing Adsorption (PSA), ein Gas-Trennverfahren auf Grundlage der Druck-Wechsel-Adsorption, wird grundsätzlich ein Rohgas benötigt, das das spätere Produktgas schon in bestimmten Konzentrationen enthält. Die Anreicherung hin zum kundenspezifischen Produktgas erfolgt überwiegend bei Umgebungstemperatur. Der große Vorteil bei der Stickstoffgewinnung liegt darin, dass als Rohgas normale Umgebungsluft verwendet werden kann. Die Luft wird über einen Kompressor auf den erforderlichen Adsorptions-Druck von mindestens 6 bar verdichtet. Über einen Kältetrockner und eine Filterstation erreicht die Druckluft dann die PSA-Eigenerzeugungsanlage. Die Prozessluft kann dabei sowohl dem kundeneigenen Druckluftnetz entnommen als auch im Rahmen einer systemergänzenden Lösung in den Anlagenumfang integriert werden.
Trennmittel Kohlenstoff
Wesentlicher Bestandteil der PSA-Anlage ist das Trennmittel (Abb.1), das auf einer Kohlenstoff-Molekularsiebbasis aufgebaut ist. Das reiskorngroße, granulatartige Adsorbens wird in einer Aktivkohleanlage über mehrere Produktionsschritte derart konditioniert, dass eine definierte, innere Porenstruktur entsteht. An ihr werden vorzugsweise die zu separierenden Elemente gebunden, während die Produktgase größtenteils außen vorbeiströmen. Die gewünschte Produktionsmenge (1 bis 3000 m3/h) und Qualität (bis 5,0) bestimmt das Volumen des Trennmittels in der PSA-Anlage.
Adsorption im Wechsel
Eine PSA-Anlage besteht aus mindestens zwei miteinander verbundenen Adsorbern (Abb. 2). SPS-gesteuerte Ventile am Behälterein- und Austritt ermöglichen, dass die Verfahrensschritte Druckaufbau, Adsorption, Desorption und Regeneration in logischer Reihenfolge kontinuierlich und automatisch ablaufen. Der etwa eine Minute dauernde Zyklus wird im wesentlichen durch die Adsorption und Desorption bestimmt. Der erste Adsorber wird dabei zunächst vom Boden her nach einer kurzen Druckaufbauphase mit Druckluft durchströmt. Während hierbei Sauerstoffmolekühle bevorzugt und N2 nur zum Teil am Trennmittel adsorbieren, durchströmt der überwiegende Stickstoffanteil den Adsorber und tritt am oberen Ende als Produktgas aus. Die Strömungsgeschwindigkeit bestimmt dabei die Reinheit des Stickstoffs. Nach einer festgelegten Adsorptionszeit ist die Beladungskapazität im ersten Adsorber erreicht, die Eintritts- und Austrittsventile an diesem Behälter schließen und Druckluft durchströmt nun den zweiten Adsorber. Hier wiederholt sich der Adsorptionsprozess analog zum ersten Adsorber, der nun die Desorptions- und Regenerationsphase durchläuft. Für die Regenerierung wird der noch unter Adsorptionsdruck ($6 bar) stehende Behälter auf Umgebungsdruck entspannt. Dadurch werden die in der Adsorptionsphase gebundenen O2- und N2-Moleküle ausgetragen. Ein zusätzliches Heizen, zum Beispiel durch Dampf oder Strom, ist nicht erforderlich. Die Verteilung der benannten Prozessschritte auf zwei oder mehrere Adsorber ermöglichen sowohl eine kontinuierliche Stickstoffgewinnung als auch die verschleißfreie Regeneration des Adsorbens. Eine prozessbedingte Abnutzung des Trennmittels findet daher nicht statt.
Qualitätsüberwachung
Konstante Qualität und Zuverlässigkeit in der Gasversorgung ist für den Verbraucher eine unverzichtbare Grundlage. In der Eigenerzeugungsanlage werden kontinuierlich alle relevanten Prozess-Parameter online überwacht und in der anlageneigenen Steuerung verarbeitet. Bei Bedarf können diese Parameter auch per Modem über Kontinente hinweg vom Anlagenhersteller überwacht werden. Während der Return on Investment je nach Kapazitätsauslastung und Anlagenumfang sogar noch innerhalb der Garantiezeit der Anlage erfolgen kann, erstreckt sich die technische Nutzbarkeit auf deutlich über 10 Jahre ohne Austausch des Adsorbens. Neben einer durchdachten Prozess-Technik erfordert dies jedoch auch entsprechend hochwertige, für den dauerhaften Volllastbetrieb ausgelegte Komponenten.
Individuelle Nutzung
Viele Produktionsbetriebe, die ihre Stickstoff-Versorgung noch durch Tankbefüllung oder Flaschenanlieferung aufrechterhalten, haben ein ungenutztes Optimierungspotenzial. Grundsätzlich ist dabei festzustellen, dass das Potenzial mit der Zahl der Produktionsstunden spürbar steigt. Sollte der N2-Verbrauch nicht immer konstant sein und Spitzen aufweisen, so kann die Grundlast aus einer eigenen N2-Anlage heraus kostengünstig bedient werden. Die Spitzen können durch die Einbindung eines Vorratsspeichers bzw. Flaschenbündel- oder LIN-Tank abgedeckt werden. Eine auf die Ist-Abnahme abgestimmte Modifikation in der anlageninternen Steuerung stellt zudem sicher, dass nur bei Bedarf produziert wird. Diese individuelle, kombinierte Nutzung bringt im Vergleich zur bisherigen Versorgung oft deutliche Kostenvorteile für den Betrieb.
Einsatz im Ausland
Nach einer umfassenden Analyse des N2-Bedarfsprofils vor Ort wird jede PSA-Anlage zunächst einem sorgfältigen Engineering unterzogen, bevor die Fertigung beginnt. Die kontinuierliche Überwachung während der Projektabwicklung stellt dabei sicher, dass der Qualitätsstandard unverändert auf hohem Niveau bleibt. Ein Beispiel für eine exportierte PSA-Anlage ist die eines Chemiekunden aus Vladimir in Russland (Abb. 3). Die Stickstoffversorgung durch den Cryo-Generator war teuer, unzuverlässig und damit für den eigenen Betrieb zunehmend unwirtschaftlich und zum Risiko geworden. Nach mehreren Gesprächen vor Ort, in denen die genauen Erfordernisse und Wünsche geklärt wurden, wurde mit dem Bau der PSA-Anlage begonnen. Innerhalb von nur sechs Monaten war die 200-Nm3/h-Anlage vor Ort. Seit mehreren Jahren übernimmt sie kontinuierlich und ohne eine einzige Wartung durch den Hersteller die Stickstoffversorgung. Die hohen Qualitätsanforderungen wie 3 ppm Rest-O2 und ein Taupunkt kleiner -60 °C wurden durch eine systemintegrierte Nachreinigungsstufe mit Adsorptionstrocknung erfüllt. Selbst der hierfür erforderliche Wasserstoff wurde innerhalb der Gesamtanlage hergestellt, so dass der Kunde auch hier nur Strom und Luft zur Verfügung stellen muss.
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