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Trockene Luft für Superabsorber

Sicheres Entfeuchten von Prozessluft
Trockene Luft für Superabsorber

Gerade im Winter sorgt trockene Luft in beheizten Räumen häufig für Probleme. Hustenreiz durch ausgetrocknete Schleimhäute ist die Folge. Abhilfe schaffen hier meist Luftbefeuchter. Ganz anders sieht das in der chemischen Industrie aus. Viele Prozesse lassen sich erst mit trockener Prozessluft überhaupt realisieren. cav sprach mit Frank Schimmelmann, Division-Manager Prozesslufttrocknung bei der ULT AG in Löbau, über die Herstellung trockener Luft am Beispiel von Superabsorbern.

Herr Schimmelmann, warum benötigt man in chemischen Prozessen überhaupt trockene Luft?

Schimmelmann: Viele Schüttgüter in der chemischen Industrie sind hygroskopisch und damit zum Teil sehr empfindlich gegenüber Feuchtigkeit. Eine reduzierte Luftfeuchtigkeit hilft daher, Produkte unter präzisen und kontrollierten Umgebungsbedingungen ohne größere Probleme verarbeiten zu können und über einen bestimmten Zeitraum auch trocken einzulagern.

Was ist grundsätzlich zu beachten?

Schimmelmann: Prinzipiell hängt die notwendige Trockenheit der Prozessluft sehr stark vom jeweiligen Gesamtprozess der zu trocknenden Güter ab. Sowohl die Luft im Produktionsprozess als auch die Lagerraumprozessluft beeinflussen beispielsweise stark das Schüttverhalten und somit das Handling hygroskopischer Erzeugnisse. Sehr wichtig ist es auch, dass sich am pulverförmigen Produkt kein Kondensat bildet, um zum Beispiel Produkte wie chemische Pulverlacke oder 2K-Lacke in sich stabil zu halten.

Ein typisches Beispiel für ein hygroskopisches Schüttgut sind sogenannte Superabsorber. Worum handelt es sich hierbei und
wo werden diese eingesetzt?

Schimmelmann: Bei Superabsorbern handelt es sich um wasserunlösliche Polymere, die ein Vielfaches ihres Eigengewichts an polaren Flüssigkeiten aufsaugen können. Bei der Aufnahme der Flüssigkeit quillt der Superabsorber auf und bildet ein Hydrogel. Die Summe aus dem Volumen der Flüssigkeit und dem Volumen des trockenen Superabsorbers bleibt dabei gleich. Das Schüttgut wird als grobkörniges Pulver mit Partikelgrößen zwischen100 und 1000 µm beispielsweise in Babywindeln, Verbandsmaterialien, Kabelummantelung bei Tiefseeleitungen oder auch in der Damenhygiene eingesetzt.

Worauf beruht diese enorme Wasseraufnahmekapazität?

Schimmelmann: Dafür ist ein sogenannter Kapillareffekt verantwortlich. Er entsteht durch zerklüftete und poröse Kanalstrukturen innerhalb eines Superabsorber-Partikels. Dadurch werden Flüssigkeiten förmlich in den Partikelkern hineingezogen und an den Grenzflächen angelagert. Ein einzelnes Partikel kann u. a. Wasser in Größenordnungen vom mehreren Hundertfachen des Superabsorber-Eigengewichtes in sich aufnehmen.

Worin bestehen Gefahren bei der Herstellung dieser Produkte?

Schimmelmann: Zumeist werden bei der Herstellung solcher Produkte pneumatische Fördersysteme zum Produkttransport eingesetzt. Sie können entweder saugseitig oder druckseitig betrieben werden, damit das Produkt schonend pneumatisch gefördert werden kann. Die größte Gefahr beim Umgang mit Superabsorbern ist, dass das Produkt durch ungewollt eintretende Feuchtigkeit in das Gesamtsystem während des Herstellungsprozesses mit Wassermolekülen aus der aufbereiteten Prozessluft beladen wird. Dadurch kann es sehr leicht zu einem Verklumpen der Partikel und letztendlich zum Verblocken der pneumatischen Förderleitung kommen.

Was kann man dagegen tun?

Schimmelmann: Um die unerwünschte Absorption von Wasser während der Herstellung und Förderung zu vermeiden, sollte eine Anlage zur Trocknung bzw. Entfeuchtung der Prozess- bzw. Umgebungsluft eingesetzt werden. Idealerweise ist diese im Prozess vor dem Kompressor stationiert, der die Förderdruckluft aufbereitet. Damit ist gewährleistet, dass die angesaugte Luft aus der Atmosphäre schon bei Eintritt in den Kompressor einen absolut trockenen Zustand hat und somit einen sehr geringen Taupunkt besitzt.

Wie erzeugt man besonders trockene Luft?

Schimmelmann: Um sehr trockene Prozessluft zu erzeugen, reichen in den meisten Fällen konventionelle Methoden wie die Kondensation des Wasserdampfes an Kühlregistern bzw. Wärmetauschern nicht mehr aus. Um den Restfeuchtegehalt der Luft auf ein Minimum zu reduzieren, sind sogenannte sorptive Prozesse notwendig. In diesem Fall versteht man unter einem physikalisch-sorptiven Prozess eine Adsorption, aber auch gleichzeitig eine Desorption des eingesetzten Adsorptionsmittels, das benötigt wird, um extrem tiefe Taupunkttemperaturen zu erreichen.

Und das heißt?

Schimmelmann: Wenn bei Produktionsverfahren, Verpackungs- und Lagerungsprozessen chemischer Erzeugnisse relative Feuchten von weniger als 40 % bei z. B. 21 °C gefordert werden, wird es in verfahrenstechnisch und thermodynamischer Hinsicht kritisch. In diesen Bereichen der Prozesslufttrocknung besteht derzeit eine sehr übersichtliche Auswahl an Anlagen, die in der Lage sind, diese sehr niedrigen Restfeuchtegehalte für Trocknungsprozesse überhaupt zu erreichen.

Welche Verfahren bieten sich hier an?

Schimmelmann: Als besonders wirkungsvoll hat sich hier die Verwendung von sorptiven Rotationsentfeuchtern wie unserem seit Kurzem verfügbaren ULT-Modulsystem Dry-Tec für extrem trockene Prozessluft erwiesen. Dabei wird der feuchte Luftstrom durch ein langsam rotierendes, mit Adsorptionsmittel beschichtetes Sorptionsrad geleitet und getrocknet. Auf der Gegenseite wird das Rad regeneriert. Damit wird ein kontinuierliches Aufbereiten der zu trocknenden Luft oder von Prozessgasen effektiv gewährleistet.

Wie funktioniert diese Regeneration?

Schimmelmann: Die Wassermoleküle werden auf der Gegenseite durch einen warmen Luftstrom kontinuierlich aus dem Adsorptionsmittel herausgetrieben und als Adsorbat in einem separaten Regenerationsluftstrom aus der Anlage in die Außenatmosphäre abgeführt.

Welche Trocknungsgrade können mit diesem Verfahren erreicht werden?

Schimmelmann: Durch Erweiterung der Anlagentechnik, beispielsweise mit Vor- und Nachkühlermodulen, können wir mit dem ULT-Dry-Tec-Modulsystem Taupunkte bis zu -65 °C und somit eine absolute Prozessluftfeuchte von bis zu 0,01 (g-Wasser/kg-Luft) bei Umluftbetrieb erreichen. Meist werden diese niedrigen Taupunktanforderungen bei sensiblen Produkten − etwa zur Trocknung extrem empfindlicher Polymere oder anderer pulverförmiger Produkte in der chemischen Industrie − benötigt, um eine gleichbleibende und hochwertige Produktqualität zu erreichen.

Welche Adsorptionsmittel kommen in den Rotationsentfeuchtern zum Einsatz?

Schimmelmann: Als technische Adsorptionsmittel dienen hochaktive hygroskopische, d. h. physikalisch wasserbindende Adsorptionsmittel, wie Kieselgel (Silikagel = SiO2) oder technische Molekularsiebe wie Zeolithe oder Aluminiumoxide. Es gibt aber auch noch andere weniger gängige Trocknungsmittel, die je nach Gegebenheit und Eigenschaften des zu trocknenden Gases ihre Anwendung in anderen Bereichen finden: z. B. Lithiumchlorid oder Kaliumcarbonat. Diese können allerdings relativ schwer mittels Desorption regeneriert werden.

Und was würden Sie empfehlen?

Schimmelmann: Da Silikagel in Bezug auf die Entzugsleistung der Wassermoleküle aus der Prozessluft und auf die Regenerierbarkeit mit Wärme (Desorption) durchaus gute reversible Eigenschaften besitzt, gilt diese Variante als effektiv und zielführend und wird in verschiedensten Industriesegmenten erfolgreich eingesetzt.

Wie sieht es mit den Druckverlusten im System aus?

Schimmelmann: Mithilfe des optimierten Luftführungskonzeptes, das wir im Inneren der Trocknungsmodule umgesetzt haben, ist ein effizienter Betrieb mit äußerst geringen internen Druckverlusten möglich.

Ihr Rotationsentfeuchter ist modular aufgebaut. Welche Module bieten Sie für Ihr System an?

Schimmelmann: Zur ULT-Dry-Tec-Produktmodulserie gehören das Sorptionsmodul ULT Dry-Tec, das für Adsorption und Desorption innerhalb des Systems eingesetzt wird. Darüber hinaus bieten wir das Vorkühlermodul ULT Cool-Tec V und das Nachkühlermodul ULT Cool-Tec N an. Die Vor- und Nachkühlermodule können optional mit unterschiedlichen Filterelementen entsprechender Filterklassen ausgerüstet werden (G, M, F oder H entsprechend DIN EN 779:2012 und DIN EN 1822:2011). Damit erreicht der komplette Trocknungsprozess die geforderte niedrige relative Feuchte und auch der Prozessluftstrom am Ein- oder Austritt der Modulanlage bleibt so nahezu partikelfrei.

Weitere Bestandteile des modularen Entfeuchtungskonzepts sind regelbare EC-Ventilatoren für den Prozessluftstrom und den Regenerationsluftstrom. Zur Verfügung steht außerdem ein integriertes energieeffizientes Wärmerückgewinnungssystem für einen energetisch optimierten Desorptionsprozessablauf.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: cav0318ult


Um den Restfeuchtegehalt der eingesetzten Prozessluft auf ein Minimum zu reduzieren, sind sorptive Prozesse notwendig.

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