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Verantwortungsvolles Handeln ist gefragt

Organisationshaftung von Führungskräften vorbeugen
Verantwortungsvolles Handeln ist gefragt

Geschäftsführer und Führungskräfte sind besonderen Haftungsrisiken ausgesetzt. Sie werden zunehmend von der Rechtsprechung zur Verantwortung gezogen, weil man davon ausgeht, dass sie durch eine sorgfältige Organisation Schadensfälle verhindern können. Für die Nahrungsmittelindustrie ist dies vor dem Hintergrund lebensmittelhygienischer Anforderungen und Produkthaftungsfragen von besonderer Bedeutung.

Dr. Kuno Karsten

Wenn aufgrund von Fehlern in der Aufbau- oder Ablauforganisation einem Dritten Schaden zugefügt wurde, so spricht man von einem Organisationsverschulden, für das die betreffende Führungskraft haftet. Eine Grundlage dafür bilden § 823 und § 831 BGB. Viele Gerichtsurteile zeigen, dass dabei das Prinzip der Beweislastumkehr angewendet wird: Kann man davon ausgehen, dass der Geschädigte nicht in der Lage ist, ein Verschulden nachzuweisen (weil er z. B. die internen Organisationsstrukturen nicht einsehen kann), so wird vom beklagten Unternehmen verlangt, dass es nachweist, dass ein Organisationsverschulden nicht vorliegt.
Grundsätzlich spielt diese Thematik in vielen Unternehmensbereichen eine Rolle. In letzter Zeit machten vor allem Gerichtsurteile in den Bereichen IT und Datenschutz oder im betriebswirtschaftlichen Risikomanagement Schlagzeilen. Für Führungskräfte in der Anlagentechnik ist die Organisationsverantwortung hingegen schon viel länger ein Thema, nicht zuletzt wegen der vielen Vorschriften des Arbeitssicherheits-, Gerätesicherheits- und Umweltschutzrechts. Im Lebensmittelbereich kommen die Ansprüche an die Lebensmittelhygiene hinzu.
Neben dieser Verschuldenshaftung gibt es im Bereich der Technik zusätzlich die Gefährdungshaftung (so z. B. beim Produkthaftungs- oder Umwelthaftungsgesetz). Im Rahmen der Gefährdungshaftung wird von einer besonderen Verantwortung des Produzenten bzw. Anlagenbetreibers ausgegangen, die dazu führt, dass im Schadensfall der Geschädigte lediglich den Kausalzusammenhang nachweisen muss. Ein schuldhaftes Handeln muss dabei nicht vorliegen. Während zivilrechtliche Haftungsansprüche in der Regel an das Unternehmen gestellt werden, erfolgt die strafrechtliche Haftung immer gegen natürliche Personen, was zu einer persönlichen Haftung von Führungskräften führen kann. Daraus ergeben sich Pflichten, die jede Führungskraft für seinen Verantwortungsbereich hat. Das letzte Glied in der Linie der Führungskräfte ist aber immer die Geschäftsführung und zwar alle Geschäftsführer gleichermaßen.
Maßnahmen zur Vorbeugung
Möglichkeiten zur Entlastung von Haftungsforderungen bietet vor allem der Nachweis des bestimmungsgemäßen Betriebs und der Einhaltung der Vorschriften, z. B. der Lebensmittelhygieneverordnung. Ein solcher Nachweis dürfte ohne klare und dokumentierte Organisationsstrukturen nicht zu führen sein. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit von Dokumentationssystemen, unterstützt von Managementsystemen, die eine klare Verteilung von Verantwortung und eine transparente Prozesslandschaft vorsehen. Beispiele solcher Managementsysteme sind Qualitäts-, Sicherheits- und Umweltmanagementsysteme, die zunehmend in integrierter Form (d. h. als ein einzelnes Managementsystem) umgesetzt werden. Im Lebensmittelbereich müsste hier das HACCP-Konzept entsprechend integriert werden.
Kern der Maßnahmen ist stets die Umsetzung der drei Grundpflichten:
  • richtig auswählen
  • richtig informieren und anweisen
  • ausreichend überwachen
Was richtig oder ausreichend ist, hängt von dem jeweiligen Risiko ab. In der Arbeitssicherheit hat schon vor einiger Zeit der Gesetzgeber die Gefährdungsbeurteilungen in das Zentrum der Betrachtungen gestellt. Der Unternehmer muss selbst die Risiken einschätzen und Maßnahmen daraus ableiten, woraus sich wiederum Betriebsanweisungen, Kontrollformulare und wiederkehrende Prüfungen ergeben. Im Bereich der Lebensmittelhygiene ist dieses Prinzip sogar noch älter. Kontrollpunkte zu definieren und Risiken zu analysieren, ist hier grundsätzlich etabliert. Für die Vorbeugung der Organisationshaftung bedeutet dies: Die Gefährdungsbeurteilungen sollten ein Maß für das Risiko beinhalten, so dass aus ihnen der zu treibende Aufwand für Selektion und Kontrolle sowie die Anweisungs- und Informationstiefe abgeleitet werden kann.
Sichere Instrumente
Nach wie vor ist ein zertifizierbares Managementsystem gepaart mit einer Dokumentation der Organisation eines der wichtigen Instrumente für die Sicherstellung und Nachweisbarkeit einer ordnungsgemäßen Betriebsorganisation. Zu beachten ist aber das zunehmende Bestreben, diese Systeme so schlank wie möglich zu gestalten. Dies ist sowohl aus Gründen der Praktikabilität als auch der Rechtssicherheit geboten. Um ein Dokumentationssystem möglichst rechtssicher zu gestalten, muss es hierarchisch aufgebaut sein. Es muss sich von strategischen Dokumenten bis herunter zu operativ nutzbaren Dokumenten konkretisieren. Wesentlich ist, dass zunächst das Dokumentationssystem möglichst vollständig ist, aber auch Eindeutigkeit und Widerspruchsfreiheit gewährleistet. Möglichst vollständig bedeutet dabei, dass alle durch die Regelwerke geforderten Dokumente in einem solchen System erfasst werden. Die Tiefe der Ausgestaltung ist dabei im Zusammenhang mit dem oben erwähnten Risiko zu sehen. Neben den organisatorischen Dokumenten ist zusätzlich eine Fülle von Aufzeichnungen zu führen, die letztendlich für den Nachweis der bestimmungsgemäßen Abläufe von unschätzbarem Wert sein können. Vor allem aber auch für den Nachweis der Lebensmittelhygiene an den kritischen Kontrollpunkten.
In Bezug auf die oben geforderte Vollständigkeit und Struktur des Dokumentationssystems ist jedoch darauf zu achten, dass das System schlank und vor allem operativ anwendbar bleibt. Zu häufig wachsen Dokumentationssysteme zu nicht mehr zu überblickenden Papierbergen aus. Dabei gilt: Ein zu umfassendes und unübersichtliches Dokumentationssystem beugt nicht allein dadurch der Organisationshaftung vor, weil es alle gesetzlichen Vorschriften berücksichtigt. Im Gegenteil, es dokumentiert geradezu einen schweren Organisationsmangel, wenn ein Mitarbeiter auf operativer Ebene vor einem kaum zu durchschauenden Dschungel von Vorschriften steht. Daher sind bei einem effizienten Dokumentationssystem mindestens folgende Aspekte zu beachten:
  • einfache Struktur (dem ausführenden Mitarbeiter darf pro Tätigkeit nur maximal ein Dokument zugemutet werden; für seinen gesamten Tätigkeitsbereich sollte er auf nur ein Handbuch zurückgreifen müssen)
  • festgelegter Prozess für Erstellung, Prüfung und Freigabe der Dokumente
  • elektronische Verteilung und Verfügbarkeit
  • Nutzung der Verweistechnik (nur vom Allgemeinen zum Konkreten, also keine Bottom-up-Verweise)
  • Anwendbarkeit und Nützlichkeit auf der operativen Ebene
  • Passen Risiko und Dokumentationstiefe zueinander?
Online-Info www.dei.de/1010440
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