Der Einsatz eines Manufacturing Execution Systems bietet mittelständischen Unternehmen weit reichende Optimierungspotenziale. Im Stammhaus der Huber-Gruppe konnten hierdurch die Durchlaufzeiten bei Halb- und Fertigfabrikaten bei der Druckfarbenproduktion gesenkt und die Ressourcenauslastung erhöht werden. Gleichzeitig ließen sich die GMP-Anforderungen bei der Herstellung sicher einhalten.
Das Stammhaus der Huber-Gruppe, die Michael Huber München GmbH (MHM), ist der führende Hersteller von Bogen- und Rollenoffset-Druckfarben und bietet ein umfassendes Produktprogramm insbesondere für den Verpackungsdruck. Für die Herstellung von Lebensmittelverpackungen hat MHM migrationsarme (MGA) und sensorisch neutrale Bogenoffsetdruckfarben entwickelt, die unter dem Markennamen Corona-MGA 5045 zusammengefasst sind und die Anforderungen für den Einsatz im Lebensmittelbereich erfüllen. Dazu zählen unter anderem:
- Vermeidung geruchlicher und geschmacklicher Beeinträchtigung des Füllguts
- keine Farbveränderungen des Lebensmittels
- Migration von Stoffen aus der Druckfarbe durch den Bedruckstoff in das Lebensmittel nur im Rahmen vorgegebener Grenzwerte
- keine Verwendung und Migration kanzerogener, mutagener und reproduktionstoxischer Stoffe
- kein Aufquellen von polymerem Folienmaterial durch Aufnahme von Stoffen aus der Druckfarbe
Für die Herstellung solcher Druckfarben gelten zwei GMP-Richtlinien.
Besondere Anforderungen
Diese verschärften Bedingungen für Lebensmittelverpackungsfarben stellen an das MES besondere Anforderungen. Es muss Vorgaben an den Prozess definieren, das heißt Zeit- und Reihenfolge der Auftragsbearbeitung, Einsatz von Betriebsmitteln und Personal, Bereitstellung von Material und andere Voraussetzungen zur Produktionsdurchführung. Die operativen Aktionen im Produktionsprozess (Ressourcenbereitstellung, Sicherung des Materialflusses, Einhaltung der Qualitätsparameter usw.) müssen vom MES geführt sowie die Nachvollziehbarkeit aller Aktionen im Prozess (Tracing/Tracking) gewährleistet werden. Darüber hinaus liegt bei MHM bei den meisten Aufträgen die Reaktionszeit vom Auftragseingang bis zur Auslieferung nur im Stundenbereich. Die Sicherung der Lieferfähigkeit hat deshalb im Prozessmanagement oberste Priorität. Ziel war es, eine hochfrequente Prozessführung zu realisieren, die die maximale Verbesserung der Termintreue und die Steigerung der Produktion ohne zusätzlichen Personaleinsatz ermöglicht. Mit f@stchain von InQu Informatics wurde dieser hohe Anspruch erfüllt.
Ressourcen effektiv planen
MHM setzt f@stchain bereits seit einigen Jahren in der konventionellen Offsetdruckfarbenherstellung ein. Die MES-Lösung dient als Bindeglied zwischen der Auftragsbearbeitung und den Steuerungslösungen der Produktion. Das MES wird bei MHM zur Zeit auf das modernste Release migriert. Einer der ersten Einsatzbereiche der neuen Lösung ist der beschriebene MGA-Bereich. Bei der Bestimmung der optimalen Bearbeitungsreihenfolge werden in erster Linie die Ressourcen Maschinen und Anlagen, aber auch das erforderliche Personal berücksichtigt. Hierbei spielt die Rüstoptimierung eine entscheidende Rolle. Nach Material- und Farbgesichtspunkten wird eine Bearbeitungsfolge gebildet, die minimale Reinigungsaufwände erfordert. Gewährleistet wird das durch die Vorabdefinition zulässiger Material- und Farbfolgen, die planerisch eingehalten und während der Prozessdurchführung an den Maschinen überwacht werden.
Aufträge zur Farbherstellung werden mit den Aufträgen zur Abfüllung über Auftragsnetze verkettet. Damit wird sichergestellt, dass Herstellung und Abfüllung zeitlich und mengenmäßig planerisch koordiniert werden, um bereits bei der Herstellungsplanung den Ausliefertermin der abgefüllten Farbe zu berücksichtigen. Außerdem wird damit von vornherein vermieden, dass es zu ungewollten Zuordnungen zwischen hergestellten Farbchargen und Verpackungschargen kommt.
Probenahme aus dem Prozess
An bestimmten Stellen wird der Farbherstellprozess angehalten, um eine Farbprobe zu nehmen. Diese wird unter mehreren Kriterien qualitätsgeprüft. Die Qualitätsprüfung erfolgt zeitnah, so dass der angehaltene Auftrag durch unmittelbar eingeschobene Nacharbeitsgänge fortgesetzt werden kann. Hierdurch werden Maschinen und Personal anders belastet, als das im Arbeitplan vorgesehen ist. Diese dynamischen Eigenschaften zeitnah auszuregeln, ist eine funktionelle Stärke von f@stchain. Die Planung und Prozessregelung erfolgt durch die Automatik des so genannten Produktivsystems. Dieses arbeitet etwa alle fünf Minuten folgende Schritte ab:
- Übernahme der aktuell freigegebenen Auftragsdaten aus SAP
- Übernahme aller seit dem letzten Zyklus gesendeten Meldungen aus dem Prozess
- Synchronisation der Ist-Situation (Abbildung der aktuellen Ressourcenbelegungen und -zustände)
- neue Gesamtplanung aller vorhandenen Aufträge
- Freigabe der neuen Auftragsreihenfolgen und -zuordnungen auf die Ressourcen
Unabhängig davon bietet das so genannte Simulationssystem interaktive manuelle Experimentiermöglichkeiten zur Überprüfung der Wirkung von außergewöhnlichen Situationen und/oder von Veränderungen am Kapazitätsangebot von Ressourcen. Es wird ein Schnappschuss aus dem Produktivsystem gezogen, und während das Produktivsystem weiterarbeitet, sind beliebig viele Experimente im Simulationssystem möglich. Soll eine simulierte Situation produktiv gesetzt werden, so wird sie im Produktivsystem nachgezogen. Damit wird der reale Prozessverlauf durch solche Experimente überhaupt nicht gestört.
Vielfältiger Nutzen
Neben der Einhaltung der GMP-Forderungen konnten die Durchlaufzeiten bei Halbfabrikaten um 40 bis 50 %, bei Fertigfabrikaten um 5 bis 10 % gesenkt und die Ressourcenauslastung bei gleich bleibendem Personalbestand erhöht werden. Die Transparenz wurde durch praktisch sofortige Reaktion der Planungsautomatik auf die realen Prozesszustände optimiert. Durch schnelles Erkennen von Engpässen, durch Vorhalt von Kapazität für kurzfristig eingehende reale Aufträge und durch auftragsbezogene zeitliche und mengenmäßige Abstimmung zwischen Farbherstellung und Abfüllung, werden wahrscheinliche Terminverletzer sofort erkannt. Dadurch ist eine unverzügliche Abstimmung mit Kunden möglich. Dies bedeutet auch für die Huber-Kunden unmittelbare Vorteile. Der eingesparte Aufwand in der Arbeitsvorbereitung und die Vermeidung von Sonderfahrten zur Termineinhaltung lassen für die Installation einen Return on Investment von etwa eineinhalb Jahren erwarten.
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Näheres zu f@stchain
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