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Milch- und Fleischersatzprodukte im Sensoriktest

Vergleich von Imitaten mit den tierischen Originalen
Milch- und Fleischersatzprodukte im Sensoriktest

Das Angebot an Milch- und Fleischersatzprodukten im Lebensmitteleinzelhandel wächst kontinuierlich. Doch können vegane und vegetarische Alternativen auch sensorisch mit ihren tierischen Pendants mithalten? Dieser Frage sind Studierende der Ökotrophologie an der Hochschule Anhalt gemeinsam mit Prof. Karsten Paditz, Studienrichtungsleiter Lebensmittelmanagement der Berufsakademie Sachsen, nachgegangen. Im Rahmen eines Projekts verglichen sie die sensorischen Profile von Milch- und Fleischersatzprodukten mit den Sensorikprofilen der tierischen Originale.

In den letzten Jahren zeichnet sich ein stetiger Trend zu einer bewussteren Ernährungsweise ab. So ist der Konsum von vegetarischen und veganen Lebensmitteln deutlich angestiegen und auch die Anzahl an Vegetariern und Veganern ist gewachsen. Da die Lebensmittelhersteller auf diesen Trend reagieren, steigen die Neueinführungen an vegetarischen und veganen Produkten kontinuierlich an. Der Lebensmitteleinzelhandel listet immer mehr vegetarische und vegane Produkte. So gab es 2011 192, 2020 dagegen bereits 1371 vegetarische Produkte. Bei den veganen Produkten stieg die Anzahl von 101 im Jahr 2011 auf 2588 im Jahr 2020.

Die Lebensmittelhersteller versuchen vor allem Imitate zu produzieren, die dem tierischen Produkt sehr ähnlich sind. Hierfür dienen seit Dezember 2018 die im deutschen Lebensmittelbuch veröffentlichten „Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeit zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ als Orientierung. Nach diesen Leitsätzen sollen die Imitate unter anderem in den typischen sensorischen Eigenschaften Ähnlichkeiten zu den tierischen Originalprodukten aufweisen, mit denen sie in Bezug gesetzt werden.

Im Rahmen eines Projekts untersuchten Studierende der Ökotrophologie an der Hochschule Anhalt gemeinsam mit Prof. Karsten Paditz, Studienrichtungsleiter Lebensmittelmanagement an der Berufsakademie Sachsen, inwieweit ausgewählte Fleisch- und Milchersatzprodukte in ihrer sensorischen Qualität vergleichbar mit den tierischen Originalen sind.

Welche Produkte wurden zum Vergleich herangezogen? 

Die Produktauswahl erfolgte sowohl anhand von äußerlichen Ähnlichkeiten als auch anhand von Ähnlichkeiten in bestimmten Nährstoffen wie dem Fett- oder Salzgehalt. Zudem wurden auch die Beschreibungen der Hersteller betrachtet, um festzustellen, welchem originalen Produkt die Alternative ähneln soll. Zur sensorischen Analyse wurden eine Mortadellawurst, eine Frikadelle, ein Gouda und ein Kirschjoghurt sowie deren vegetarische/vegane Alternativen herangezogen.

Welche Prüfmethoden wurden angewandt?

Zuerst wurden Produktprofile mithilfe der Konsensprofilprüfung (DIN EN ISO 13299: 2016) von einem analytischen Panel erarbeitet. Im ersten Schritt der Prüfung, der qualitativen Beschreibung, wurden den Merkmalen Textur/Konsistenz, Aroma und Geschmack produktspezifische Eigenschaften mithilfe der DIN 10964: 2014 zugewiesen. Im zweiten Schritt, der quantitativen Beschreibung, wurden den produktrelevanten Eigenschaften anhand einer vorab festgelegten kategorischen Intensitätsskala (Tabelle 1) Intensitätswerte zugeordnet.

Anschließend wurden die Mortadellaprodukte in einem Konsumententest, der als Home-Use-Test durchgeführt wurde, von 52 Verbrauchern bewertet. Hierfür erhielten die Konsumenten ein Prüfpaket inklusive der codierten Proben, den Allergen-, Lagerungs- und Haltbarkeitshinweisen, einer Durchführungsanleitung sowie dem Prüfprotokoll. Dabei beantworteten die Konsumenten Fragestellungen bezüglich Präferenz (Forced-Choice) und Akzeptanz der Produkte.

Welche Erkenntnisse liefern die sensorischen Profile?

Das Profil der alternativen und der originalen Mortadella (Abbildung 1) stimmt in den Eigenschaften „bissfest“, „würzig“ und „fettig“ überein. Ähnlichkeiten weisen die Produkte in der Salzigkeit und im Fleischaroma auf. Die größten Abweichungen sind in den Merkmalen „weich“ und „gummiartig“ zu verzeichnen. Auch bei den Frikadellen-Produkten (Abbildung 2) stimmt ein Teil des sensorischen Profils überein. Eine gleiche Intensitätsbewertung verzeichnen sie in der Bissfestigkeit, der Würzigkeit, dem Brataroma sowie der Inhomogenität. In den Attributen „Fleischaroma“ und „fettig“ ist die vegetarische Variante schwächer ausgeprägt und es konnte keine sensorische Ähnlichkeit bezüglich dieser Eigenschaften festgestellt werden. Die Profile des alternativen und des originalen Käses (Abbildung 3) zeigen lediglich eine Übereinstimmung in der Schnittfestigkeit auf. Unterschiede sind in den Eigenschaften „Säuerlichkeit“, „Elastizität“ und „Muffigkeit“ erkennbar. In den Merkmalen „käsig“, „buttrig“, „würzig“, „salzig“ und „weich“ zeichnen die Produkte Ähnlichkeiten auf. Bei den Joghurt-Produkten (Abbildung 4) stimmt ein Teil des sensorischen Profils überein. Eine gleichwertige Intensitätsbewertung erfolgt bei den Attributen „süß“, „belegend“, „stückig“ und „Kirscharoma“. Abweichungen sind in den Eigenschaften „sahnig“, „sauer“ und „sämig“ ausgeprägt.

Wie ist die Wahrnehmung der Verbraucher?

Mit dem Konsumententest konnten die in der analytischen Prüfung ermittelten sensorischen Ähnlichkeiten beider Mortadellaprodukte bestätigt werden. 56 % der Verbraucher präferierten die originale und 44 % die alternative Mortadella (Abbildung 5). Durch die statistische Auswertung konnte hierbei jedoch kein signifikanter Unterschied bezüglich der Präferenz zwischen der originalen und der alternativen Mortadella festgestellt werden. Im Rahmen der Akzeptanzfrage (Abbildung 6) wurde deutlich, dass rund 79 % der Befragten die originale und rund 61 % die alternative Mortadella akzeptieren. Im Gegensatz dazu missfällt rund 27 % der Probanden die alternative Mortadella und rund 12 % haben eine neutrale Meinung zu diesem Produkt. Die originale Mortadella missfällt rund 13 % der Probanden und rund 8 % zeigen eine neutrale Meinung zum Original auf. Ein signifikanter Unterschied bezüglich der Akzeptanz konnte hier jedoch auch nicht festgestellt werden.

Fazit der sensorischen Analyse

Aus der sensorischen Analyse geht hervor, dass die sensorische Beschaffenheit der vegetarischen Mortadella, der vegetarischen Frikadelle und des veganen Joghurts den Anforderungen der Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeiten zu Lebensmittel tierischen Ursprungs entspricht. Aufgrund einer einzigen Übereinstimmung bei den Käseprodukten kann der vegane Käse nicht als konform mit den Leitsätzen angesehen werden. Insgesamt wird deutlich, dass die Imitation tierischer Produkte in der Lebensmittelindustrie als gelungen angesehen werden kann. Durch den Anstieg der Anzahl vegetarischer bzw. veganer Produkte, die sensorisch ebenso überzeugen können wie ihre tierischen Originale, ergibt sich eine größere Lebensmittelauswahl für Vegetarier und Veganer. 

Quellen

[1]DLG e.V. (Hrsg.) (2020): Lebensmittel. Die Fachzeitschrift für Sensorik, Technik & Qualität. 15. Jahrgang 2020–06/2020.

[2]Henrich, P. (2020): Statistiken zu Fleischersatzprodukten, zitiert nach de.statista.com, URL: https://de.statista.com/themen/6781/fleischersatzprodukte/ (01.12.2020).

[3]Lebensmittelverband Deutschland e.V. (Hrsg.) (2018): Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel bringen Herausforderungen für Lebensmittelhersteller, URL: https://www.lebensmittelverband.de/de/presse/pressemitteilungen/pm-20181221-leitsaetze-fuer-vegane-und-vegetarische-lebensmittel-bringen-herausforderungen-fuer-lebensmittelhersteller (22.11.2020).

[4]Mintel Group Ltd. (Hrsg.) (2017): Deutschland die Nr. 1 bei veganen Lebensmitteleinführungen, URL: https://de.mintel.com/pressestelle/deutschland-die-nr-1-bei-veganen-lebensmitteleinfuehrungen (29.11.2020).

[5]Mintel Group Ltd. (Hrsg.) (2021): Global New Product Datebase (24.02.2021).

[6]Institut für Demoskopie (IfD) Allensbach (Hrsg.) (2020): Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse-AWA 2020, 2015 bis 2020, zitiert nach de.statista.com, URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/445155/umfrage/umfrage-in-deutschland-zur-anzahl-der-veganer/ (01.12.2020).

Für die Umsetzung des Projektes genutzt:

DIN 10964: 2014. Sensorische Prüfverfahren – Einfach beschreibende Prüfung.

DIN EN ISO 13299: 2016. Sensorische Analyse – Prüfverfahren – Allgemeiner Leitfaden zur Erstellung eines sensorischen Profils.

Ellner, R., Krämer, B., Scharf, I., Zinnecker, K., Zörb, R. (2015): 4. Produktspezifisches Vokabular, 4.6 Milch & Molkereiprodukte. In: DLG e.V.-Ausschuss Sensorik (Hrsg.): Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, Frankfurt am Main: DLG-Verlag.

Hillgärtner, K., Kneißler, A., Seuß-Baum, I., Stiebing, A., Thumel, H., Vienenkötter, G. (2015): 4. Produktspezifisches Vokabular, 4.1 Fleisch & Fleischerzeugnisse. In: DLG e.V.-Ausschuss Sensorik (Hrsg.): Fachvokabular Sensorik. Praxisleitfaden zur Beschreibung von Lebensmitteln mit allen Sinnen, Frankfurt am Main: DLG-Verlag.

Nießen, N./ Thölking, S. (2007): Prüfverfahren. Anpassung für mittelständische Betriebe, 1. Auflage, Hamburg: Behr’s Verlag GmbH & Co. KG.


Autoren/innen:

Lydia Kettner

Hochschule Anhalt

Sally Schneider

Hochschule Anhalt

Prof. Dr. Karsten Paditz

Berufsakademie Sachsen, Staatliche Studienakademie Dresden

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