Startseite » Food »

Mälzen ohne Pause

Klimaanlage ermöglicht eine ganzjährige Produktion
Mälzen ohne Pause

Die Kupfermühle Bindewald stellt Malz für die Brauindustrie her. Das Mälzen wird idealerweise bei Temperaturen von 10 bis 18 °C durchgeführt. Während des Keimungsprozesses produziert das Getreide allerdings viel, für die Stärkeumwandlung schädliche Wärme. Dadurch war das Mälzen früher ausschließlich von September bis April möglich. Um das ganze Jahr produzieren zu können, installierte Bindewald eine vollautomatisierte Kälteanlage.

Andreas Komanns

Die Entwicklung des Korns zu Malz ist im eigentlichen Sinne keine rein biologische Gärabfolge. Vielmehr vollzieht sich beim Mälzen ein biochemischer Prozess im Mehlkörper des Getreidekorns – in der Regel Gerste, Roggen und Weizen. Mittels Bewässerung wird dabei die Keimung künstlich angestoßen. Sie kann nur unter idealen Temperaturbedingungen zwischen 10 und 18 °C effizient ablaufen. Die enthaltenen Enzyme werden bei diesem empirisch über Jahrtausende entwickelten Verfahren durch die Zugabe von Wasser erst aktiviert und ermöglichen dann in ihrer Funktion als Biokatalysatoren die chemische Umwandlung von Stärke in Maltose. Circa 20 % Amylose, also Stärke in Form von unverzweigten Einfachzuckerketten, enthält ein Gerstenkorn. Diese sind jedoch durch wabenartige Eiweißstrukturen miteinander verbunden. Das Enzym Amylase sorgt für deren Umwandlung in Zweifachzucker, der wiederum den Keimling ernährt und damit für das Pflanzenwachstum sorgt. Man gewährt dem Getreide also nur eine kurze Keimzeit von einigen Tagen bis die Freisetzung der Stärke und ihre Umwandlung in Maltose abgeschlossen ist und der Pflanzenwuchs beginnen würde. Dann wird die Keimung gestoppt, die Getreidekörner von den Keimlingen befreit und anschließend getrocknet.
Klimasteuerung
In vier übereinander liegenden Keimkästen wird in der Bindewald-Mälzerei eine komplette Charge Korn mit insgesamt 200 t Gewicht zum Keimen gebracht und nach etwa 4 Tagen gedarrt. 50 t keimende Getreidemasse liegen pro Keimkasten auf gitterartigen Metallböden, den so genannten Horden. Die größte Problemstellung im Rahmen einer optimalen Enzymtätigkeit während der Keimung ist, stets eine gleichmäßige Temperatur unter, in und über der Horde zu regulieren. Nur dann entstehen aus 200 t angelieferter Gerste auch rund 160 t fertiges und vor allem wasserlösliches Grünmalz für den Hauptabnehmer der Mälzereien – die weltweiten Brauunternehmen.
Ein typisches Betätigungsfeld für die Kälte- und Klimaingenieure der Mannheimer Firma Rütgers. Denn im Rahmen des Keimungsprozesses produziert das Getreide jede Menge für die Stärkeumwandlung schädliche Wärme. Während demnach in früheren Zeiten das Mälzen ausschließlich von September bis April, soweit es die niedrigen Außentemperaturen eben zuließen, möglich war, haben Unternehmen wie die Kupfermühle Bindewald längst auf einen diskontinuierlichen Betrieb umgestellt und überlassen die Entscheidung, zu welchen Zeiten in Abhängigkeit zur Außentemperatur gekühlt werden muss, inzwischen vollautomatisierten Kälteanlagen. Diese kontrollieren mit Hilfe von SPS-Steuerungen die thermodynamischen Verhältnisse, also das komplexe Zusammenspiel von Luftfeuchtigkeit und Außentemperatur in der Mälzerei und steuern somit ein hochkomplexes System von Umluft, frischer Zuluft und mechanisch produzierter Kälte. Die Temperaturanforderungen des keimenden Korns können durch die maschinell produzierte Kühlung optimal berücksichtigt werden und gewährleisten damit die ganzjährige Produktion des so begehrten Grünmalzes bei Bindewald.
Kälte vom Dach
Durch die engen baulichen Bedingungen innerhalb eines Mälzereibetriebes sind die räumlichen Optionen zur nachträglichen Montage von Kältemaschinen zumeist auf das Gebäudedach begrenzt. Aus den gleichen Gründen stellten die Mälzerei-Betreiber an die künftigen Anlagenbauer zusätzlich die Anforderung, auch im Innenbereich ohne große baulichen Veränderungen auszukommen.
Rütgers errechnete für die 2002 in Kirchheimbolanden neu zu installierende Kälteanlage aufgrund der betrieblichen Erfordernisse pro Keimkasten eine notwendige Kühlleistung von 150 kW. Da zudem eine Erweiterung der Mälzerei um weitere zwei Keimkästen in die Planung miteinbezogen werden sollte, wurde insgesamt eine Kälteleistung von 900 kW – das entspricht in etwa der maximalen Kühlstufe von 1800 Haushaltskühlschränken – angefordert.
Gemeinsam mit der Familie Bindewald entschied man sich bei dieser Kälte-Installation für die Dachmontage eines luftgekühlten McQuay-Flüssigkeitskühlers, einer rund 11 m langen und 8 t schweren Hochleistungskältemaschine. Diese Flüssigkeitskühler sind mit speziell für das FCKW-freie Kältemittel R 134A entwickelten Ein-Rotor-Schraubenverdichtern ausgestattet. Sie haben keinerlei Auswirkungen auf die Ozonschicht (ODP 0). Aufgrund der Anwendungssituation und der Lage der Mälzerei in einer Stadtrandlage entschied man sich bei Rütgers zusätzlich, als Kälteträger Antifrogen L, ein 1:3 Gemisch aus Propylenglykol und Wasser, einzusetzen. Die Luftkühlerblöcke wurden gemäß den Vorgaben – ohne bauliche Veränderung der Innenarchitektur – liegend an den Raumdecken montiert.
Die äußerst zuverlässige Technologie des Ein-Rotor-Schraubenverdichters besteht aus einem Hauptrotor, der direkt mit dem Motor gekoppelt und mit zwei diametral gegenüberliegenden Nebenrotoren verzahnt ist. Ein weiteres charakteristisches Element für die hohe Zuverlässigkeit und Umweltfreundlichkeit der McQuay-Mono-Schraube. Denn der gleichzeitige Ablauf der Ansaug- und Verdichtungsphase auf den beiden Seiten des Hauptrotors führt zu einer gegenseitigen Aufhebung der Lasten und damit zu einem vollständigen Fehlen radialer Kräfte. Der Geräuschpegel der Ein-Rotor-Schraubenverdichter erreicht dank dieser speziellen Konstruktion besonders niedrige Werte.
Fazit
Mit Hilfe einer mikroprozessorgesteuerten, stufenlos skalierbaren Leistungsregelung können seit der Inbetriebnahme der Anlage die Mälzerei-Mitarbeiter die Temperaturbereiche innerhalb der Keimkästen bis aufs Grad genau einstellen, überwachen und damit permanent Optimalbedingungen für die Keimung des Getreides fixieren. Dies steigerte nicht nur die jährliche Produktionsleistung der Mälzerei, sondern es wurden durch den optimierten Teillastbetrieb der Kühlaggregate bei niedrigen Außentemperaturen darüber hinaus beträchtliche Energieeinsparungen erreicht.
dei 438
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de