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Biokonservierung von Fleisch

Milchsäurebakterien zur Kontrolle der unerwünschten Ausgangsflora
Biokonservierung von Fleisch

Milchsäurebakterien werden traditionell in der Lebensmittelproduktion eingesetzt, für Milchprodukte ebenso wie für Fleisch und Gemüse. Sie verlängern zum einen die Haltbarkeit der Lebensmittel, zum anderen beeinflussen sie beispielsweise den pH-Wert, die Konsistenz oder die sensorischen Eigenschaften fermentierter Lebensmittel.

In letzter Zeit konzentrierte man sich beim Einsatz von Starterkulturen verstärkt auf den Konservierungsaspekt. Schlagworte sind dabei Bioprotektion, Biokonservierung oder Biokontrolle. Ziel ist es, die mikrobielle Entwicklung beispielsweise in Fleischprodukten zu kontrollieren, ohne jedoch die sensorischen Eigenschaften und sonstigen technologischen Qualitätsmerkmale zu ändern oder gar zu beeinträchtigen.

Milchsäurebakterien sind zu diesem Zweck besonders geeignet, zum einen weil sie als sogenannte GRAS-Organismen (Generally Recognized As Safe) eingestuft werden, und zum anderen in der Lage sind, eine Reihe von antibakteriellen Substanzen zu erzeugen. Zu diesen Metaboliten zählen Bacteriocine, aber auch organische Säuren, Wasserstoffperoxid, Diacetyl und Kohlenstoffdioxid. Keine dieser Verbindungen muss allein bereits eine vollständig hemmende Wirkung haben, doch zusammen oder bei Vorhandensein anderer hemmender Faktoren können sie zu einem Hürdeneffekt beitragen. Man geht davon aus, dass die Summe der konservierenden Faktoren zur vollständig hemmenden Wirkung führt.
Die Biokonservierung von Fleisch lässt sich entweder durch konkurrierende Mikroorganismen, durch Bacteriocinbildner oder durch eine Kombination beider Effekte erreichen.
Konkurrierende Bakterienstämme
Seit 1991 vermarktet die Christian Hansen A/S die Kultur Bactoferm B-2 (Lactobacillus sakei). Es handelt sich dabei um einen psychrotrophen, homofermentativen Stamm, der aus frischem vakuumverpacktem Rindfleisch isoliert wurde. Die Kultur wird für die Bioprotektion von Fleisch, das unter Vakuum oder in Packungen mit modifizierter Atmosphäre verpackt ist, empfohlen. L. sakei wurde wegen seiner Wachstumsfähigkeit bei 2 °C ausgewählt und konkurriert daher erfolgreich mit der psychrotrophen nativen Flora, die normalerweise dominiert und kühl gelagertes Fleisch verderben könnte. L. sakei baut Glukose und Saccharose ab, doch da die metabolitische Aktivität relativ gering ist, wird lediglich eine kleine Menge an Milchsäure gebildet. Darüber hinaus hat die Zugabe dieser Kultur keinen wesentlichen Einfluss auf die sensorische Qualität des Fleisches, da keine bedeutenden lipolytischen und proteolytischen Aktivitäten festgestellt wurden. Es war nicht möglich zu beweisen, dass der Stamm andere antibakterielle Substanzen wie etwa Wasserstoffperoxid oder Bacteriocine produziert. Folglich beruht die biokonservierende Wirkung von Bactoferm B-2 auf den konkurrierenden (andere Organismen am Wachstum hindernden) Eigenschaften. Durch eine große Inokulationsmenge (>5x10hoch6 KBE/g Produkt) von Bactoferm B-2 werden die leicht abbaubaren Nährstoffe schnell aufgebraucht, so dass das Wachstum der nativen Flora (Verderbniserreger, pathogene und harmlose Bakterien) gehemmt wird.
Die Kultur wurde an einer Reihe verschiedener Fleischprodukte mit positiven Ergebnissen getestet. Zu diesen Produkten zählten Kochschinken, Frankfurter Würstchen, Schinkenprodukte sowie frische Würste (Abb. 1). Die Tests bewiesen den hemmenden Effekt beispielsweise auf die pathogenen Stämme Listeria monocytogenes und Verderbnisbakterien wie Brochothrix thermosphacta sowie die native Flora von Milchsäurebakterien einschließlich gasbildender Milchsäurebakterien. Der hemmende Effekt zeigte sich in einem breiten Temperaturbereich (Abb. 2), was bedeutet, dass Bactoferm B-2 beispielsweise im Falle von Lagerung bei falscher Temperatur dazu beitragen kann, die mikrobiologische Qualität und Sicherheit eines Produkts sicherzustellen.
Bacteriocinbildende Bakterienstämme
Auf der IFFA im Mai 2001 wurde eine neue Variante der Bactoferm-Produktpalette eingeführt, Bactoferm B-SF-43, das aus dem Stamm Leuconostoc carnosum besteht. Dieser wurde vom dänischen Fleischforschungsinstitut in Roskilde isoliert und patentiert. Der Vorteil dieser Kultur besteht darin, dass sie neben ihrer konkurrierenden Wirkung in Lebensmitteln auch Bacteriocin produziert, wodurch ein bakterizider Effekt auf L. monocytogenes erzielt wird.
Die Kultur wurde parallel zu Bactoferm B-2 getestet, so z.B. in Kochschinken, Brühwurst und Bacon. Die Ergebnisse sind in Abbildung3 dargestellt. Bei den Produkten, bei denen L. monocytogenes ohne biokonservierende Kulturen angewendet wurde (Kontrolle), verlief das Listerienwachstum nicht so schnell wie in anderen Experimenten. Dennoch entwickelten sich Listerien. Wie zu erwarten, verlief das Wachstum bei 10°C schneller als bei 5°C. Wie aus Abbildung3 hervorgeht, wurde die Entwicklung von Listerien durch Bactoferm B-SF-43 gehemmt. Demzufolge kann ein bestimmter Grad an Sicherheit erzielt werden, wenn der biokonservierende Stamm mit den Grundsätzen der Guten Herstellungspraxis kombiniert wird. Zudem wird deutlich gezeigt, dass L. carnosum (Lc) die Menge von Listerien effizienter verringern kann als L. sakei (Ls).
Da Bacteriocine über eine Peptidstruktur verfügen, können sie durch das natürliche proteolytische System von Fleisch inaktiviert werden, zum Beispiel wenn sie rohem Fleisch direkt hinzugefügt werden. Aus diesem Grund ist es von Vorteil, metabolisierende Bakterienstämme, die während des Fermentationsprozesses Bacteriocine bilden können, einzusetzen, um einen hemmenden Effekt bei der Herstellung fermentierter Rohwurst zu erzielen.
In Kombination
Bactoferm F-LC ist ein Beispiel für eine Starterkultur, in der die herkömmlichen Merkmale der Starterkultur mit biokonservierenden Eigenschaften kombiniert wurden. Die Starterkultur besteht aus Pediococcus acidilactici, Lactobacillus curvatus und Staphylococcus xylosus. Die beiden zuerst genannten Stämme bilden Bacteriocine, Pediocin PA-1 bzw. Bavaricin A. Bei Pediocin PA-1 ist eine anti-listerielle Wirkung bekannt, während sich bei Bavaricin A sogar ein breiteres anti-listerielles Spektrum gezeigt hat. Die beiden Bacteriocin bildenden Stämme bewirken einen umfassenden hemmenden Effekt und die Bildung der jeweils größtmöglichen Bacteriocinmenge. Letzteres ergibt sich daraus, dass Bavaricin und Pediocin infolge eines Unterschieds im Wachstumsoptimum der beiden Bacteriocinbildenden Stämme zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Fermentationsprozess gebildet werden.
In Abbildung4 ist die Wirkung von P. acidilactici auf L. monocytogenes in einem Rohwurstversuch dargestellt. Durch Verwendung einer Variante von P. acidilactici, der kein Bacteriocin bildet, wird nur ein bakteriostatischer Effekt aufgrund der Säureproduktion erzielt. Andererseits zeigt ein bacteriocinbildender P. acidilactici eine signifikante bakterizide Wirkung auf L. monocytogenes. Diese Wirkungsweise wird durch die kombinierte Kultur gewährleistet und verbessert.
Zukunftsperspektiven
Die kommerzielle Nutzung von Milchsäurebakterien zur Bioprotektion wird immer noch als sehr neu angesehen, obwohl Forscher diese Technologie seit langer Zeit einsetzen – mit positiven Ergebnissen. Biokonservierende Kulturen mit einer technologischen Wirkung, die der von Bactoferm F-LC ähnelt, sind in Bezug auf Anwendung und Gesetzgebung unproblematisch. In der Praxis kann die Anwendung von biokonservierenden Kulturen jedoch Probleme aufwerfen. So sollten die Kulturen unter anderem nicht als Konservierungsstoffe und somit als allein wirksam eingestuft werden, sondern vielmehr als zusätzlich eingebaute Sicherheitsfaktoren und Teil des Hürdensystems eingesetzt werden. Darüber hinaus ist es bei verschiedenen Produkten eine anwendungstechnische Notwendigkeit, nach dem Erhitzen mit dem Einsatz der Kultur einen weiteren Herstellungsschritt einzuführen. Es sollte auch erwähnt werden, dass die Anwendung biokonservierender Kulturen auf Fleischprodukte wie Bacon, Lachsschinken, Brühwurst und andere erhitzte Fleischwaren nicht der allgemeinen Gesetzgebung für Starterkulturen unterliegt. Trotz dieser Einschränkungen nimmt nicht nur das Interesse an Kulturen für die Biokonservierung, sondern auch der Absatz dieser Produkte ständig zu.
Stand R85
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