Rote Wunderbeere

Dr. Len Kasang

Verschiedene Untersuchungen haben die heilende oder prophylaktische Wirkung von Cranberries in bezug auf verschiedene Krankheitsbilder belegt. Vor diesem Hintergrund haben sich die roten Beeren mit dem charakteristischen herben Geschmack immer neue Anwendungsgebiete in nutrazeutischen Lebensmitteln und Getränken erobert. Das Spektrum reicht hier von Backwaren und Molkereiprodukten über Fruchtsaftgetränke bis hin zu Nahrungsergänzungsmitteln.

Besonders Frauen leiden an schmerzhaften Harnweginfektionen. Arztbesuche, Krankschreibungen und der Einsatz teurer Antibiotika sind die Folgen dieser Krankheit. Bereits 1984 beschäftigte sich eine Studie mit den Wirkung der Cranberries auf die Gesundheit der Harnwege. In dieser und folgenden Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die Cranberries eine Anti-Adhäsions-Wirkung auf bestimmte Mikroorganismen haben. Diese Erkenntnisse nutzte Ocean Spray bei der Entwicklung seines Cranberry Juice Cocktails aus. Das Getränk enthält Proanthocyanidine, auch als kondensierte Tannine bekannt, die die Bildung von infektionsauslösenden Bakterien in den Harnwegen hemmen. Das Getränk selbst wurde Gegenstand mehrerer Untersuchungen: So legte 1994 die Harvard Medical School, Boston, die Ergebnisse einer klinischen Untersuchungen vor, die zeigten, dass der regelmäßige Konsum des Cranberry Juice Cocktails von Ocean Spray das Auftreten von Bakterien im Urin älterer Frauen reduziert. 1998 beschäftigten sich Wissenschaftler der Tulane University School of Medicine mit der Wirkung von Cranberry-Saft auf das Wachstum und die Entwicklung von E. coli. Sie fanden heraus, dass sich in Anwesenheit von Cranberry-Saft die haarartigen Strukturen, mit denen sich E. coli an den Zellen der Blase festhält, nicht mehr richtig wachsen konnten. Im selben Jahr wiesen Forscher der Rutgers Universität die für die Förderung der Harnweggesundheit verantwortlichen Proanthocyanidine eindeutig im Cranberry Juice Cocktail von Ocean Spray nach.

Der Anti-Adhäsions-Effekt der Cranberries kann aber auch zur Bekämpfung von bakteriellen Infektionen an anderen Organen sowie zur Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs ausgenutzt werden.

In einer im April 2000 an der Universität von Wisconsin-LaCrosse durchgeführten Studie wurde Cranberry-Saft auf seine Fähigkeit untersucht, die Oxidation von LDL-Cholesterin zu verhindern. Das Ergebniss: Cranberry-Saft ist ein wirksames Antioxidationsmittel. Auf der Basis dieser Untersuchungen und anderer Forschungsarbeiten, die sich allerdings erst in der Anfangsphase befinden, liegt die Vermutung nahe, dass Cranberry-Saft einen positiven Einfluss auf die Gesunderhaltung des Herz-Kreislaufsystems hat.

Vorläufige Studien der Universität von Tel Aviv aus dem Jahr 2000 erlauben die Vermutung, dass die Anti-Adhäsions-Wirkung der Cranberries auch zur Bekämpfung von H. pylori, dem Bakterium, das Magengeschwüre hervorruft, ausgenutzt werden könnte. Gegenstand der Untersuchung war der Einfluss einer bestimmten Cranberry-Fraktion auf das Verhalten menschlicher Zellen aus dem Magenschleim. Die Untersuchungsergebnisse führten zu der Vermutung, dass die Anti-Adhäsions-Wirkung der Cranberry die Bakterien davon abhält, sich an der Magenwand anzulagern und ein Geschwür zu verursachen. Weitere Ergebnisse erlauben sogar die Annahme, dass Cranberries die Adhäsion dieser Bakterien umkehren könnten.

Epidemiologische Erkenntnisse haben schon seit langem die Rolle natürlich vorkommender, antioxidativ wirkender Substanzen in Obst und Gemüse beschrieben, die das Risiko bestimmter Erkrankungen, darunter auch Krebs, verringern. In punkto krebsbekämpfende Antioxidantien mit hoher Wirksamkeit fanden die Wissenschaftler heraus, dass Cranberry-Samen einen höheren Gehalt an Tocotrienolen aufweisen als andere Pflanzen. Das aus diesen Samen gewonnene Cranberry-Öl enthält erhebliche Mengen dieser wirksamen Formen des Vitamins E, allerdings ohne Palmitinsäure, die in anderen tocotrienolhaltigen Pflanzen vorkommt (Dr. Wasef Nawar, University of Massachusetts, Septem-ber 2000).

Darüber hinaus sind Cranberries reich an Flavonoiden, die ebenfalls krebsverhütende Eigenschaften haben. Diese Annahme wird gestützt durch die Ergebnisse einer neueren Studie zur Wirkung von Cranberry-Saft und anderen Cranberry-Produkten auf das Wachstum menschlicher Brustkrebszellen in Tieren (University of Western Ontario, April 2000). Dieses Projekt belegt, dass der regelmäßige Verzehr von Cranberries die Entwicklung von Brustkrebs in Tieren hemmen könnte. Obwohl die Ergebnisse in diesem Stadium noch sehr vorläufig sind, legt die Studie doch nahe, dass Cranberry-Produkte die Entwicklung von Krebszellen beim Menschen hemmen könnte.

Der Anti-Adhäsions-Effekt kommt auch bei bakteriellen Erkrankungen in der Mundhöhle zum Tragen, diese Vermutung wird von Untersuchungen unterstützt, die an der Universität von Tel Aviv durchgeführt und Journal Of The American Dental Association veröffentlicht wurden. Demnach verhindern Verbindungen in den Cranberries, dass sich bestimmte, im Mund vorkommende Bakterien an Zähnen oder am Zahnfleisch anlagern. Entsprechende cranberry-haltige Produkte könnten so zu einem Mittel im Kampf gegen die Parodontose werden.

Dass im wachsenden Umfang Cranberries in Lebensmitteln eingesetzt werden, ist auf zwei, sich ergänzende Entwicklungen zurückzuführen: Zum einen belegen wissenschaftliche Untersuchungen die gesundheitsfördernde Wirkung der roten Beeren. Zum anderen greifen die Verbraucher verstärkt zu funktionellen Lebensmitteln mit natürlichen Zutaten auf Fruchtbasis. Folgende Produkte mit Cranberries wurden in jüngster Zeit auf den europäischen Markt gebracht:

• New Yorker Breakfast Bar von Ren-shaw Scott (Großbritannien)

• Cruesli von Quaker (Niederlande)

• Feinschmecker Müsli von Kölln (Deutschland)

• Bioplus A+C+E von Actilife (Schweiz)

Ein weiteres wachsendes Anwendungsgebiet für Cranberries sind Nahrungsergänzungsmittel. Als Beispiele seien hier die Concentrated Cranberry Extract Tablets vom britischen Unternehmen Nature und Vitabutin vom dänischen Hersteller Jemo Pharm genannt.

E dei 203