Beim Einsatz von Wälzlagern in der Lebensmitteltechnik gibt es viel Verbesserungspotenzial und der Anwender kann oft beachtliche Einsparungen bei sehr geringem Investitionsvolumen erzielen. Die sorgfältige Auswahl der Lager unter Berücksichtigung der spezifischen Einsatzbedingungen lohnt sich also.
Holger Müller
Die hohen Hygienestandards, die in der Lebensmittelproduktion gelten, haben in zweifacher Hinsicht Auswirkung auf die Auswahl von Wälzlagern. Erstens müssen die Lager imstande sein, auch der Reinigung mit einem Hochdruckreiniger sowie mit Laugen oder Sterilisierflüssigkeiten standzuhalten. Zweitens muss verhindert werden, dass Schmiermittel aus dem Wälzlager dringt und die Umgebung kontaminiert.
Konventionelle Wälzlager sind für viele Anwendungsfelder der Lebensmittel- und Getränkeindustrie nicht geeignet – wegen des Kontaminationsrisikos und weil ihre Standzeit (und damit auch die der Antriebe bzw. der gesamten Anlage) durch die häufigen und gründlichen Reinigungsprozesse erheblich beeinträchtigt ist. Aus diesem Grund bietet NSK Wälzlager-Baureihen, die speziell für den Einsatz in den Maschinen und Anlagen der Nahrungsmittelindustrie entwickelt wurden. Dazu gehören Wälzlager mit rostfreiem Edelstahlgehäuse. Auch die in der Getränkeindustrie häufig eingesetzten Gehäuselager, die als Steh-, Flansch- und Spannlager verfügbar sind, gibt es in Edelstahlausführung.
Wenn der Anwender chemische Hilfsmittel für die Reinigung verwendet, ist der Einsatz von Wälzlagern sinnvoll, die mit einer Nickellegierung beschichtet sind. Sie sind korrosionsbeständiger als Edelstahllager und hartverchromte Lager. Als weitere Alternative für kritische Einsatzbedingungen wurden Hybrid-Wälzlager mit der Werkstoffpaarung Keramik-Stahl entwickelt, die im Durchschnitt eine doppelt so lange Lebensdauer aufweisen wie konventionelle Lager. Bei nochmals höheren Anforderungen an die Korrosionsbeständigkeit sind die Aqua-Bearings aus einem Fluorpolymer-Werkstoff erste Wahl. Sie können auch in wasser-, laugensalz- und stark säurehaltigen Umgebungen eingesetzt werden. Da sie ohne die traditionelle Schmierung auskommen, besteht auch kein Kontaminationsrisiko. Allerdings ist der Temperaturbereich dieser Lager im Vergleich zu konventionellen Wälzlagern eingeschränkt.
In beide Richtungen dicht
Mindestens ebenso wichtig wie die Werkstoffauswahl ist die Frage der Abdichtung. Auch hier gibt es wieder zwei Aspekte: Feuchtigkeit darf nicht eindringen, Schmierstoff darf nicht austreten. Ersteres ist vor allem dann kritisch, wenn die Anlagen mit Druckwasser gereinigt werden oder permanenter Nässe ausgesetzt sind. Für diese Einsatzfälle wurde eine Dreifachdichtung entwickelt, die in vielen Lagerbauarten als Option verfügbar ist.
Die Molded Oil-Technologie verhindert das Austreten von Schmierstoff. Die grundlegende Idee dieser Technologie: Der Schmierstoff wird in eine Trägersubstanz auf Polymer-Basis inkorporiert und über die Lebensdauer des Lagers sukzessive abgegeben. Folglich kommen die Lager ohne Nachschmierung aus – das minimiert das Kontaminationsrisiko. Zugleich verhindert die viskose Trägersubstanz das Eindringen von Verunreinigungen und Feuchtigkeit, und weil die Lager wartungsfrei sind, kann man sie gekapselt ausführen. Auf diese Weise werden auch Auswaschungen von Schmiermittel verhindert, die eine häufige Schadensursache von Wälzlagern in der Lebensmittelindustrie sind.
Laufzeit um Faktor Zehn erhöht
Dass sich diese Technologien in der Praxis bewähren, zeigen die folgenden Applikationsbeispiele. So konnte ein Lebensmittelhersteller die Laufzeit der Wälzlager an einem Förderband, das regelmäßig mit dem Hochdruckreiniger gesäubert wurde, um den Faktor Zehn erhöhen, nachdem er die vorhandenen Wälzlager durch Edelstahl-Rillenkugellager mit Molded Oil-Technologie ersetzt hatte. Ähnliche Erfahrungen machte der Betreiber einer Kartoffelschälanlage: Durch die Installation von Molded Oil-Rillenkugellagern wurde die Auswaschung des Schmierstoffs unterbunden, und die durchschnittliche Lagerlebensdauer erhöhte sich von sechs bis acht Wochen auf mehr als zehn Monate. Auch Gehäuselager mit Molded Oil-Technologie stehen zur Verfügung. Dieses Angebot nutzte ein Hersteller von Süßwaren, der an einer Förderanlage für Bonbons häufige Stillstände durch Lagerschäden beseitigen wollte. NSK stellte fest, dass der Zuckerguss der Bonbons bis in die Lager vordrang, dort kristallisierte und die Lager beschädigte. Mit dem Einsatz von Molded Oil-Gehäuselagern in gekapselter Bauweise konnte das Problem behoben werden, und der Anwender spart nun 256 Servicestunden pro Jahr.
Ein anderer Anwendungsfall der Wälzlager in einer Molkerei führte dazu, dass der Anwender – der zuvor nachschmierbare STF-Kunststofflager verwendet hatte – die Lager an einem Transportband nun nicht mehr alle zehn Wochen austauschen muss, sondern nur noch turnusmäßig einmal pro Jahr.
Hohe Lasten aufnehmen
Es wäre jedoch falsch, die spezifischen Einsatzbedingungen von Wälzlagern in der Lebensmitteltechnik auf die Hygiene zu reduzieren. Oftmals sind es auch hohe Lasten, die die Lager aufzunehmen haben, wie ein Beispiel aus der Backwarenproduktion zeigt: Ein Anwender hatte hier immer wieder Ausfälle an einer Teigknetmaschine zu verzeichnen. Die NSK-Anwendungstechnik untersuchte den Einsatzfall und stellte fest, dass die hohen Lasten an den Teigmischspindeln zu einer Wellendurchbiegung führten, die wiederum Verkippungen an den verwendeten Pendelrollenlagern zur Folge hatte. Die Techniker empfahlen, Pendelrollenlager aus dem HPS-Programm einzusetzen. Diese Lager sind für lange Lebensdauer unter ungünstigen Bedingungen entwickelt worden und bewähren sich u. a. in den Antrieben von Pumpen und Kompressoren. Die Empfehlung wurde in die Tat umgesetzt. Inzwischen laufen die Lager seit mehr als neun Monaten und damit drei- bis viermal so lang wie die zuvor verwendeten Wälzlager.
Online-Info www.dei.de/0310412
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