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Wartung spart bares Geld

Energieeffizienz von biologischen Kläranlagen
Wartung spart bares Geld

Jede biologisch arbeitende Kläranlage benötigt für die Sauerstoffversorgung des Belebungsbeckens eine Druckluftstation. Diese Station arbeitet aber nur dann mit höchstmöglicher Energieeffizienz, wenn ein erhöhter Anlagendruck durch das nachgeordnete System, überhöhte Ansaugtemperaturen durch unzureichende Be- und Entlüftung und/oder erhöhte Betriebsstunden durch unzureichende Wartung ausgeschlossen sind.

Autor Norbert Barlmeyer Freier Journalist

Die folgenden Praxisbeispiele aus dem Bereich biologisch arbeitender Kläranlagen zeigen, dass viele Kriterien die Energieeffizienz eines Gebläses negativ beeinflussen und zu ganz erheblichen Energiemehrkosten führen können. Berechnet wurden die jährlichen Mehrkosten jeweils für ein mittelgroßes Gebläse. Da Druckluftstationen in Kläranlagen aber aus bis zu vier und mehr Einzelanlagen bestehen können, summiert sich der Energiemehraufwand schnell zu mehreren Zigtausend Euro pro Jahr.
Erhöhter Anlagendruck
Jedes Gebläse wird vor der Auslieferung auf einen vordefinierten Druck eingestellt. Die auf diesen Druck verdichtete Luft wird dann zumeist über eine Ringleitung mit mehreren Stichleitungen zu den im Becken verlegten Ausströmern geführt. Voraussetzung für einen optimalen Betrieb sind unter anderem korrekt angesteuerte Blendenregulierschieber am Eintritt in das Becken. Falsch eingestellte Schieber führen schnell zu einem erhöhten Druck im Zuleitungsnetz, sodass die Verdichter dann gegen einen höheren Druck arbeiten müssen, wodurch die Energiekosten sofort steigen. Aber noch ein zweites Argument ist wichtig: Die Blendenregulierschieber werden über eine Druckkonstanthaltung angesteuert, sodass die Zuleitungen automatisch geschlossen werden, sobald der geforderte Sauerstoffgehalt im Becken erreicht ist. Die oftmals frequenzgeregelten Gebläse werden nach dem Schließen des Schiebers zeitverzögert heruntergefahren. Bei einer zu lange eingestellten Verzögerungszeit laufen die Gebläse dann zunächst weiter in Volllast gegen die geschlossenen oder teilweise geschlossenen Schieber mit der Folge, dass die Luft über die Druckventile entweicht. Das führt nicht nur zu Luftverlusten, im Extremfall kann ein erhöhter Gegendruck sogar zur Beschädigung und zur Zerstörung der Druckventile und der Gebläsestufen führen.
Der Gegendruck kann aber auch steigen, wenn die Ausströmer im Becken durch chemische Bestandteile im Abwasser gealtert sind. Oder wenn sich die Rohrleitungen und/oder Ausströmer im Lauf der Zeit zugesetzt haben, weil die Druckschalldämpfer der Drucklufterzeuger mit Adsorptionsmaterial ausgekleidet sind, das sich mit der Zeit löst und dann über das Netz in das System eingetragen wird.
Bei Aerzener Drehkolbengebläsen ab Baujahr 1995 und bei den Aerzener Drehkolbenverdichtern der Baureihe Delta Hybrid besteht diese Gefahr jedoch nicht, weil bei diesen Anlagen der Grundträger als Pulsationsschalldämpfer ausgebildet ist und die Geräuschreduzierung durch Luftumlenkungen und nicht durch Adsorptionsmaterial erreicht wird.
Ein praktisches Rechenbeispiel soll zeigen, welche Strommehrkosten entstehen, wenn der Druck bei einem auf 500 mbar ausgelegten Drehkolbengebläse durch die zuvor geschilderten Entwicklungen um nur 50 mbar auf 550 mbar steigt. Als Verdichter wurde ein Aerzener Drehkolbengebläse GM 30 L gewählt. Durch die Erhöhung der Klemmleistung von 37,26 kW (bei 500 mbar) auf 40,47 kW (bei 550 mbar) entstehen bei einer Laufzeit von 5000 Bh/a und einem Strompreis von 0,18 c/kWh beachtliche Energiemehrkosten von fast 2900 Euro pro Jahr und Verdichter.
Überhöhte Temperatur der Ansaugluft
Da die Luft für Verdichtung und Kühlung eines Gebläses in biologisch arbeitenden Kläranlagen in vielen Fällen aus dem Aufstellungsraum entnommen und nicht über Zuluftkanäle den Verdichtern direkt von außerhalb des Raumes zugeführt wird, beeinflußt die Raumtemperatur sehr wesentlich die Energiebilanz der Anlage. Eine erhöhte Raumtemperatur entsteht,
  • wenn die Be- und Entlüftungsöffnungen falsch positioniert und/oder zu klein sind,
  • wenn die Luftführung nicht durch thermostatgesteuerte Ventilatoren unterstützt wird, oder wenn deren Leistung nicht ausreicht,
  • wenn das Dach des Kompressorenraumes nur unzureichend gegen intensive Sonneneinstrahlung gedämmt ist
  • und wenn die Druckluftleitungen innerhalb der Station nicht oder nur unzureichend isoliert sind.
Mit der Erhöhung der Raumtemperatur steigt nicht nur die Temperatur der zu verdichtenden Luft. Sie führt auch zu einer erhöhten Drucklufttemperatur und damit zu einem verringerten Sauerstoffgehalt der Druckluft, zu einem schlechteren Befüllungsgrad und zu einer schlechteren Kühlung der Verdichter. Alle Kriterien haben nur eine einzige Konsequenz: der Verdichter muss länger arbeiten, um die benötigte Sauerstoffmenge zu fördern. Das führt zwangsläufig zu steigenden Energiekosten. Als Faustformel gilt: ein Anstieg der Ansaugtemperatur um 3 °C bewirkt einen Energiemehraufwand von ca. 1 %.
Unzureichende Wartung
Nachteilig auf die Energiebilanz eines Drehkolbengebläses kann sich aber auch eine nicht den Vorgaben des Herstellers entsprechende Wartung auswirken. Ein klassisches Beispiel ist das defekte Druckventil. Wenn ein Gebläse z. B. für einen Höchstdruck von 500 mbar bestellt wird, wird das Druckventil auf einen um 50 mbar erhöhten Druck eingestellt. Sobald der Druck durch erhöhte Widerstände im Bereich der Druckluftanwendung auf 550 mbar ansteigt, spricht das Druckventil an. Durch das ständige Ansprechen des Druckventils wird die Dichtlippe der Ventilglocke zerstört, sodass während des Betriebs Förderluft – sogenannte Leckluft – ausströmen kann. Diese Leckluft reduziert die Liefermenge des Gebläses und damit die Einleitungsmenge des Sauerstoffs in das Belebungsbecken.
Dieser Leckluftverlust kann nur durch verlängerte Laufzeiten des Gebläses ausgeglichen werden (gleiche Sauerstoffmenge), was zwangsläufig zu einem erhöhten Energieaufwand führt. Bei einem angenommenen gleichbleibenden Anlagendruck von 500 mbar steigt die Klemmleistung bei einem GM 30 L durch die verlängerte Laufzeit pro Gebläse von 29,71 um 7,55 auf 37,26 kW. Dieser Anstieg erfordert pro Verdichter und Jahr einen Mehraufwand an elektrischer Energie in Höhe von 6795 Euro.
Fazit
Alle drei Beispiele wurden jeweils nur für einen einzigen Verdichter und mit praxisbezogenen Werten gerechnet. Die dargestellten Argumente und Berechnungen sollen den Betreiber einer biologisch arbeitenden Kläranlage lediglich sensibilisieren und einen Hinweis dafür geben, welche Kosten entstehen, wenn die geschilderten Ursachen nicht beachtet und deshalb auch nicht korrigiert werden. Das beginnt schon bei einem mit Tiefenfiltration arbeitenden Luftfilter auf der Ansaugseite des Gebläses. Wenn dieser Luftfilter, nur um vielleicht 50 Euro zu sparen, nicht ausgetauscht, sondern von Zeit zu Zeit nur ausgebaut, unzureichend ausgeblasen und dann wieder eingebaut wird, steigt bereits der Energiebedarf des Verdichters. Als Faustformel gilt: eine Reduzierung des Druckes auf der Ansaugseite um 10 mbar reduziert die Energiekosten um ca. 1 %. Steigende Energiekosten durch erhöhten Anlagendruck durch nachgeschaltete Systeme, durch erhöhte Temperaturen der angesaugten Luft und durch erhöhte Laufzeiten der Aggregate durch defekte Druckventile lassen sich am besten vermeiden, wenn alle Gebläse vorschriftsmäßig durch die Service-Abteilungen des Herstellers und/oder des Betreibers gewartet werden. Denn schließlich betragen die Energiekosten eines Verdichters – bezogen auf dessen lange Laufzeit – bis zu 90 % der Gesamtkosten der Anlage. Und nur ca. 10 % entfallen auf die Investitions- und Wartungskosten.
prozesstechnik-online.de/cav0114401
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