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Vom Gaul zum Galopper

Energieeffizienz treibt die Entwicklung bei Schraubenkompressoren immer weiter voran
Vom Gaul zum Galopper

Der Schraubenkompressor ist als wesentlicher Bestandteil einer effizienten Druckluftversorgung heute nicht mehr wegzudenken. In allen erdenklichen Einsatzgebieten findet er Anwendung. Allgemein genutzt zur Drucklufterzeugung wird der Schraubenkompressor seit über 30 Jahren; doch seine Erfindung liegt ein ganzes Jahrhundert weiter zurück.

Jürgen Hütter

Im Jahre 1878 bereits wurde mit einem Patent auf Schraubenmaschinen der Grundstein für den heutigen Schraubenkompressor gelegt. Das Prinzip war damit entwickelt, doch es fehlten noch die entsprechenden Fertigungsmöglichkeiten, um die Maschine mit der notwendigen Genauigkeit aufbauen zu können. Die ersten wirklich laufenden Schraubenkompressoren wurden in den 1930er-Jahren gebaut. Druckluft nach heutigem Standard wurde damit allerdings nicht erzeugt. Hauptsächlich fanden diese Maschinen ihre Anwendung im Anlagenbau in größeren Antriebsbereichen, wobei die abgedeckten Drücke mit ca. 3 bar noch recht gering waren. Immerhin kam in den 1940er-/50er-Jahren der erste kommerzielle Erfolg auf, als Schraubenmaschinen im Bereich der Prozessgase langsam an Bedeutung gewannen. Der Vorteil lag in der Möglichkeit, auch Gase mit klebrigen Bestandteilen fördern und verdichten zu können, wie z. B. Koksofengase mit ihren Teerbestandteilen.
Bisher waren die eingesetzten Schraubenverdichter meist reine Trockenläufer. Um Verschmutzungen auszuwaschen, ging man dazu über, Wasser in den Verdichtungsraum einzuspritzen. Das machte allerdings teure Edelstahlkomponenten notwendig, weshalb zur Drucklufterzeugung die Öleinspritzung entwickelt wurde, wie sie im Prinzip heute noch eingesetzt wird. Daneben haben aber auch weiterhin Trockenläufer ihre Daseinsberechtigung, wenn Druckluft ohne Zusatz von Öl – also ölfrei – erzeugt werden soll.
Der große Nachteil von Schraubenkompressoren war die notwendige Genauigkeit, mit der gefertigt werden muss, um Spalten zu verkleinern und Verluste zu minimieren. Da das in den Anfangszeiten so noch nicht möglich war, waren Schraubenkompressoren den bisher eingesetzten Kolbenkompressoren in der Energieeffizienz unterlegen. Ihren Vorteil spielten die Schraubenverdichter in ihrer erheblich besseren Wartungsfreundlichkeit und den begleitenden Life-Cycle-Costs aus. Mit der Möglichkeit der genaueren Fertigung stieg gleichzeitig auch die Effizienz von Schraubenkompressoren. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei die Geometrie des eigentlichen Schraubenrotors. Vor den 1970er-Jahren wurde üblicherweise ein symmetrisches Kreisbogenprofil eingesetzt, das einfach konstruiert und zu fertigen war. Mit der Entwicklung von Spezialmaschinen zur Rotorfertigung wurden auch neue, asymmetrische Profile möglich und umgesetzt, auf deren Grundidee im Prinzip auch die heutigen Profile basieren. Diese asymmetrischen Profile verbesserten den Wirkungsgrad enorm und halfen bei der weiteren umfassenden Verbreitung von Schraubenkompressoren zur Drucklufterzeugung.
Erste Baureihe
Damit war der Grundstein gelegt zur allmählichen Verdrängung der Kolbenkompressoren durch entsprechende Schraubenkompressoren. Auch Boge entwickelte in den frühen 1970er-Jahren eigene Schraubenkompressoren und brachte 1973 eine erste eigene Baureihe auf den Markt. Weiterentwicklungen in den 1980er-Jahren führten zu immer besseren Wirkungsgraden und damit zu immer besserer Energieeffizienz dieses Verdichtertyps. Fortlaufende Änderungen und Verbesserungen flossen schließlich 1993 in den Launch der Boge-S-Baureihe ein. Kennzeichen dieser Schraubenkompressor-Reihe sind bis zum heutigen Tag der liegende Ölabscheidebehälter, der die Abscheidung der Ölbestandteile aus der Druckluft optimiert und vor allem sicherer macht und der besondere Keilriemenantrieb. Durch das patentierte GM-Antriebssystem ist der Keilriemen in jeder Betriebssituation optimal gespannt. Hohe Belastung und Schlupf werden gleichermaßen vermieden und die Verdichterstufe durch die Übersetzung optimal und hocheffizient ausgenutzt. Keine andere Antriebsart vereint diese Vorteile.
Die S-Baureihe wurde in den folgenden Jahren in wichtigen Details weiterentwickelt, was schließlich zu einer verbesserten, zweiten Version führte, die 2003 auf den Markt gebracht wurde. „Mehr Liefermenge bei gleichzeitig weniger Energieaufwand“ war das fast unmöglich erscheinende Ziel, das hier erreicht wurde – und das im Bereich von Antriebsleistungen bis nunmehr fast 400 kW.
Kolbenkompressoren hatten allerdings immer noch energetische Vorteile in kleinen Liefermengenbereichen. Schraubenkompressoren wurden bisher kaum in Antriebsbereichen bis herunter zu 2,2 kW angeboten. Ziel von Boge war es deshalb, durch eine neue Bauform auch hier einen effizienten Kompressor für Druckluftnutzer bereit zu halten. Ab der Jahrtausendwende wurde dazu die kompakte C-Baureihe entwickelt. Ein Schraubenkompressor für kleine Liefermengen, die bisher ausschließlich mit Kolbenkompressoren zu bedienen waren. Die C-Baureihe veränderte die Schraubenkompressortechnologie mit ihrem Design, das alle wichtigen Komponenten in einem einzigen, kompakten Block integriert. Hocheffizient, aber dennoch einfach in Aufbau und Wartung, ist die C-Baureihe der ideale Kompressortyp für den kleinen Antriebsbereich.
Ein wichtiger Unterschied von Kolben- und Schraubenkompressoren ist, dass Schraubenkompressoren für den effizienten Betrieb eine intelligente Steuerung benötigen. In den Anfangszeiten der Schraubenkompressortechnologie bestanden die Kontrolleinheiten aus einfachen Relaissteuerungen, die viel Energie durch unnötige Nachlauf-/Leerlaufzeiten vergeudeten. Erst in den frühen 1990er-Jahren kamen erste intelligentere Steuerungen auf, um hier die Effizienz zu erhöhen. Die ideale Steuerung arbeitet nicht mit festen Nachlaufzeiten, sondern vermeidet möglichst ganz teure Leerlaufzeiten. Kompressorsteuerungen wurden mit den Jahren immer intelligenter und tragen damit einen wichtigen Teil zur Effizienzsteigerung von Schraubenkompressoren bei. Die Modelle der neuesten, effizientesten Generation von Kompressorsteuerungen bei Boge heißen – je nach Komfortniveau – Basic, Focus und Prime.
Flexibel statt stur
Den Entwicklern und Konstrukteuren der Schraubenkompressortechnik war allerdings schnell klar, dass sich ein störender Leerlaufanteil bei einem „normalen“ Schraubenkompressor alleine durch eine Kompressorsteuerung nicht vermeiden lässt. Schon lange bekannt und angewandt ist daher die Frequenzregelung, die die Motordrehzahl bedarfsabhängig reguliert. Der Kompressor arbeitet nicht mehr nur bei Volllast oder im Stillstand, sondern liefert nur die Liefermenge, die in diesem Moment aktuell benötigt wird. Dadurch werden teure Leerlaufzeiten vermieden. In vielen Anwendungen steigert ein frequenzgeregelter Kompressor die Gesamtanlageneffizienz enorm.
Energieeffizienz war und ist in der gesamten Entwicklung von Schraubenkompressoren immer einer der wichtigsten Punkte. Erst als die Schraubenkompressoren in der Effizienz mit den Kolbenkompressoren mithalten konnten, konnten sie diese nachhaltig verdrängen. Diese Entwicklung hin zu immer effizienteren Kompressoren wird weiter anhalten. Bestehende Systeme werden verbessert, neue Systeme entwickelt werden. Es ist abzusehen, dass dabei Elektronikkomponenten eine immer größere Rolle spielen. Kompressorsteuerungen werden zunehmend komplexer und immer mehr Funktionen übernehmen, die heute noch durch Zusatzkomponenten erfüllt werden. Kompakte, hochintegrative Gesamtsysteme werden flexibel Druckluftbedarfe decken können und dabei anwenderspezifisch ausgelegt sein.
Der Schraubenkompressor der Vergangenheit war ein stures Arbeitstier, das Druckluft erzeugte; der Schraubenkompressor der Zukunft ist eine intelligente, flexible Maschine, die sich spezifischen Anforderungen effizient anpassen kann.
cav 451

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