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Digitalisierung im Hochregallager und Warenausgang

Warenumschlag auf Knopfdruck
Digitalisierung im Hochregallager und Warenausgang

Das Hochregallager und der Warenausgangs im Nestlé-Werk in Biessenhofen wurde mit Automatisierungskomponenten von Siemens modernisiert. Die Logistiklösung illustriert das Potenzial der Digitalisierung auf Basis durchgängiger Kommunikations-und Automatisierungslösungen.

Eilert Klatt, Projektleiter bei der Nestlé Deutschland AG in Biessenhofen ist fasziniert, „wenn unterschiedliche Waren aus dem Hochregallager auf Knopfdruck automatisch im Lkw verladen werden.“ Auf Knopfdruck bedeutet dort seit Februar 2021, dass auf einen manuellen Transport vom Hochregallager in den Sattelzug komplett verzichtet wird. „Diese Logistiklösung bestätigt auch die unglaublichen Möglichkeiten der Digitalisierung auf Basis durchgängiger Kommunikations- und Automatisierungslösungen“, betont Stefan Endrizzi, verantwortlicher Projektleiter bei Siemens.

Zum Projektstart, ca. 15 Monate vor der Inbetriebnahme, waren sich Generalunternehmer und Auftraggeber einig, dass im Zuge der Modernisierung des Hochregallagers sowie des Warenausgangs im über 100 Jahre alten Nestlé-Traditionswerk in Biessenhofen eine Logistiklösung mit Zero Touch Loading realisiert werden sollte. Natürlich ist eine vollautomatische Beladung von Lkw nichts grundlegend Neues; in Biessenhofen sollte sie allerdings im Vergleich zu anderen Systemen für „neutrale“ Lkw ausgelegt sein.

Mehr Ein- und Auslagerungen

Mit einer Betriebsdauer von etwa 40 Jahren gehört das Hochregallager in Biessenhofen zu den ältesten im Nestlé-Konzern. Ziel der Modernisierung war, die Effizienz der Ein- und Auslagerung von Paletten signifikant zu erhöhen. Hierzu wurde die Fachhöhe der beiden 65 m langen und 23 m hohen Gassen auf 2,40 m erweitert. Daran passte Siemens seine Regalbediengeräte an und schaffte es so, die bisherige Geschwindigkeit der Ein- und Auslagerung um den Faktor vier zu steigern. Ein Grund dafür waren die frequenzgeregelten, hochdynamischen Motion Control Systeme der Sinamics-S120-Baureihe. In Verbindung mit dem Lagerverwaltungssystem Intralog WMS ließ sich der gesamte Warenumschlag optimieren.

Von den knapp ein Dutzend Produktionslinien gehen die Artikel direkt ins Hochregallager. Von dort wird die Ware über den Lagerverwaltungsrechner abgerufen und über Transportstrecken dem Warenausgang zugeführt. Zum Retrofit-Projekt „Vollautomatischer Warenausgang“ gehörte nämlich auch die Vorgabe, dass die Verweildauer der Paletten im Hochregallager unter 24 Stunden liegen sollte. „Insofern waren auch bei den sonstigen Strecken zum Warenausgang nachhaltige Lösungen in Bezug auf Automatisierungsgrad und Umschlagleistung notwendig“, betont Endrizzi. Allein für die Paletten-Fördertechnik der Euro- und Industriepaletten wurden etwa 140 Getriebemotoren mit aufgesetzten Frequenzumrichtern der Baureihe G110M eingesetzt, die über Profinet signaltechnisch vernetzt wurden.

Parametrierung auf Knopfdruck

Mithilfe eines entsprechenden Tools konnten die betreffenden Frequenzumrichter quasi auf Knopfdruck parametriert werden. Anders als man es sonst kennt, erhielten die Geräte nicht nacheinander manuell die notwendigen Eingaben, sondern en bloc im 1-Klick-Verfahren von der Steuerung. Durch die hinterlegte Topologie wird auch der Betrieb bzw. der Service vereinfacht. Würde ein Profinet-Teilnehmer ausfallen und müsste ausgetauscht werden, dann wird dem neuen Teilnehmer direkt die Position in der Anlage, die Aufgabe und die Parametrierung übermittelt. Das heißt, das Austauschen von Komponenten erfolgt Plug-and-play.

Drei leistungsfähige Steuerungen

In der Anlage sind drei Simatic-S7-1500F-Steuerungen installiert. Die eine übernimmt für die gesamte Logistikanlage die notwendige Datenverarbeitung. Die anderen beiden sind jeweils für die Steuerung eines der beiden Regalbediengeräte zuständig. Die Signalverarbeitung wird mithilfe der dezentralen Peripherie ET 200SP von Siemens durchgeführt und digital über Profinet an die Rechner übermittelt. „Gerade bei vollautomatischen Logistiklösungen spielen Signalgenerierung und -auswertung eine entscheidende Rolle“, erklärt Klatt. Denn nicht nur die Auslagerung gemäß Lagerverwaltungsrechner, sondern auch die logische Anordnung der einzelnen Paletten nach Größe, Gewicht, Produkt und Lieferadresse müssen perfekt passen.

Schließlich gibt es zwischen Hochregallager und Abfahrt der vollständig beladenen Lkw an den beiden Verladestellen im Warenausgang keinerlei manuelle Arbeitsschritte mehr. „Für die dazu notwendige Systemprogrammierung haben unsere Logistikexperten zusammen mit den Siemens Spezialisten viel Erfahrung und Detailwissen mit eingebracht“, verrät Klatt. Das hatte selbst auf die Materialstammdaten positive Einflüsse, was den Logistikprozessen zusätzlich höhere Effizienz verleiht. So gibt es beispielsweise typische Aufgaben wie das Anbringen und das Überprüfen von Transportlabels an den komplett konfektionierten Paletten bei Nestlé in Biessenhofen nicht mehr.

Ausschlaggebend für die Realisierung des vollautomatischen Logistiksystems, das sowohl für Euro-Paletten als auch nicht standardisierte Industriepaletten ausgelegt ist, war der Wunsch von Nestlé, die Logistikkosten zu straffen. Außerdem wurden weitere Präventivmaßnahmen definiert, die einen weiterreichende Schutz der Mitarbeiter und Anlagen zum Ziel haben. Und zu guter Letzt standen die Compliance-Vorgaben des Konzerns bezüglich Lagerung und Transport von Waren im Fokus.

Lkw-Beladung in nur drei Minuten

Gelöst wurde die Aufgabe der Lkw-Beladung mithilfe von zwei sogenannten Logispeed-Expressloadern von der Complete Logistics Systems international GmbH (CLSi) in Leer. Andi Münder, Projektportfolio-Manager des Mittelständlers aus Ostfriesland, berichtet: „Bei 2,40 m maximaler Palettenhöhe und ihrer teils unterschiedlichen Anordnung müssen viele Eventualitäten berücksichtigt werden, damit die Skates – also die Hubgabeln – problemlos und zügig in den Lkw fahren können.“

Nach dem Vermessen von Ladefläche und Ladung positionieren sich die beiden Expressloader mit den Skates für den Verladevorgang selbst. Es sind keine Einbauten im Lkw-Trailer und am Andocktor erforderlich, da die Expressloader mit integrierter Sensortechnik ausgestattet sind. Während des gesamten Verladevorgangs richten sie sich zum Trailer aus und passen sich den Gegebenheiten an. Die für das passgenaue Zusammenstellen der Paletten und das problemlose Einfahren der Ladung notwendigen Daten werden vom Expressloader an die angrenzende Fördertechnik übergeben. Dazu hat Siemens das autark arbeitende Subsystem in die Topologie der Simatic-Steuerungen integriert. Stehen alle Ladeparameter auf „go“, wird die gesamte Lkw-Ladung in einem Vorgang (One-Touch-Beladung) innerhalb von nur drei Minuten in den Lkw geschoben. Setzt man zum Vergleich eine konventionelle Beladung mit Stapler oder Hubwagen von etwa 45 Minuten pro Lkw entgegen, so erweist sich die vollautomatisierte Variante um den Faktor 15 effizienter.

So lassen sich rund vier Dutzend Fahrzeuge täglich an nur zwei Rampen beladen. CLSi hat die automatische Verladetechnik in Eigenverantwortung montiert und in Betrieb genommen. Es gibt im Gesamtprozess eine zentrale Steuerung des Materialflusses über Siemens. „Während früher alle Laderampen für den Warenein- und -ausgang genutzt wurden“, erläutert Klatt, „ordnen wir nun die Vorgänge eindeutig zu und können dadurch die interne Warenlogistik spürbar optimieren.“

Der neue vollautomatische Warenausgang im Nestlé-Werk Biessenhofen läuft im 24/7-Betrieb. Er zeigt exemplarisch, welches Potenzial für Effizienzsteigerungen allein im Warenausgang vorhanden ist. Klatt spannt den Bogen sogar noch weiter: „Dieses Modernisierungsprojekt hatte auch positive Auswirkungen auf den gesamten Werksbetrieb.“ Was nämlich früher einen vergleichsweise hohen Abstimmungsbedarf unter den Mitarbeitern benötigte, erledigt das vollautomatische Automatisierungssystem nun auf Knopfdruck.

Logistiklösung aus einem Guss

Bei der Modernisierung der Intralogistik im Nestlé-Werk in Biessenhofen kam zum ersten Mal das Lagerverwaltungssystem Intralog WMS von Siemens zum Einsatz. Aus der Kombination mit den Automatisierungs- und Antriebstechnikkomponenten des Unternehmens ergaben sich zahlreiche Vorteile.

Außerdem konnte Siemens aufgrund der Systemdurchgängigkeit die beiden Expressloader von CLSi ohne Weiteres in die Automatisierungstopologie integrieren. Und das i-Tüpfelchen bildeten die von Siemens eigens und mit hohem Aufwand für Nestlé erstellten „Quick References Cards“. Das sind knapp zwei Dutzend Videosequenzen zu Betrieb und Service der gesamten Anlage, die von den Mitarbeitenden aus der Nestlé-Datenbank aufgerufen werden können – und damit entsprechende Unterstützung leisten. Für Klatt unterstreicht diese neue Form der Informationsvermittlung das hohe Engagement von Siemens.

Siemens AG, Nürnberg

Halle 11.0, Stand 100


Autor: Karl Heinz Gauglitz

Regional Account Manager Nestlé Deutschland,

Siemens


Autor: Rifki Winanto

Marketing Manager Food and Beverage,

Siemens

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