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Von der Energieeffizienz zur Ressourceneffizienz

Die Kernprozesse hinterfragen
Von der Energieeffizienz zur Ressourceneffizienz

Energiemanagementsysteme sind eine wahre Datengoldgrube für die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz. Vorausgesetzt, man ist bereit, auch grundsätzliche Fragen an die verfahrenstechnische Umsetzung des Prozesses zu stellen und neue technologische Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Das Potenzial zur Effizienzsteigerung ist dann ungleich höher. Einige Beispiele aus der Betriebspraxis zeigen dies anschaulich.

Genau bei den Kernprozessen einer Anlage haben viele Unternehmen einen blinden Fleck und agieren nach dem Motto: Never change a running system. Doch nur wer auch die elementaren Prozesse unter Energiegesichtspunkten kritisch hinterfragt, wird mit hohen Einsparungen belohnt. Die Daten eines Energiemanagementsystems geben nicht nur wichtige Hinweise, wo es sich lohnt, in Sachen Energieeffizienz genauer hinzusehen. Häufig lassen sich mit wenigen Ergänzungen auch Aussagen zur Effizienz im Umgang mit weiteren Ressourcen ableiten, zum Beispiel bei den Roh- und Hilfsstoffen. Einige konkrete Beispiele verdeutlichen, wo typische Energiefresser zu finden sind.

Qualität um jeden Preis
Bandtrockner sind weit verbreitet und verbrauchen große Mengen an Energie. Häufig ist die Heizleistung aber nicht optimal auf den Materialdurchsatz abgestimmt. Der Grund: Der Fokus bei der Planung einer Anlage liegt in der Regel auf der Produktqualität, nicht auf der Energieeffizienz. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich deshalb häufig, dass ein allzu großzügiger Puffer eingerechnet wurde, nach dem Motto: Hauptsache, die Qualität stimmt.
Nach einer solchen Analyse können durch Erhöhung des Durchsatzes eines Bandtrockners durchaus 10 bis 20 % des Energieverbrauchs eingespart werden. Und das mit denkbar wenig Aufwand: So könnte man die Bandauflage oder die Bandgeschwindigkeit erhöhen. Alternativ – oder auch zusätzlich – kann man versuchen, die vorgeschaltete mechanische Entwässerung mithilfe von Filterpressen zu optimieren, die den Wassergehalt des Produkts vor der Behandlung im Trockner verringern.
Produktion sinkt, Energieverbrauch nicht
Bandtrockner sind auch ein Beispiel dafür, was passiert, wenn Unternehmen ihre Produktionskapazität senken müssen: Anstatt proportional abzusinken, bewegt sich der Energiebedarf weitaus zögerlicher nach unten. So muss die Temperatur eines Bandtrockners kontinuierlich bei einem bestimmten Mindestwert liegen. Selbst ohne Materialdurchsatz ist dazu eine bestimmte Leerlaufleistung nötig. Das heißt bei weniger Material, das getrocknet werden muss, erhöht sich der Energieverbrauch pro Tonne Produkt.
Um gegenzusteuern, kommen alle Maßnahmen in Betracht, die die Energieeffizienz des Trockners erhöhen, zum Beispiel Wärmerückführung aus der Abluft. Darüber hinaus lohnt es sich, das Thema bei der Produktionsplanung und der Belegung von Produktionslinien zu berücksichtigen.
Einfache Lösung teuer erkauft
Neben Wasserdampf ist Druckluft ein Medium, das in chemischen Anlagen unverzichtbar ist und das deshalb nahezu überall zur Verfügung steht. Doch genau darin liegt auch eine Gefahr: Es ist immer die einfachere Lösung, Druckluft aus einem bereits vorhandenen Leitungsnetz zu verwenden als nach einer Alternative zu suchen, für die man eigens Geräte in Betrieb nehmen muss. Und diese Geräte sind wiederum zu warten, haben ein bestimmtes Ausfallrisiko etc. Doch die einfachste Lösung ist nicht immer die beste, wie dieses Beispiel zeigt.
In einer Anlage wird ein pulveriger Stoff von einem Produktbunker in ein Silo befördert. Beim Bau der Anlage setzte man auf Druckluft (6 bar), um dies zu bewerkstelligen. Bei der Analyse zur Energieoptimierung wurde jedoch klar, dass der Fördervolumenstrom gegenüber der Verwendung von Druckluft auf ein Drittel reduziert werden kann. Dafür reichte ein einfacher Ventilator vollkommen aus. So einfach die Lösung ist, so durchschlagend war die Energieeinsparung: Durch den Ventilator konnte pro Jahr auf 5 Mio. Normkubikmeter Druckluft verzichtet werden. Dem gegenüber stand ein Stromverbrauch von nur 17 MWh für den Ventilator.
Auf dem Weg zur Ressourceneffizienz
Die akribische Suche nach den größten Energiefressern in einer chemischen Anlage ist die eine Seite der Energieeinsparung. Die Suche nach besseren Alternativen die andere. Und hier kommt das systematische Hinterfragen des Prozesses ins Spiel: Beim Verbrauch von Heizenergie und Waschmedien ist beispielsweise die Umstellung vom Batch- auf den Kontibetrieb eine äußerst wirksame Variante, die unter bestimmten Voraussetzungen durch den Einsatz von Mikroreaktionstechnik realisiert werden kann.
Mikroreaktionstechnik bietet weitere Eigenschaften, die die Energie- und Ressourceneffizienz einer Anlage voranbringen:
  • Gut kontrollierbare Parameter erlauben es, den Prozess in einem engen Fenster entlang der energetisch besten Fahrweise zu steuern.
  • Ebenso kann bei exothermen Reaktionen auf die Bereitstellung hoher Kühlleistungen verzichtet werden, die das Durchgehen der Reaktion verhindern sollen.
  • Für Wärmeab- und zufuhr werden kleinere Gradienten benötigt, das heißt es können entsprechend günstigere Medien eingesetzt werden (zum Beispiel Kondensat statt Dampf, Kaltwasser statt Sole etc.).
Besonders interessant ist im Hinblick auf Kosteneinsparungen die Möglichkeit, Bereiche der Reaktionsparameter Druck, Temperatur und Verweilzeit zu erschließen, in denen die Ausbeute wesentlich erhöht und der Reinigungsaufwand für das Endprodukt erheblich reduziert werden kann. Auch der Einsatz von Hilfsstoffen wie zum Beispiel Lösemitteln, die nach der Reaktion aufwendig abdestilliert werden müssen, lässt sich durch den Einsatz von Mikroreaktionstechnik entscheidend verringern.
Ein weiterer Vorteil ist die höhere Prozesssicherheit: Sie betrifft nicht unmittelbar den Ressourceneinsatz, schlägt sich aber deutlich in den Investitions- und Betriebskosten nieder. Gut kontrollierbare Parameter und homogene Bedingungen verhindern die Entstehung von Hot Spots und durch den geringeren Holdup befinden sich grundsätzlich geringere Mengen an gefährlichen Stoffen in der Produktionseinheit.
Prozesse weiterentwickeln
Bei solchen Änderungen ist unbedingt eine eigene Prozessentwicklung nötig. Da die Produktionsprozesse aber ohnehin beständig an den besten verfügbaren Technologien orientiert werden müssen, kann der energetische Vorteil ein weiteres Argument für einen solchen entschlossenen Schritt nach vorn sein. Und anstatt isoliert die Energie zu betrachten, lohnt es sich, den Blick auf die Verbesserung der Ressourceneffizienz zu weiten. Dies steigert nicht nur die Nachhaltigkeit des ganzen Unternehmens, sondern senkt auch die Kosten in deutlich größerem Umfang.

Stefan Authier
Leiter Energie- und Prozessmanagement,
Infraserv Gendorf
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