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Eigenschaften von Schüttgütern bestimmen

Panta rhei aus dem Labor
Eigenschaften von Schüttgütern bestimmen

Der heraklitische Aphorismus „panta rhei“ oder zu Deutsch „alles fließt“ beschreibt das Schüttguthandling nahezu perfekt. Damit alle Rohstoffe richtig fließen, bedarf es jedoch einiger grundlegender Rohstoffdaten aus dem Labor. Sabine Koll sprach für prozesstechnikTV mit Manuel Dittrich, Leiter des Versuchszentrums für Rohstoffhandling bei AZO, über die Aufgaben seines Versuchszentrums, die vorhandenen Analyseverfahren und wie sich daraus Empfehlungen für den Anlagenbau ergeben.

Damit Anlagen für die Rohstoffautomation und -logistik am Ende auch funktionieren und in ihnen die Rohstoffe richtig fließen, muss man das Verhalten und die Eigenschaften der Schüttgüter genau kennen. AZO bietet hierfür ein eigenes Versuchszentrum an. Herr Dittrich, was passiert in Ihrem Versuchszentrum?

Dittrich: Wir versuchen das Prozessverhalten eines Rohstoffes in unseren Anlagen bereits frühzeitig mit Kleinstmengen in unserem Labor zu analysieren. Schüttgutprozesse können durch viele Einflussfaktoren wie z. B. Austragsprobleme durch Brücken- und Schachtbildung, schießende Rohstoffe oder auch Adhäsion gestört werden. Wir haben deshalb durch umfangreiche Forschungsarbeiten die Zusammenhänge zwischen den Rohstoffeigenschaften und dem Prozessverhalten eines Rohstoffes in unseren Anlagen ermittelt. So können wir mittlerweile für viele Prozesse und Rohstoffe diese Zusammenhänge darstellen. Für komplexere Prozesse werden im Versuchszentrum dann entsprechende Versuche im Maßstab der späteren Kundenanlage durchgeführt.

Welche Analyseverfahren nutzen Sie in Ihrem Rohstofflabor?

Dittrich: Wir decken in unserem Rohstofflabor ein sehr breites Spektrum an Analyseverfahren ab. Wir untersuchen die Partikelgröße und die Partikelform mithilfe der dynamischen Bildanalyse in einem Camsizer, einer Vibrationssiebmaschine und einem Luftstrahlsieb. Zusätzlich messen wir Schüttdichte, Stampfdichte und Stoffdichte. Ein Freeman-Pulverrheometer dient zum Ermitteln der Fließeigenschaften im Einsatz. Darüber hinaus nutzen wir Mikroskope, bestimmen die Feuchte und können in einem Klimaschrank unterschiedliche Klimazonen abbilden, um die Rohstoffe auf mögliche äußere Einwirkungen zu analysieren.

Da sind Sie doch ganz gut ausgerüstet. Herr Dittrich, wozu benötigen Sie eigentlich diese vielen Analyseverfahren?

Dittrich: Letztendlich interessieren wir uns vor allem für das Fließverhalten der Rohstoffe und wie dieses durch äußere Faktoren beeinflusst wird.

Und wie hängt das zusammen?

Dittrich: Rohstoffe sind charakterisiert durch ihre Primäreigenschaften wie z. B. die Korngröße oder deren Korngrößenverteilung, die Partikelform, die Schütt-, Stampf- oder Stoffdichte, die chemische Zusammensetzung, die Oberflächenrauheit und vieles mehr. All diese Primäreigenschaften können jedoch nicht mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden und es existiert auch keine mathematische Gleichung, die die Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften und den verfahrenstechnischen Prozessen sinnvoll beschreiben würde. Daher ermitteln wir zusätzlich sogenannte Sekundäreigenschaften, deren Messverfahren speziell auf bestimmte Prozesse ausgelegt sind (z. B. Scherversuche, Carr-Index).

Was machen Sie mit den so gewonnenen Analysedaten?

Dittrich: Die Analysedaten, die wir im Rohstofflabor zu einem bestimmten Rohstoff ermittelt haben, werden von uns aufbereitet und in einem ausführlichen Analysebericht zusammengefasst. Dieser geht dann an die jeweilige Projektgruppe, die für das Engineering und die Ausarbeitung der eigentlichen Anlage zuständig ist. Der Bericht enthält Empfehlungen zu Ausführung und Design der Anlage, sodass später ein optimaler Betrieb möglich ist.

Das heißt also, Sie leiten aus den Fließeigenschaften des Rohstoffs Gestaltungsvorschläge für die späteren Anlagen ab. Können Sie das bitte einmal präzisieren?

Dittrich: Gerne. Als Grundlage zur Auslegung von Prozessen nutzen wir die altbekannten Forschungsergebnisse von Dr. Andrew W. Jenike und Ralph J. Carr (jr.). Ihre Ergebnisse werden primär bei der Auslegung von Silos und Behältern bzw. bei der Austragung von Rohstoffen verwendet. Für unsere eigenen Prozesse wie beispielsweise Dosieren, Sieben und Fördern haben wir interne Forschungsarbeiten durchgeführt. Ziel dieser Arbeiten war, korrelierende Rohstoffeigenschaften zu ermitteln. Aufgrund der so bestimmten Rohstoffeigenschaften können wir beispielsweise Aussagen über zu erreichende Dosierleistungen, den Füllungsgrad von Dosierschnecken und zu erwartende Dosiergenauigkeiten geben. Das wiederum hilft den Ingenieuren bei der Auslegung und Dimensionierung der Anlage.

Bei der Neuauslegung einer Anlage sind die Fließeigenschaften des Rohstoffes also ein wichtiges Auslegungskriterium. Welche Lösung bietet AZO Unternehmen, die bereits eine Anlage haben, in der nun aber neue Rohstoffe verarbeitet werden sollen?

Dittrich: Im Versuchszentrum testen wir die neuen Rohstoffe und vergleichen deren Eigenschaften mit den Eigenschaften der zuvor verwendeten Rohstoffe. Auf diese Weise lassen sich Aussagen treffen, ob an der Bestandsanlage Änderungen vorgenommen werden müssen oder ob die Anlage in der Lage ist, die neuen Rohstoffe zu handhaben.

Wie sieht das aus, wenn man gleiche Rohstoffe unterschiedlicher Qualität hat? Ist dann dieser Aufwand jedes Mal zu machen?

Dittrich: Für Anlagenbetreiber, die beispielsweise ihre Rohstoffe aus teilweise unterschiedlichen Herstellungsverfahren bekommen und somit schwankenden Rohstoffqualitäten unterliegen, haben wir eine selbstjustierende Förderanlage mit künstlicher Intelligenz entwickelt. Diese reagiert auf eine Vielzahl von Messwerten und regelt sich selbst an ihre optimale Einstellung. (br)

(Das komplette Interview können Sie auch auf prozesstechnik.tv
ansehen – Anm. d. Red.)

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: AZO

Halle 12.1, Stand D20


„Letztendlich interessieren wir uns im Rohstofflabor vor allem für das Fließverhalten der Rohstoffe und wie dieses durch äußere Faktoren beeinflusst wird.“

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