Fertigpulver für Säuglingsnahrung wird aus Milch und pflanzlichen Rohstoffen sowie verschiedenen Zusätzen hergestellt. Um die passende Menge Pulver in eine Verpackung abzufüllen, kommen in der Regel Schneckendosierer zum Einsatz. Diese sorgen dafür, dass immer die richtige Menge des Pulvers in die direkt angeschlossene Schlauchbeutelmaschine gefördert wird. Dort werden die Verpackungen hermetisch dicht verschlossen, zum Beispiel mit einer Heißsiegelnaht oder mittels Folienschweißen. Das System ist so konstruiert, dass sich das Pulver stets innerhalb des geschlossenen Systems befindet. Kontaminationen, die aus der Umgebung der Produktionsanlage in das Pulver gelangen, sind so praktisch ausgeschlossen.
Dennoch sind nicht alle Gefahren automatisch gebannt. Auch physikalische Kontaminationen, die aus dem Inneren der Maschine in das Pulver gelangen, sind zu vermeiden. Eine der potenziellen Gefahrenquellen ist der Schneckenförderer selbst. In dessen Inneren dreht sich die Förderschnecke in einem Trichter, der in das sogenannte Formatrohr mündet, um so das Pulver zu transportieren. Bei einer Unwucht der sich drehenden Teile kann die Förderschnecke an der Innenwand des Formatrohrs streifen. Dies kann daher rühren, dass eine zu hohe Feuchtigkeit des Pulvers zu Klumpenbildung, Anhaftungen an der Förderschnecke oder am Rohr führt. Eine zweite Möglichkeit ist eine zu hoch eingestellte Drehzahl. Durch die Reibung der Metallteile aneinander kann es dazu kommen, dass sich Metallspäne von der Schnecke lösen und in das Pulver gelangen.
Alternative zu Metalldetektoren
Im HACCP-Konzept stellt die Kontamination der Säuglingsnahrung mit Metallspänen einen kritischen Kontrollpunkt dar, der im Rahmen eines Risikomanagements untersucht werden muss. Die Standardmethode der Qualitätssicherung, die in der Vergangenheit fast ausschließlich verwendet wurde, ist die Überprüfung der fertig verpackten Beutel mit einem Metalldetektor. Der Nachteil dieser Methode ist, dass die Überprüfung vergleichsweise lange dauert. Wenn tatsächlich Metallspäne detektiert werden, muss im Zweifel eine gesamte Produktionscharge vernichtet werden.
Ein international tätiger Lebensmittelkonzern suchte nach einer alternativen Methode, um das HACCP-Konzept an dieser Stelle anzupassen. Fündig wurden die Verantwortlichen bei der ifm Eletronic, die mit den Application Solutions maßgeschneiderte Systeme für die Zustandsüberwachung von Maschinen anbietet. Die Systeme sind Komplettlösungen aus Sensoren, Diagnoseelektronik und einem Industrie-PC, auf dem bereits die notwendige Software installiert ist. Im Paket sind auch ein Netzteil sowie die notwendigen Kabel enthalten. Für die Application Solution für die Schneckenförderer wird ein Schwingungssensor verwendet, der am Schneckenförderer montiert wird. Dieser überwacht die gleichmäßige Förderbewegung des Antriebs. Kommt es zu einem Anstreifen der Förderschnecke, macht sich dies im Signal des Schwingungssensors sofort bemerkbar. Die angeschlossene Auswerteelektronik, die in der Regel in einem Schaltschrank montiert ist, erkennt das Anstreifen und kann einen Alarm auslösen und die Maschine sofort stoppen.
Sensor in Atex-Ausführung
Die Application Solution kann sehr einfach und in kurzer Zeit installiert und in Betrieb genommen werden. Der Anwender muss dazu keinerlei Know-how im Bereich Schwingungsanalyse haben. Der Sensor wird einfach montiert und mit der Auswerteelektronik verkabelt. Da beim Umgang mit brennbaren Stäuben – und das trifft auch auf Milchpulver zu – immer eine Explosionsgefahr besteht, kommt in dieser Anwendung die Atex-Variante des Schwingungssensors zum Einsatz. Auf dem ebenfalls in der Application Solution enthaltenen Industrie-PC ist bereits eine einfach zu parametrierende Software installiert. Diese basiert auf dem LR-Smartobserver von ifm für die Zustandsüberwachung von Maschinen und Anlagen und kann beliebig skaliert werden. So lassen sich beispielsweise verschiedene Verpackungslinien auf einem einzigen Dashboard visualisieren. Die Mitarbeiter aus dem Qualitätsmanagement haben dadurch die komplette Anlage jederzeit im Blick und können so die Qualitätsanforderungen überprüfen. Auch das Alarmmanagement, das abhängig von den Zuständen verschiedene Alarme auslösen und bei Bedarf eskalieren kann, lässt sich sehr einfach konfigurieren.
Bei dem Hersteller der Säuglingsnahrung wurde das System so konfiguriert, dass es beim Erkennen eines Anstreifens der Förderschnecke den Schneckenförderer und die Schlauchbeutelmaschine sofort stoppt. Der Maschinenbediener kann den Schneckenförderer auch nicht direkt wieder in Betrieb nehmen. Dies kann nur ein autorisierter Mitarbeiter, der sich vorher davon überzeugen muss, dass die Störung behoben ist. Beim Einsatz des Smartobservers lässt sich jede Störung mit einem Zeitstempel protokollieren. Dadurch sind weitere Rückschlüsse auf die Ursachen möglich – Informationen, die im Rahmen des Qualitätsmanagements zu Optimierungen im Sinne des HACCP-Konzepts verwendet werden können. „Durch das schnelle Erkennen des Anstreifens der Schnecke am Formatrohr ist es uns gelungen, den Ausschuss von kontaminiertem Produkt deutlich zu senken und dadurch erhebliche Einsparungen zu realisieren“, sagt der Produktionsleiter des Unternehmens. Interne Audits haben die Zuverlässigkeit dieser Maßnahme im Rahmen des Risikomanagements eindeutig belegt. Der Säuglingsnahrungshersteller ist so überzeugt von dieser Lösung, dass er sie als Standard in seinem HACCP-Konzept aufgenommen hat. Auch die Maschinenbauer, die die Schneckenförderer und Verpackungsmaschinen liefern, müssen jetzt die Monitoring-Lösung implementieren.
Anbindung ans ERP-System möglich
Das einfach zu installierende Komplettpaket kann auch von Anwendern, die keine Erfahrung in der Schwingungsüberwachung und kein IT-Know-how haben, problemlos installiert und in Betrieb genommen werden. Durch die Skalierbarkeit lässt sich das System auch nachträglich noch erweitern, sodass eine komplette Industrie-4.0-Anwendung für das Qualitätsmanagement entsteht.
Für spezielle Anwendungsfälle, für die bisher keine Application Solution verfügbar ist, bietet ifm umfangreiche Dienstleistungen an. Diese reichen von der Installation und Inbetriebnahme bis hin zur Anbindung an ERP-Systeme. Die Anbindung an ein SAP-System kann beispielsweise durch die Softwarekomponente „Shop Floor Integration“ des Softwareherstellers GIB, der zur ifm-Unternehmensgruppe gehört, realisiert werden. Damit lassen sich Ereignisse und prozessrelevante Informationen aus der Application Solution vorverarbeiten und regelbasiert an das SAP-System weitergeben.
ifm Electronic GmbH, Essen
Bild: ifm
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