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Planung und Bau einer Großbäckerei

Jeden Quadratmeter effizient genutzt
Planung und Bau einer Großbäckerei

Fünf Jahre lang befand sich im aargauischen Schafisheim die größte private Baustelle der Schweiz. Heute steht hier die größte Bäckerei des Landes, die sich auch unter den zehn größten Europas befindet. Geplant und gebaut wurde dieses Mammutprojekt für den Lebensmittelhändler Coop von der IE Food in Zürich. Besonderes Augenmerk legte der Spezialist in Sachen Industriebauten auf die Prozess- und Energieeffizienz.

Den Ausgangspunkt der Planungen von IE bildete das übergeordnete Ziel von Coop: Der Lebensmittelhändler wollte in der neuen Großbäckerei jährlich 60 000 t Backwaren produzieren und damit rund 360 Filialen beliefern – sowohl mit frischen als auch mit tiefgefrorenen Teiglingen, Brot und Gebäck. Neben der Bäckerei selbst sollte auch das bestehende Logistikzentrum erweitert werden. Als Grundstück hatte sich Coop eine der wenigen noch verfügbaren Flächen in dieser Größenordnung im dicht besiedelten Mittelland gesichert – mit direkter Autobahn- und Schienenanbindung.

Mehr Platz auf gleicher Fläche
Bereits in der Grobanalyse wurde den Planern von IE schnell klar, dass es auf dem 40 000 m2 großen Grundstück für den Neubau in Schafisheim kaum genügend Platz gab, um die geplanten Produktionsmengen zu realisieren. Es blieb nur die Möglichkeit, die Gebäude so hoch wie möglich zu bauen und jeden Quadratmeter effizient zu nutzen.
Die vertikale Anordnung der Produktion ermöglicht einen sehr effizienten Umgang mit der wichtigen Ressource Bauland. An dieser verkehrstechnisch bevorzugten Lage ist das zusätzlich sinnvoll.
Vor dem Hintergrund der beengten Platzverhältnisse kam der optimalen Baustruktur eine besondere Bedeutung zu. Es galt, unter Tausenden möglicher Varianten diejenige mit dem optimalen Kosten- und Nutzenverhältnis zu bestimmen und die richtige Balance aus Flächeneffizienz, niedrigen Baukosten und möglichst effizienten Betriebsprozessen zu finden. Das eingespielte IE-Team aus Architekten und Betriebsingenieuren erwies sich dabei als großer Vorteil, denn Baustatik, Haustechnik und Produktionsprozesse beeinflussen sich wechselseitig.
Vertikale Fabrik auf acht Etagen
Klar war, dass die von Coop angestrebten Produktionskapazitäten auf dem Grundstück nur realisiert werden können, wenn höher gebaut wird, als dies die Bauzonenordnung zulässt. Die minimal notwendige Bauhöhe wurde auf 25 m festgelegt. Die Bauzone hat beim Planungsstart nur 18 m zugelassen. Deshalb wurde umgehend ein Gestaltungsplan eingeleitet. Durch eine vorbildliche Zusammenarbeit von Behörden (Kanton und Gemeinde-Ebene), Bauherr und Planern verlief dieser Planungsprozess sehr effizient.
Die im Gebäude befindlichen Räume haben Funktionen zu erfüllen: Büros und Technik in der obersten Etage, Großbäckerei (15 000 m2) im zweiten OG, Konditorei (15 000 m2) im ersten OG, Wareneingang und -ausgang im EG und ersten UG, Leergutzentrale und Abfallrecycling im ersten bis dritten UG und last but not least Parkgeschosse und Technik im dritten bis fünften UG. Vor diesem Hintergrund musste eine völlig neue Gebäudestruktur gefunden werden.
Unter dem Aspekt möglichst effizienter Betriebsprozesse wären völlig stützenfreie Etagen am besten. Doch bei einem 150 m langen, 100 m breiten und zudem mehrstöckigen Gebäude wäre das baustatisch nicht zu stemmen. Notwendig ist ein durchgehendes Stützenraster. Eine sehr anspruchsvolle und knifflige Aufgabe.
Und wo sollte der Nullpunkt bzw. das Fundament des Gebäudes sein, d. h. wie viele Unter- und Obergeschosse sind optimal? Denn jeder zusätzliche Zentimeter im Untergrund bedeutet, dass Tausende Tonnen Kies bewegt werden müssen. Am Ende war ein Aushub von 350 000 m3 Kies für die Baugrube nötig.
Komplexe Computersimulationen
Um all diese Fragen zu beantworten, arbeitete IE mit komplexen Computersimulationen, mit denen die Vor- und Nachteile einzelner Planvarianten durchgespielt werden konnten. Am Ende stand die optimale Lösung fest: ein achtstöckiges Gebäude mit einer Höhe von insgesamt 50 m, davon jeweils 25 m über- und unterirdisch.
Ein wichtiger Faktor für effiziente Betriebsprozesse ist die logische Anordnung der Funktionen und Abläufe in der Gebäudestruktur. Bei Coop Schafisheim steht am Ende des Produktionsprozesses über die gesamte Höhe des Gebäudes das Tiefkühlzentrum. Es ist so platziert, dass es am Ende der Backlinien steht. So gelangt ein Teil der fertigen Backwaren via Förderbänder direkt in das Tiefkühllager. Von dort geht es über eine Überführung automatisiert auf die andere Straßenseite in die Verteilzentrale. Dort werden die Backwaren gegebenenfalls eingelagert oder zusammen mit anderen Artikeln für die Coop-Filialen kommissioniert und abtransportiert – sowohl mit Lkw als auch mit Zügen.
Details im Planungsprozess
Ebenso entscheidend für die Effizienz des Betriebes sind neben den großen strukturellen Faktoren auch die vielen scheinbar kleinen Punkte im Planungsprozess. Ein solches Detail mit großer Wirkung ist die Gestaltung der Stützen. In beiden Stockwerken der Bäckerei und Konditorei wurden die vorgefertigten Betonstützen mit Konsolen ausgestattet. Dadurch können die Prozessanlagen auf einer Etage problemlos übereinander gestapelt werden: Während die untere Backlinie auf dem Boden steht, lagert die obere direkt auf den Konsolen der Gebäudestützen.
Dank dieses Tricks lässt sich die Fläche optimal ausnutzen, ohne dass für die aufgeständerte Backlinie aufwendige Stahlkonstruktionen nötig sind. Gebäude und Anlagen verwenden dieselbe Tragstruktur. Das verringert zum einen die Baukosten, zum anderen vereinfacht es auch die Betriebsabläufe: Die Backmeister haben kurze Wege, um von einer Backlinie zur anderen zu kommen. Und auch die Reinigung und Wartung der Anlagen ist durch die schlanke Tragstruktur ohne zusätzliche Stahlkonstruktion deutlich einfacher und weniger zeitintensiv.
Nachhaltigkeit durch Recycling
Coop hat sich ehrgeizige Klimaschutzziele gesetzt und rückt Nachhaltigkeit in das Zentrum der Unternehmensstrategie. Parallel zur Analyse des Energiebedarfs der Anlage machte sich Coop mit IE auf die Suche nach alternativen Energiequellen. Fündig wurden die Experten bei der Getreidemühle von Swissmill in Zürich, einem Coop-Tochterunternehmen unweit der neuen Großbäckerei. Hier liefern die Mahlprozesse täglich große Mengen von organischen Abfallprodukten, die mithilfe eines Biomassekraftwerks in Energie umgewandelt werden. Berechnungen zeigen, dass die Energieausbeute von jährlich 3500 t dieser Getreidereste, vermischt mit Holzschnitzeln, groß genug ist, um die Bandlast der Wärmeerzeugung für die Großbäckerei abzudecken. Lediglich für die Spitzenlasten ist zusätzlich der Einsatz fossiler Energieträger notwendig. Mit dem Biomassekraftwerk sowie dem reduzierten Lieferverkehr vermeidet Coop rund 10 000 t CO2 pro Jahr. Das entspricht ungefähr 2 Mio. Litern Heizöl. Darüber hinaus spart Coop Energie- und Entsorgungskosten.
Besonders effizient lässt sich die im Biomassekraftwerk erzeugte Energie im Verbund nutzen: IE setzte deshalb auf die Rückgewinnung von Prozesswärme aus der Bäckerei und dem Kraftwerk für die weiteren neu entstehenden Gebäude am Standort. So wird die beim Backen entstehende Abwärme für die Raumheizung und die Dampferzeugung genutzt. Auf diese Weise kann der Energiebedarf für die Raumwärme in den beiden größten Gebäuden vollständig gedeckt werden.

Theo Louwes
Geschäftsführer,
IE Food

Coop-Bäckerei Schafisheim

Projekt im Überblick 

  • größtes Bauprojekt in der Geschichte der Coop
  • fünf neue Gebäude: Verteilzentrale, nationales Tiefkühllager, Zentrale für Leergut, Großbäckerei und -konditorei mit insgesamt 1900 Arbeitsplätzen
  • Bruttogeschossfläche von insgesamt 240 000 m2
  • umbautes Volumen von 1,5 Mio. m³
  • fünf Jahre Planungs- und Bauzeit
  • Gesamtinvestitionssumme von 600 Mio. CHF
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