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Pflanzliche Zutat für Fleischwaren

Funktionalität kombiniert mit ernährungsphysiologischem Zusatznutzen
Pflanzliche Zutat für Fleischwaren

Derzeit kommt Vitacel-Pulvercellulose beispielsweise in Backwaren, Trockensuppen und -soßen sowie Coatings zum Einsatz. Diese Zutat ist aber auch in Fleischwaren zu finden. Hier ermöglicht sie aufgrund ihres ausgeprägten Wasserbinde- und Retentionsvermögens eine deutliche Verbesserung der Qualität. Daneben sprechen auch ernährungsphysiologische Gründe für ihren Einsatz in Fleischprodukten. Schließlich hat eine mit 2% Vitacel-Pulvercellulose angereicherte Frikadelle einen wesentlich höheren Ballaststoffgehalt als eine Tomate.

Dipl. Ing. Stefan Lander

Pulvercellulose (E 460ii) als Pflanzenfaser und Nicht-Stärke-Polysaccharid bildet zusammen mit Stärke und Proteinen die wichtigste Quelle pflanzlicher Rohstoffe für die Lebensmittelherstellung. Neben der ernährungsphysiologischen Wirkung als kalorienfreier Füllstoff und Ballaststoff erfüllt die Pulvercellulose eine Vielzahl von technologischen und funktionellen Nutzen. So kann Pulvercellulose erwiesenermaßen, je nach Beschaffenheit, den Lebensmitteln Textur, Biss, Mundgefühl oder andere sensorische Reize geben. Sie eignet sich als Wasserbinde-, Verdickungs-, Suspendier- und Geliermittel sowie Anticaking- und Rieselhilfsmittel.
Die Tatsache, dass kein ADI-Wert für die Pulvercellulose festgelegt wurde, zeigt die physiologische Unbedenklichkeit dieses Naturstoffes. Es werden immer mehr Anwendungen beobachtet, in denen die Pulvercellulose zum gleichbedeutenden Anteil auch als Ballaststoff eingesetzt wird.
Schon vor Jahren wurde die Fleisch-VO grundlegend geändert und für pflanzliche Zutaten geöffnet. Es sind mit Pulvercellulose somit Produktentwicklungen im Fleischsektor möglich, die sowohl den ernährungsphysiologischen Forderungen (fett-, kalorienreduziert, etc.) entsprechen, als auch Produktionsverfahren, Textur und Struktur, Qualität und europaweite Konkurrenzfähigkeit verbessern. Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei vor allem, dass die Textur-Optimierung ohne sensorische Beeinträchtigung möglich ist, was die notwendige Marktakzeptanz gewährleistet.
Vorkommen und Bedeutung
Cellulose ist ein unverzweigtes Polysaccharid, das ausschließlich aus Glucosemolekülen zusammengesetzt ist (Abb. 1). Der Polymerisationsgrad kann bis zu 15 000 betragen. Cellulose ist nicht nur das am weitesten verbreitete Polysaccharid, sondern stellt auch den auf der Erdoberfläche in der absolut größten Menge vorkommenden organischen Stoff dar.
Cellulose kommt vergesellschaftet mit Hemicellulosen, Pektinen und Ligninen vor, so dass die Darstellung der reinen Cellulose einer Aufarbeitung bedarf.
Im Gegensatz zur Stärke sind die D-Glukosemoleküle in der Cellulose b(1,4)-glukosidisch verknüpft (Abb. 1), worauf auch die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften dieser beiden Naturstoffe zurückzuführen sind. Die Cellulose bildet wegen der wechselnden räumlichen Anordnung der Sauerstoffbrücken lange Ketten, die zu Bündeln vereint sind.
Im kristallinen Modell wird zusätzlich eine intramolekulare Wasserstoffbrücke zwischen dem Sauerstoffatom des Tetrahydropyranrings und der Hydroxygruppe am C-3 des nächsten Restes diskutiert. In diesem Modell werden die einzelnen Celluloseketten mittels weiterer sieben intermolekularer Wasserstoffbrückenbindungen pro Abschnitt, deren genaue Lage noch nicht geklärt ist, parallel aneinandergebunden.
Bei der Vermahlung von Cellulose brechen zuerst die labileren parakristallinen, also amorphen Regionen auf. Übrig bleiben Fasern mit einem höheren Anteil an kristallinen Bereichen, welche weniger freie OH-Gruppen und somit eine geringere Absorptionskapazität zur Anlagerung von Lösungen besitzen.
Je nach Rohstoffbehandlung und Vermahlungsgrad sind sehr verschiedene Eigenschaften, vor allem in Fließ- und Vernetzungsverhalten der Cellulosefasern sowie in deren Absorptionsvermögen, erzielbar.
In verschiedenen Vermahlungsgraden erhältlich
In Abhängigkeit vom Anwendungsgebiet werden die Vitacel-Pulvercellulosen von J. Rettenmaier & Söhne in vielen verschiedenen Vermahlungsgraden angeboten (Abb. 2). Prinzipiell ist mit steigender Faserlänge eine höhere Wasserbindung und eine höhere Affinität gegenüber Fetten und öligen Lösungen zu verzeichnen. Die Wasserbindekapazitäten der Pulvercellulosetypen betragen zwischen 340 und 840%. An die OH-Gruppen der Glukosemoleküle kann Wasser über Wasserstoffbrücken gebunden werden. Zusätzlich können Lösungen in den Faserkapillaren, d. h. in den Räumen zwischen den einzelnen Fibrillen, eingelagert werden.
Allen Typen gemein ist die positive Wirkung auf den haptischen Eindruck. Da die Pulvercellulose, etwa im Vergleich zu Stärke oder Sojaprotein, nahezu komplett unlöslich ist, ist in allen Anwendungsgebieten eine optimierte Textur und ein festerer Biss zu verzeichnen. Diese Wirkung mindert sich mit dem Sättigungsgrad der Fasern. Hat die Pulvercellulose ihren Sättigungsgrad nahezu erreicht, so wird die Textur weniger fest, der Biss jedoch angenehm saftig. Somit empfiehlt es sich, je nach Einsatzgebiet, Pulvercellulose mit verschiedenen Faserlängen einzusetzen. Möchte man nur eine Ballaststoffanreicherung in Zusammenhang mit einer Texturverbesserung erzielen, so kann der Einsatz einer kürzeren Faser mit geringem Absorptionsvermögen ratsam sein. Soll, etwa aus Kostengründen, gleichzeitig Sojaprotein oder Caseinat ersetzt oder teilweise ersetzt werden, so ist der Einsatz einer langen Pulvercellulose mit hohem Wasser- und Ölbindevermögen empfehlenswert, damit sich die Feuchtigkeitsverluste bei der Verarbeitung und Lagerung des Endproduktes reduzieren lassen.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
In Backwaren kommen in den meisten Fällen Pulvercellulosen mit einer mittleren Faserlänge von 60 bis 300 µm zum Einsatz. Mit langen Fasern kann eine wesentlich höhere Ausbeute erzielt werden, während mit den kürzeren ein Kompromiss aus höherer Ausbeute, Kalorienreduktion, Ballaststoffanreicherung und verlängerter Frischhaltung erzielt werden kann. Ein wichtiger Anwendungszweig ist daher auch die Herstellung von Premixes für die Backwarenindustrie. Auch in Waffeln und Extrudaten zeigt die Pulvercellulose erstaunliche Fähigkeiten. Dazu gehören beispielsweise Bruchstabilisierung, Abrasionsminimierung, Verlängerung des Bowllifes etc. Auch in Instant- und Slimmingprodukten, Trockensuppen und -soßen, Gewürz-, Aroma- und Extraktmischungen kommt die Funktionalität der Pulvercellulose voll zum Tragen. Sie dient hier als Anticaking- und Rieselhilfsmittel, als Dispergierhilfe sowie als Trägerstoff zur Volumeneinstellung bei gleichzeitiger Kalorienreduktion und Ballaststoffanreicherung.
In Panaden, Auflagen und Coatings reguliert und stabilisiert Pulvercellulose den Wasserhaushalt. Sie verbessert durch Faserarmierung die Struktur und Textur des Endprodukts, die oft durch Gefrier-Tau-Prozesse, Lagerung und Feuchtigkeit verloren geht. Gleichzeitig kann bei frittierten Produkten die Fettaufnahme durch den Teigmantel um 3 bis 10% gesenkt werden.
Einsatz in Fleischwaren
Die neutralen Geruchs- und Geschmackseigenschaften und das inerte Verhalten gegenüber anderen Inhaltsstoffen prädestiniert die Vitacel-Pulvercellulose für den Einsatz in Fleischprodukten (Abb. 3). Bereits durch einen Zusatz von 1% in Fleisch-erzeugnissen können erhebliche technologische Vorteile erreicht werden. Prinzipiell ist, bei entsprechender Dosierung, die Auslobung „mit Ballaststoffen” bzw. „ballaststoffreich” möglich.
Neben den oben erwähnten Voraussetzungen werden von funktionellen Ingedienzien in der Fleischwirtschaft vornehmlich Wasser- und/oder Fettbindung bzw. -stabilisierung gefordert. So kann beispielsweise bei Frikadellen und Brühwürsten die Ausbeute erhöht werden oder es lassen sich Produktionsverluste vermindern. Auf der anderen Seite beeinflusst Vitacel-Pulvercellulose bei den genannten Produkten die Konsistenz, Formbeständigkeit und den Biss positiv. Im Vergleich zu den Bindemitteln auf Basis von Stärke, Proteinen oder Pflanzengummi zeichnet sich die Pulvercellulose durch einen besonderen Absorptionsmechanismus aus. Wasser oder Fett wird nicht an der Oberfläche der Partikel angelagert, sondern wird sowohl von der Faser aufgenommen (Kapillareffekt) und im Faserinneren fest gebunden als auch zwischen den Fasersträngen durch Wasserstoffbrückenbindung eingelagert. Dies bewirkt neben einem hohen Bindevermögen auch einen ausgeprägten Retentionseffekt, d.h. bei mechanischen oder thermischen Produktionsprozessen (Kuttern, Frittieren usw.) wird das gebundene Wasser oder Öl nicht freigesetzt. Im Gegensatz zu Pflanzengummis entsteht durch den unlöslichen Charakter der Pulvercellulose eine fleischähnliche Struktur, die die Textur von Frikadellen und Brühwürsten wesentlich verbessert.
Die Funktion der Pulvercellulose wurde in Frikadellen und Brühwürsten untersucht und gegenüber Standardrezepturen verglichen.
Verringerung des Bratverlustes bei Frikadellen
Das vorzerkleinerte Fleisch wurde mit den Zutaten vermischt (Tabelle). Danach hat man die Mischung über eine 3-mm-Scheibe gewolft und die Frikadellen ausgeformt. Jede Frikadelle hat ein Gewicht von 100 g. Anschließend wurden die Frikadellen ohne Fett von jeder Seite zwei Minuten gebraten. Die Versuchsergebnisse sind in Abbildung 4 dargestellt. Aufgrund der beschriebenen Funktionalität der Pulvercellulose konnte eine Verringerung des Bratverlustes festgestellt werden. Eine weitere sensorische Beurteilung ergab im Vergleich zur Nullprobe keine geschmackliche Abweichung, hinsichtlich Struktur, Mundgefühl und Formstabilität jedoch deutliche Vorteile.
Formstabile Brühwürste
Auch an Brühwürsten wurden Untersuchungen zur Reduzierung des Brühverlustes durchgeführt. Es wurde dabei die Funktionalität der Pulvercellulose gegen Wachsmaisstärke und Sojaprotein (70%) untersucht. Im Vergleich zu den konkurrierenden Produkten war auch hier der Brühverlust beim Einsatz der Pulvercellulose Vitacel LC 200 deutlich geringer. Hervorzuheben ist, dass im Vergleich zu Wachsmaisstärke und Sojaprotein bei gleicher Konzentration ein eindeutig besseres Wasserbindevermögen und – wichtig vor allem für die Haltbarkeit – ein besseres Wasserretentionsvermögen zu beobachten war. Bei der sensorischen Beurteilung bestätigten sich die Resultate aus den Versuchen mit Frikadellen. Es konnten keine negativen Einflüsse auf Geschmack und Geruch festgestellt werden. Biss, Textur und Formstabilität wurden aufgrund der Unlöslichkeit der Cellulose positiv beeinflusst.
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