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Herstellerunabhängig und softwarezentrierte Automatisierung

Gewappnet für Industrie 4.0
Herstellerunabhängig und softwarezentrierte Automatisierung

Herstellerunabhängig und softwarezentrierte Automatisierung
Die herstellerunabhängige und softwarezentrierte Automatisierung bietet für die Lebensmittelindustrie Vorteile, insbesondere gestaltet sich dadurch das Engineering einfacher Bild: xiaoliangge – stock.adobe.com
Lebensmittelhersteller müssen heute schnell auf eine schwankende Nachfrage, Lieferengpässe oder Ausfälle reagieren können. Dafür sind eine durchgängige digitale Vernetzung und intelligente Softwareanwendungen notwendig. Außerdem bedarf es Strukturen, die sich unkompliziert verändern, weiterentwickeln oder modernisieren lassen. Der Ansatz einer herstellerunabhängigen und softwarezentrierten Automatisierung bietet hierzu Möglichkeiten.

Zwar ist das Digitalisierungsniveau in der Lebensmittelindustrie zuletzt weiter gestiegen, doch nur etwa jeder fünfte Betrieb hat seine Produktion im Sinne des Industrial Internet of Things (IIoT) vernetzt. Fachkräftemangel, Investitionskosten und die mangelnde Interoperabilität verschiedener Steuerungssysteme gelten als Haupthindernisse für eine vertiefte Vernetzung von IT (Information Technology) und OT (Operative Technology). Die vollen Potenziale von Industrie 4.0 lassen sich so nicht nutzen.

Die Logik, nach der die mechatronischen Komponenten einer Anlage orchestriert werden, folgt heute noch immer einer vor über 50 Jahren, mit Erfindung der SPS-Steuerung etablierten Grundidee. Während die technologische Entwicklung in Bereichen wie Robotik, Software oder Datenübertragung seither rasant vorangeschritten ist, hat sich an diesem grundlegenden Automatisierungsansatz wenig geändert. Gleichzeitig haben sich unzählige proprietäre und herstellerspezifische Ausgestaltungen herausgebildet, die sich in den meisten Fällen unvereinbar gegenüberstehen. Steuerungen unterschiedlicher Hersteller sind weder miteinander interoperabel, noch können Softwareanwendungen generationen- oder anbieterübergreifend portiert werden. Was in der IT-Welt längst üblich ist, ist in der Automatisierung noch Zukunftsmusik.

Die Folge: Auch was die verbaute Hardware angeht, scheint die Zeit in vielen Betrieben der Lebensmittelindustrie stehengeblieben zu sein. Wegen der Restriktionen proprietärer Steuerungssysteme wäre eine Modernisierung mit enormem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Ohne längere Stillstände oder Produktionsausfälle ließe sich das nicht machen. Ein Dilemma, da die zeitnahe Umstellung auf neue Hardwarekomponenten zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit oft unvermeidlich ist. Kein Wunder also, dass ein wirklich herstellerunabhängiger Automatisierungsansatz, bei dem es eine von der Hardware abstrahierte Softwareschicht gibt, Vorteile für Endkunden, Maschinenhersteller und Systemintegratoren bietet.

Funktionsblöcke für Anwendungen

Für die herstellerunabhängige Automatisierung von Gebäudefunktionen oder Industrieanlagen existiert bereits ein passender Standard – die Norm IEC61499. Im Gegensatz zur momentan meist gängigen IEC61131 wird darin folgender Ansatz vorgeschlagen: Die Steuerungslogik ist nicht länger Sache eines zentralen Controllers, sondern die Programmstrukturen können frei auf sämtliche mit einer CPU (Central Processing Unit) ausgestatteten Feldgeräte aufgeteilt werden. Gemäß IEC61499 wird dabei kein verfahrensorientierter, sondern ein objektorientierter Automatisierungsansatz verfolgt, bei dem mit herstellerunabhängigen und für andere Projekte leicht wiederzuverwendenden Softwareobjekten gearbeitet wird. Diese Softwareobjekte, sogenannte Funktionsblöcke, bilden je nach Bedarf entweder einzelne Devices, zum Beispiel einen Motor, oder zusammenhängende Anwendungen, zum Beispiel eine ganze Abfüllanlage, mit ihren jeweiligen Aspekten ab. Zu diesen Aspekten gehören Steuerungslogik, Visualisierung, Ein- und Ausgänge, Test und Simulation, Dokumentation oder der Kommunikationspfad. Dass all diese Aspekte in einem Softwareobjekt gekapselt werden können, schon bevor der Engineeringprozess beginnt, hat zur Folge, dass sich die Arbeitsschritte Programmierung und Engineering nun deutlicher voneinander unterscheiden. Insbesondere das Engineering gestaltet sich erheblich einfacher. Zudem wird die herstellerunabhängige Wiederverwendbarkeit der Softwareobjekte dadurch erleichtert, dass bei IEC61499 keine globalen Variablen zur Anwendung kommen.

Runtime und Buildtime

Vereinfacht gesagt wird mit IEC61499 also möglich, was in der IT-Welt schon längst zum Standard gehört. Solange einzelne Komponenten mit CPU ein gemeinsames Betriebssystem teilen, lassen sich sämtliche für dieses Betriebssystem entworfenen Anwendungen völlig unabhängig von der eingesetzten Hardware nutzen. Ein Funktionsbaustein für eine Waagen- oder Pumpenanwendung kann in diesem Sinne einmal programmiert und dann per Plug-and-produce in jede beliebige Anlage implementiert werden, egal, von welchem Hersteller die eingesetzte Hardware stammt. Da die Software somit nicht länger an eine spezifische SPS-Steuerung gekoppelt bleibt, sondern auch für neue Generationen oder Modelle anderer Hersteller wiederverwendet werden kann, reduziert sich der Aufwand bei Hardware-Upgrades immens.

Ende 2021 haben sich Industrieunternehmen, Hersteller, OEMs, Systemintegratoren und Universitäten zur Universalautomation.Org zusammengetan. Die unabhängige Non-Profit-Organisation verwaltet und pflegt die Referenzimplementierung einer auf IEC61499 basierenden Runtime-Umgebung, die sozusagen als hardwareübergreifendes Betriebssystem für Automatisierungskomponenten fungiert. Für die Modellierung von automatisierten Anwendungen mithilfe von Funktionsblöcken braucht es dann noch ein Engineering-Tool (Buildtime). Schneider Electric, Gründungsmitglied der Universalautomation.Org, hat bereits 2020 das Engineering-Tool Ecostruxure Automation Expert auf den Markt gebracht, das es ermöglicht, hardwareunabhängig und softwarezentriert zu automatisieren. In der Softwareumgebung von Ecostruxure Automation Expert lassen sich die in Funktionsblöcken gekapselten Devices oder Anwendungen grafisch zu beliebig komplexen Anlagen zusammenschalten. Die Querkommunikation zwischen einzelnen Steuerungen wird dabei selbstständig konfiguriert.

Frühzeitig die Weichen stellen

Ein Automatisierungsparadigma, wie es in IEC61499 beschriebenen wird, ist immer mit einem grundlegenden Kultur- oder Mentalitätswandel verbunden – und der passiert nicht von heute auf morgen. Aber die Weichen können frühzeitig gestellt werden. Denn auch in Bestandsanlagen lässt sich mit relativ geringem Aufwand von den Fähigkeiten des Softwaretools Ecostruxure Automation Expert profitieren. Beispielsweise können die verschiedenen in einer Anlage verbauten Steuerungen samt Daten in einer einheitlichen Softwareumgebung zusammengeführt werden. Damit fungiert Ecostruxure Automation Expert als Vernetzungskonzept, das im Sinne des IIoT auch Daten herstellerheterogener Maschinenlandschaften zusammenführt und für intelligente Softwareservices bereitstellt – etwa ein Line-Monitoring-System. Ist erst einmal eine hardwareunabhängige Automatisierungsschicht eingeführt, erleichtert und beschleunigt dies spätere Upgrades oder Modernisierungen. Darüber hinaus können zusätzliche oder verbesserte Softwareanwendungen wie aus einer Art App-Store heruntergeladen und in die Anlage implementiert werden. Noch ein weiterer Effekt stellt sich ein: Wird ein Softwaretool wie Ecostruxure Automation Expert bereits jetzt in einer Anlage installiert – wenn auch mit zunächst beschränkter Funktionalität – ist es möglich, das technische Personal nach und nach im Sinne des neuen Automatisierungsparadigmas zu schulen.

Schneier Electric GmbH, Ratingen


Autor Reinholt Schlechter

Segment Manager F&B,

Schneider Electric

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