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Wirtschaftliche Abwasserbehandlung

Reaktionstrennmittel vereinfachen Verfahrensführung
Wirtschaftliche Abwasserbehandlung

Reaktionstrennmittel sind Einsatzstoffe in der Abwasserbehandlung, die mehrere chemische und physikalische Schritte zur Reinigung des Abwassers in einem einzigen Arbeitsvorgang bewältigen. Sie sind somit den konventionellen Verfahren, beispielsweise mit Aluminium- oder Eisenchlorid, weit überlegen. Der wirtschaftliche Vorteil resultiert aus dem reduzierten Investitionsaufwand, den verminderten Wartungskosten, sowie dem verkleinerten Schlammaufkommen.

Klaus Speidel, Torben Engelhardt

Reaktionstrennmittel sind eine Kombination hochaktiver Wirkstoffe, die den Spalt-, Adsorptions – und Ionenaustauschprozess in einer Formulierung vereinigen und durch definierte Zugabe von ausgewählten Additiven bestimmte Eigenschaften verstärken. Wirkungsvolle Schwermetallfällungsmittel ergänzen den Einsatz von Reaktionstrennmitteln. Die besonderen Eigenschaften der Reaktionstrennmittel kommen in der Regel erst dann zur Wirkung, wenn sie individuell auf den Einzelfall abgestimmt sind. So wie jedes Abwasser unterschiedlich aus der individuellen Produktion entsteht, so sollte es auch behandelt werden, um den Aufwand zu minimieren und die Kosten zu senken.
Konventionelle Verfahren
Konventionellen Abwasserbehandlungsanlagen, die unter Einsatz von Metallsalzen betrieben werden, liegt in der Regel ein aufwendiges Verfahren zugrunde. Das anfallende Abwasser wird mit FeCl3 angesäuert und mit Ca(OH)2 neutralisiert, anschließend werden Flockungshilfsmittel zugegeben, die Klarwasserphase separiert und der Schlamm entwässert. Die Gesamtanlage ist aufgrund der Prozessführung und der damit notwendigen Steuerungstechnik relativ komplex, der Investitions- und Wartungsaufwand ist hoch, ebenso der Schlammanfall. Des Weiteren erfährt das Abwasser durch Zugabe herkömmlicher Chemikalien eine nicht unerhebliche Aufsalzung, was eine Wiederverwendung in den meisten Fällen nicht mehr zulässt.
Der Einsatz organischer Spalter wäre eine elegante Alternative. Die Empfindlichkeit solcher Produkte auf Unter- oder Überdosierung stellt in der Praxis ein Problem dar. Eine zu geringe Dosierung führt nicht zum gewünschten Erfolg, eine auch nur minimale Überdosierung führt zur Reemulgierung. Ultrafiltrationsverfahren oder Verdampfer stellen probate Alternativen dar, wenn Probleme der Verblockung bei Filteranlagen ausgeschlossen oder in Grenzen gehalten werden können. Bei Verdampfern kann der Einsatz durch Korrosionserscheinungen oder durch Bildung von Ablagerungen an den Wandungen gefährdet sein.
Wirtschaftliche Alternative
Da die Entwicklung von Reaktionstrennmitteln enorme Fortschritte gemacht hat, stehen nun innovative und elegante Lösungen der Abwasserbehandlung zur Verfügung, die den Einsatz von Metallsalzen in vielen Fällen überflüssig machen. Der Einsatz von Reaktionstrennmitteln lässt häufig eine Wiederverwendung der behandelten Abwässer zu. Zudem reagieren sie sehr unempfindlich auf Schwankungen der Eingangsbedingungen im Abwasser und sind damit in vielen Anwendungen den herkömmlichen anorganischen und organischen Spaltern überlegen. In der Regel reicht ein Reaktionstrennmittel aus, um die drei Reaktionsschritte Ansäuern, Neutralisation und Flockung zu ersetzen und dabei noch ein besseres Ergebnis zu erzielen. Außerdem kann in sehr vielen Fällen auf den Einsatz von pH-gesteuerten Dosiereinrichtungen oder pH-Endkontrollen verzichtet werden.
Diese vereinfachte Verfahrensführung wird dadurch erreicht, dass die einzelnen Verfahrensschritte Spalten, Adsorbieren und Ionenaustausch zeitlich nacheinander im Reaktor ablaufen (Abb. 1). Zum Zeitpunkt 1 wird das Abwasser mit dem individuell angepassten Reaktionstrennmittel vermengt. In diesem ersten Zeitabschnitt reagiert nur der dafür vorgesehene Teil. Im weiteren Reaktionsablauf kommen alle anderen Reaktionspartner und Hilfsstoffe zeitgesteuert zum Einsatz, bis das gewünschte Ergebnis erreicht ist. Die aus der Behandlung resultierende Schlammmenge (Abb. 2) ist dabei in der Regel deutlich geringer als bei herkömmlichen Verfahren.
Salzarm und sulfatfrei
In der neuen Generation von hochaktiven, salzarmen und sulfatfreien, pulverförmigen Reaktionstrennmitteln handelt es sich um Spalt-Adsorptions-Ionenaustausch-Reaktionstrennmittel. Diese Produkte werden beispielsweise zur Behandlung von organisch belasteten Abwässern (Abb. 3), wie schwer spaltbare Ölemulsionen, Metallbearbeitungsflüssigkeiten, sowie zur Behandlung von Spül- und Prozesswässern eingesetzt. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung eignen sich diese Produkte besonders gut für den Kreislaufbetrieb. Die hochaktiven Adsorptionsmittel mit einer aktiven Oberfläche von 500 bis 600 m²/g sind in der Lage, sowohl nicht komplexgebundene Schwermetalle, als auch organische Bestandteile aus dem Wasser zu entfernen. Dadurch ist es möglich, den CSB und den BSB-Wert zu senken. Auch AOX-Werte werden reduziert. Je nach Anwendungsfall kann durch die Zugabe von Additiven die gewünschte Ausfällungswirkung verstärkt und das Sedimentations- und Flotationsverhalten verbessert werden (Abb. 3).
Hochaktive Reaktionstrennmittel nach dem Prinzip Verteilung durch chemische Reaktion arbeiten ebenfalls auf der Basis des Spalt-Adsorptions-Ionenaustauschprinzips. Die besondere Effektivität dieser Produkte beruht auf dem Einsatz hochaktiver Reaktionsprodukte, die die Abwasserinhaltsstoffe zunächst durch chemische Reaktion feinst verteilen, und so dafür sorgen, dass sich diese leicht adsorptiv aus dem Abwasser entfernen und fest ins Koagulat einbinden lassen.
Polymorphe Alkalisulfide
Für die Elimination komplexgebundener Schwermetalle bieten sich Produkte auf der Basis organischer und anorganischer polymorpher Alkalisulfide an. Damit lassen sich komplexgebundene Schwermetalle in einem Reaktionsschritt ausfällen. In der Regel reichen 30 min für eine Totalausfällung aus. Das dabei anfallende Schlammvolumen ist im Vergleich zur Metallhydroxidfällung wesentlich geringer, wobei sich die aus der Behandlung resultierenden Schlämme in der Regel auch noch sehr leicht entwässern lassen. Durch den Zusatz eines genau auf das Schwermetallfällungsmittel abgestimmten Reaktionstrennmittels erreicht man neben der Elimination der Schwermetalle eine bessere Klarifizierung des Abwassers und entfernt gleichzeitig noch weitere, störende Wasserinhaltsstoffe. Außerdem wird ein eventuell im Abwasser vorhandener Sulfidüberschuss eliminiert. Die Schwermetallfällung erfolgt sehr sicher in einem pH-Bereich von 6 bis 10. Die Einsatzmenge sowie das zu wählende Verfahren oder die Adaption bestehender Verfahren wird durch praktische Versuche ermittelt.
Gesicherte Produktqualität
Für die Anwendung von Reaktionstrennmitteln kommen nach wie vor die konventionellen Verfahren zum Einsatz, angefangen von einfachen Chargenanlagen für Kleinbetriebe, Flotationsanlagen in unterschiedlichen Baugrößen und Sedimentationsanlagen bis hin zu Komplettsystemen mit vollautomatisierten Einrichtungen und nachgeschalteten Eindickungs- und Entwässerungssystemen (Abb. 4). Die Entwicklung dieser Anlagen und Systeme konzentrierte sich in den letzten Jahren auf Vereinfachungen in der Handhabung, auf eine modulare Bauweise, sowie auf die Anpassung an den Einsatz moderner Produkte.
Treten schwierige Schlämme mit verschmierenden Eigenschaften auf, wird Mikro- und Ultrafiltration angewendet, um diese einzudicken. Überdruckverdampfer sind in der Lage, auch größere Mengen leicht flüchtiger Bestandteile aus dem Abwasser separat zu entfernen und damit den CSB- und BSB-Gehalt im Filtrat drastisch zu senken, da Rückadsorptionen vermieden werden. Da der Verdampfer zwei getrennte Kreislaufsysteme aufweist, kann der Energieverbrauch stark reduziert werden (30 bis 40 Wh/l im Reinwasserbereich als Referenzwert).
E cav 223
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