Hochgiftige Laugen, Säuren oder Solen aus Tanklagern in Gefahrguttransporter umzufüllen und umgekehrt, ist eine Aufgabe, die höchste Sicherheit und Präzision erfordert. Leckagen – beispielsweise in den Zu- und Abfuhrschläuchen oder den Verbindungsteilen – können für Mensch und Umwelt verheerende Folgen haben. So gelten für die einzelnen Komponenten der Abfüllanlagen Höchstanforderungen im Hinblick auf ihre Verschleißfestigkeit, chemische Beständigkeit und Belastbarkeit. Der Verbundwerkstoff WR 300 hat seine Eignung für diese sensible Branche unter Beweis gestellt.
Einer der führenden europäischen Chemiekonzerne in den Bereichen industrielle Biotechnologie und Feinchemie hatte vor einigen Monaten erhebliche Probleme mit einem zentralen Schwenkarm. Der überdimensionale, mechanische Arm, in den ein Spezialschlauch integriert ist, dient dazu, flüssige Chemikalien aus den Tanks abzusaugen und in LKWs einzufüllen – oder umgekehrt. Er erleichtert Mitarbeitern das Handling des bis zu 150 kg schweren Schlauchs. Dieser ist mit Drehgelenken am Schwenkarm fixiert und kann mithilfe einer Spule auf- und abgewickelt werden. Die Verbindungsstücke zwischen Schlauch und Spule müssen starken Belastungen standhalten. Dazu gehören immer wiederkehrende, teils ruckartige Vorwärts-, Rückwärts-, Seitwärts- und Drehbewegungen sowie Aufzieh- und Aufrollphasen. Auch gegen einen versehentlichen Aufprall auf den Boden oder an die Wand eines Tanklagers muss das Material immun sein. Um die Flexibilität zu gewährleisten und das Gewicht des Schlauchs tragen zu können, ist der Aufroller im besagten Fall mit einem Kohlelager und einer Gleitringdichtung ausgestattet, die das Drehen des Schlauchs möglich machen, ohne dass dabei Flüssigkeit austritt. Das Lager begrenzt aber auch das radiale Spiel der Gleitringdichtung. Doch genau hier lagen die Probleme.
Schwachstellen
Aus Montagegründen bestand das Lager aus zwei geteilten Ringen und konnte deshalb nicht eingepresst werden. Der dadurch entstehende kleine Spalt am Außendurchmesser wäre im Normalfall kein Problem gewesen. Das Kohlelager war aber nicht schlag- und stoßfest genug, so dass bei einem Aufprall Stücke des Lagerwerkstoffs absplitterten und sich zwischen Gleitringdichtung und Kohlelager festsetzten. Dies hatte zur Folge, dass das nicht eingepresste Lager mit der Gleitringdichtung zu rotieren begann. Bereits nach wenigen Wochen traten Leckagen auf, die MTBF belief sich lediglich auf zwei Wochen bis zwei Monate. Es kam erschwerend hinzu, dass niemand vorhersehen konnte, wann genau die Gleitringdichtung das nächste Mal versagen würde – ein erheblicher Unsicherheitsfaktor für den Anlagenbetreiber.
Lösung
Die Werkstoffspezialisten von Greene, Tweed tauschten das Kohlelager gegen ein WR300-Lager aus. Bauteile aus WR-Werkstoffen sind aufgrund ihrer hohen Verschleißfestigkeit und chemischen Beständigkeit, starken Belastbarkeit sowie Schlagzähigkeit eine Alternative zu Metall und Kohle. Sie kommen als Laufringe und Lager in vielen Industrieanlagen zum Einsatz. Im konkreten Fall des Schwenkarms wird die radiale Bewegung der Gleitringdichtung jetzt durch den Minimalabstand des WR-Lagers von 0,12 mm begrenzt und damit auch die Gefahr von Leckagen reduziert. Der Materialwechsel hatte also für den Anlagenbetreiber gleich mehrere Vorteile:
- Erhöhung der MTBF von zwei Wochen auf sieben Monate
- Optimierung der Zuverlässigkeit des Schwenkarms, somit geringere Wartungs- und Stillstandskosten
- Reduzierung des Verletzungsrisikos durch austretende Chemikalien oder Dämpfe
cav 459
Hochleistungs- verbundwerkstoff
WR 300 ist ein aus kurzen Kohlefasern und PEEK bestehender Verbundwerkstoff. Die Herstellung erfolgt über ein isostatisches Pressverfahren. Dieses Material wurde gezielt für Pumpenanwendungen in der chemischen und petrochemischen Industrie entwickelt. WR 300 zeichnet sich vor allem durch folgende Materialeigenschaften aus:
- Sehr gute tribologische Eigenschaften
- Abriebsfest: kein Fressen mit rotierenden Teilen
- Gute Notlaufeigenschaften
- Hohe mechanische Festigkeit und somit unempfindlich gegen Schläge und Stoßbelastungen
- Einsatzfähig bis 135 °C (275 °F) bei eingepressten Teilen
- Breite chemische Beständigkeit
- Hohe Hydrolyse- und Korrosionsbeständigkeit
Mehr Informationen zu WR-Werkstoffen
Pumps & Valves 2006, Antwerpen
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