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Adäquater Schutz vor Explosionen

Wirksame Medizin gegen Produktionsausfälle
Adäquater Schutz vor Explosionen

Arzneistoffträger, Hilfsmittel wie Stärke, Zucker, Dextrin, Laktose und auch die meisten Pharmawirkstoffe stauben während ihrer Verarbeitung. Der Weg zu einer Staubexplosion ist oft nicht weit. Besonders gefährlich sind hybride Gemische, die sowohl gas- als auch staubexplosionsfähige Komponenten enthalten. Wichtig ist in jedem Fall das Know-how, die Einschätzung des Risikos und die Erarbeitung des am besten geeigneten Schutzkonzepts.

Bei hybriden Gemischen verstärken sich und die negativen Eigenschaften: Die Mindestzündenergien sind niedriger, die maximalen Explosionsdrücke höher als bei den Einzelkomponenten. Eine genaue Evaluation der chemisch-physikalischen Charakteristika der zu verarbeitenden Produkte ist hier besonders wichtig.

Grundlage für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, sollte generell die systematische Risikobeurteilung sein. Dabei wird im ersten Schritt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens explosionsfähiger Atmosphären sowie potenziell wirksamer Zündquellen überprüft, bevor die Heftigkeit der Auswirkungen einer Explosion klassifiziert wird. Für die Beurteilung der Auswirkungen einer Explosion sind unter anderem der KSt-/KG-Wert und der maximale Explosionsdruck ausschlaggebend. Der KSt-Wert (für Stäube) bzw. KG-Wert (für Gas) definiert die Geschwindigkeit, mit der sich die Explosion im geschlossenen Behälter ausbreitet. Er misst die Stärke der Explosion im Vergleich zu anderen Stäuben/Gasen. Der KST-Wert von Acetophenon liegt beispielsweise bei 109, von Methanol bei 75 bar m/s. Für Maisstärke beträgt der Kg-Wert 163, für Zucker 154 und für das hybride Gemisch von Maisstärke und Propan 530 bar m/s. Pmax ist der maximale Druck, der durch eine Explosion des jeweiligen Mediums in einem geschlossenen Behälter auftritt. Er liegt für die aufgeführten Gase, Stäube und das Gemisch zwischen 7,6 und 8,8 bar. Die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Explosion wird gemäß VDI-Richtlinie 2263 klassifiziert. Die Wahrscheinlichkeit reicht von Gruppe A (häufiger als einmal im Jahr) bis F (ein Mal in tausend Jahren).
In Schritt 2 der Risiko- und Gefahrenanalyse werden die Auswirkungen einer Explosion auf Personen, Umwelt sowie die Schadenshöhe bewertet. Beide Bewertungen werden in einer Matrix zusammengeführt. Die so ermittelten Kennzahlen geben an, ob und in welchem Maße eine Anlage bzw. ein Anlagenteil geschützt werden muss. Bei grün hinterlegten Feldern sind keine Schutzmaßnahmen erforderlich. Rot hinterlegt bedeutet, dass Schutzmaßnahmen dringend notwendig sind. Je höher die Bewertungszahl, desto umfangreicher muss der Schutz sein.
Nach der Risikobeurteilung gilt es, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Organisatorische Maßnahmen wie die regelmäßige Wartung der Anlagenteile, eine gründliche Reinigung aller Komponenten sowie der Produktionsstätten selbst und Schulungen des zuständigen Personals klingen zwar selbstverständlich. Dennoch gibt es vielerorts reichlich Verbesserungspotenzial. Dazu sind Konzepte des vorbeugenden Explosionsschutzes zu realisieren. Sie zielen darauf ab, explosionsfähige Stäube bzw. Gase und/oder Zündquellen zu vermeiden und die Wahrscheinlichkeit von Explosionen zu verringern. Optionen hierfür sind die Belüftung, Entstaubung und Reinigung von Luft und Oberflächen, die Inertisierung oder der Einsatz von Funkenlöschanlagen.
Auch wenn all diese Vorkehrungen getroffen wurden, lässt sich oftmals kein zuverlässiger Schutz garantieren – nicht zuletzt aufgrund der geringen Mindestzündenergien von vielen Gasen und vor allem hybriden Gemischen. Mithilfe des konstruktiven Explosionsschutzes werden daher die Auswirkungen einer (nicht zu vermeidenden) Explosion reduziert. Durch zertifizierte Sicherheitssysteme werden betroffene Anlagenteile, Mitarbeiter und die gesamte Umgebung geschützt. Hierzu verfügt man im konstruktiven Explosionsschutz über eine ganze Reihe an Möglichkeiten.
Konventionelle Druckentlastung
Bei Anlagen außerhalb von Gebäuden oder Anlagenteilen an einer Außenwand werden häufig Berstscheiben zur Explosionsdruckentlastung verwendet. Im Fall einer Explosion schützt die Berstscheibe die entsprechende Anlage, indem sie den Überdruck im Behälter durch ihr Öffnen verringert und die Explosion nach außen entlässt. Da kaum ein Prozess dem anderen gleicht, gibt es Berstscheibentypen, die sich in Form, Material, Temperatur- und Druck-/Vakuumbeständigkeit unterscheiden. Auch hygienisch anspruchsvolle Prozesse können mit Berstscheiben gesichert werden. Die Berstscheibe EGV HYP von Rembe bestand mit Erfolg den EHEDG-Reinigbarkeitstest. Innerhalb dieses Tests wird unter anderem die In-Place-Reinigbarkeit von Bauteilen geprüft.
Flammenlose Druckentlastung
Bei Anlagen innerhalb von Gebäuden sind Berstscheiben zur Druckentlastung nicht geeignet, da kein ausreichend großer Sicherheitsbereich zum Entlasten der austretenden Stäube und Flammen vorhanden ist. Häufig wird dieses Problem durch Abblasekanäle (Entlastungskanäle) gelöst, die die sich ausbreitende Explosion nach außen leiten. Diese Kanäle verhindern allerdings häufig ein prozessoptimiertes Anlagendesign und sind meist sehr kostspielig. Mit zunehmender Entfernung der Explosion vom Explosionsherd nimmt der Druck zu, dem Kanal und Anlage standhalten müssen. Die Anschaffung wird teurer.
Die flammenlose Druckentlastung stellt eine wirtschaftliche und effektive Alternative dar. Eine Technologie repräsentieren Q-Box und Q-Rohr von Rembe. Das dort eingesetzte Spezial-Mesch-Gewebe entzieht der Explosion Wärme, sodass sie in sich zusammenfällt, weder Flammen noch Druck treten aus. Die für eine Explosion typische Druckerhöhung und die Lärmbelästigung im Gebäude werden auf ein kaum wahrnehmbares Minimum reduziert, sodass der Schutz von Mensch und Maschine gewährleistet ist. Neben dem Spezial-Edelstahl-Mesch-Filter bestehen Q-Rohr und Q-Box aus einer Berstscheibe mit integrierter Signalisierung, die das Prozessleitsystem über das Ansprechen der Berstscheibe informiert. Durch die Staubrückhaltung des Edelstahl-Mesch-Filters sind Q-Rohr und Q-Box bei einigen Anwendungen eine gute Alternative zu Unterdrückungseinrichtungen – gerade im Hinblick auf die Wartungskosten. Das Q-Rohr hat neben einer Zulassung für Stäube auch eine Zulassung für Gase und hybride Gemische.
Explosionstechnische Entkopplung
Ziel der explosionstechnischen Entkopplung ist es, Rohrleitungen im Fall einer Explosion zu verschließen, die Ausbreitung von Druck und Flammen damit zu verhindern und angrenzende Anlagenteile zu schützen. Man unterscheidet zwischen aktiven und passiven Entkopplungssystemen. Aktive Systeme nehmen über Sensoren oder Detektoren eine Explosion bereits in der Entstehungsphase wahr. Sie registrieren den ansteigenden Druck oder sich bildende Flammen und aktivieren das zugehörige Entkopplungsorgan. Aktive Systeme empfehlen sich für Gasanwendungen und hybride Gemische. Die passive Entkopplung, ideal für Staubanwendungen, reagiert rein mechanisch durch ihre bauliche Beschaffenheit auf die Ausbreitung von Druck oder Druckverlust. Ein beliebtes Beispiel sind Rückschlagklappen. Diese werden im Normalbetrieb durch die in der Rohrleitung vorhandenen Ströme offen gehalten. Bei einer Explosion verschließt sich die Klappe durch die sich ausbreitende Druckfront und ein weiteres Ausbreiten von Druck und Flammen wird wirkungsvoll verhindert.
Normen, Zonen und Konzepte
ChemG, GefStoffV, ArbSchG, VDI 2263, TRGS 720 – die Liste der Gesetze und Regelwerke, die bei der Auslegung des Explosionsschutzes für Chemie- und Pharmaproduktionen zu berücksichtigen sind, ist lang. Risikobeurteilung, Zoneneinteilung und andere Vorarbeiten sind zeitaufwendig. Und wer stellt sicher, dass das Ergebnis nicht nur sicher, sondern auch wirtschaftlich optimal ist und kein „Over Engineering“ stattfindet? In keinem Fall macht es Sinn, jedes Anlagenelement ausschließlich einzeln und isoliert zu betrachten. Die ganzheitliche Betrachtung und gezielte Modifikation von Anlagenkomponenten kann Schutzsysteme überflüssig machen. Durch die Herausnahme von ein bis zwei Wendeln einer Rohrschnecke bildet sich eventuell ein Produktstopfen, der entkoppelnd wirkt. Auck kann es zwischen den Anlagenteilen zu Wechselwirkungen kommen. Ein gut geschützter Filter ist nichts wert, wenn sich die Explosion durch die angeschlossenen Rohrleitungen in weitere Anlagenteile fortpflanzt oder aber die Umgebung so staubig ist, dass es dort zu einer Sekundärexplosion kommt. Die Wahl des individuellen Schutzkonzepts ist eine komplexe Aufgabe und es bedarf eines erfahrenen Partners mit Know-how weit über seine Produktpalette hinaus.

Michael Hüske
Vertriebsleiter DACH,Rembe
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