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Hygienische Gefriertrocknung

Interview
Hygienische Gefriertrocknung

Die pharmazeutische Gefriertrocknung hat heute ihren festen Platz im Angebot der Optima Group Pharma (Schwäbisch Hall). Wir sprachen mit Franz Boßhammer, Geschäftsführer am Standort in Mornshausen, über neue Entwicklungen bei Klee-Gefriertrocknern sowie in der Gefriertrocknung allgemein.

Pharmaproduktion: Herr Boßhammer, es heißt immer wieder, die pharmazeutische Gefriertrocknung sei teuer und werde nur angewendet, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Zeichnen sich hier neue Ideen ab, wie die Anlagen- oder Prozesskosten spürbar reduziert werden können?

Boßhammer: Gefriertrocknungsanlagen erfordern einen hohen technologischen Aufwand, das ist soweit richtig. Sie sind in der Regel zudem Sondermaschinenbau. Aber die pharmazeutische Gefriertrocknung ist heute für viele Präparate die einzige Möglichkeit, diese dauerhaft haltbar zu machen. Potenzial, um den Kostenaufwand zu reduzieren, sehen wir beispielsweise in der Masse des Gefriertrockners insgesamt. Das heißt, man muss die Masse von Behältern und inneren Baugruppen reduzieren. Auch die Öl-Umlaufsysteme muss man reduzieren. In Gefriertrocknungsanlagen haben sie ja zum Teil tonnenweise Edelstahl, den sie aufheizen und abkühlen müssen. Man versucht, diesen Systemen immer bessere Regelungen zu geben und diese Massen auch zu optimieren.
Es ist immer auch ein Problem, eine Sondermaschine zu haben. Da werden wir die Standardisierung mehr noch in den Vordergrund bringen. Das größte Potenzial liegt jedoch im Energie- und Ressourcenverbrauch. Wasser, Stickstoff, auch die Kompressortechnik liefern enormes Potenzial, um bei den Prozesskosten spürbar runterzukommen. Erst in den letzten Jahren wurde sehr viel mehr auch darauf geachtet. Diese Ansätze sind also noch relativ neu.
Pharmaproduktion: Ist das Thema Umweltschutz bzw. Sustainability auch ein Beweggrund, um diese Entwicklungen zu forcieren?
Boßhammer: Das ist ganz sicher auch ein Grund, hier noch mehr zu tun. Wir haben ja beispielsweise auch alternative Kältemittel. Ein wesentliches Kältemittel ist bei uns bislang Flüssigstickstoff. Beim Flüssigstickstoff ist es wiederum so, dass er zunächst umweltverträglich ist. Aber um ihn wiederzugewinnen, muss man entsprechend Energie aufwenden.
Wenn ich mir aber die konventionelle Kompressortechnik ansehe, da werden noch sehr viele sogenannte Treibhausgase eingesetzt. Hier gibt es Ansätze, natürliche Kältemittel einzusetzen, zum Beispiel Ethan und Propan. Diese werden an den Gefriertrocknern im geschlossenen Kreislauf als Kaskadenkühlung eingesetzt.
Pharmaproduktion: Welche wichtigen technologischen Entwicklungen konnte Klee in den letzten drei Jahren realisieren?
Boßhammer: Wir haben uns intensiv mit der Reinigung und mit der Reinigungsfähigkeit der Gefriertrocknungsanlagen beschäftigt. Die Reinigung ist deshalb so wichtig, weil die Kontaminationen der Gefriertrocknungsanlagen zunehmend sind. Es ist so, dass es bei der Gefriertrocknung durchaus zu Verschleppungen von Produkt an bestimmten Aggregatteilen kommt, die dann wieder gereinigt werden müssen.
Pharmaproduktion: Obwohl da kein direkter Kontakt stattfindet?
Boßhammer: Ja. Bei der Gefriertrockung wird ja aus Eis Wasserdampf erzeugt und dabei entstehen sehr hohe Strömungsgeschwindigkeiten. Da lässt es sich einfach nicht vermeiden, dass Partikel mitgerissen werden. Diese Partikel sind dann beispielsweise auch in einem Vakuumpumpensatz vorhanden. Wir haben jetzt automatische Reinigungssysteme speziell für den Behälter, also die Innenteile von der Kammer, aber auch automatische Reinigungssysteme für die Peripherie, zum Beispiel für einen Pumpstand, entwickelt.
Man muss sich vor Augen halten, dass die gefriergetrockneten Produkte oft infektiös oder giftig sind. Da kann eine Vakuumleitung zur Wartung und Reinigung nicht einfach demontiert werden, auch nicht beim Maschinenausfall. Vorher muss deshalb ein Reinigungszyklus durchlaufen werden und den haben wir jetzt automatisiert. Bei verschiedenen Kunden ist dieses System schon im Einsatz. Hier reinigen sich diese Systeme automatisch, bevor sie zum Wartungsintervall geöffnet werden. Es geht hier natürlich wesentlich um Personenschutz.
Pharmaproduktion: Gibt es weitere Entwicklungen?
Boßhammer: Im Bereich der Pilotanlagen haben wir die Probenentnahmen und Probenverschlusseinheiten ebenfalls stark verändert. Heute haben wir eine sehr hohe Flexibilität hinsichtlich der Auswahl der Proben. Es gab bisher nur Probeentnahmesysteme, die an eine Pilotanlage „angedockt“ wurden. Mit denen hat man die Möglichkeit, nach einem bestimmten Ablauf des Prozesses Proben zu ziehen, diese in eine Schleuse zu bringen und für Untersuchungen komplett auszuschleusen. Diese Vorgehensweise haben wir verbessert, indem wir die Proben nicht mehr ausschleusen müssen, sondern innerhalb der Kammer der Gefriertrocknungsanlage nur noch verschließen. Man kann mit dem neuen System von einer kompletten Ebene jede Flasche separat zu einem bestimmten Zeitpunkt verschließen. So kann man die Analyse später durchführen. Es ist also nicht mehr notwendig, ein aufwendiges, kostenintensives Probenentnahmesystem zu installieren.
Auch die Pilotanlagen selbst haben wir dem Marktbedarf weiter angepasst. Pilotanlagen sind ja Anlagen im kleineren Maßstab. Und da können wir jetzt beispielsweise auch die VHP-Sterilisierbarkeit dieser Anlagen gewährleisten – inklusive der angebauten Isolatoren. Die VHP-Sterilisation ist eine Methode, bei der gasförmiges Wasserstoffperoxid in eine Anlage eingeleitet wird und dort Bakterien oder Sporen abtötet. Wenn nun die Isolatoren an die Gefriertrocknungsanlage angebaut sind, können jetzt beide als eine Einheit miteinander sterilisiert werden.
Pharmaproduktion: Die Pilotanlagen werden ausschließlich dazu verwendet, den Gefriertrocknungsprozess auf bestimmte Arzneimittel abzustimmen…
Boßhammer: Ja, denn die Produktionsanlagen sind mit Batches gefüllt, die in Millionen größenordnungen gehen. Da sind zum Teil 100 000 oder 150 000 einzelne Flaschen in einer Anlage. Pilotanlagen haben vielleicht nur ein bis zwei Prozent der Aufstellfläche, also vielleicht 0,5 m² anstelle von 30 oder 40 m².
Es gibt inzwischen jedoch auch Kombinationen: Das sind Pilotanlagen, die Clinical Batches trocknen können – für gefriergetrocknete Arzneimittel, die dem Menschen zu klinischen Versuchszwecken verabreicht werden können. Und dazu braucht man Batches, die der Produktionsqualität entsprechen. Hierfür gibt es Anlagen mit ca. 2 bis 3 m² Aufstellfläche.
Pharmaproduktion: Lassen Sie uns nochmals auf die Innovationen zurückkommen. Gibt es dazu noch mehr Neuigkeiten?
Boßhammer: Auch zum Turnover-Zeitraum haben wir uns Gedanken gemacht. Wird ein Batch abgeschlossen, dann möchte man so schnell wie möglich wieder für den nächsten Batch bereit sein. Dazwischen braucht man jedoch einen CIP/SIP-Zyklus. Und dann muss man die Anlage auch noch testen. Denn bevor so wertvolle Batches in die Gefriertrocknungsanlage gegeben werden, möchte man sicher sein, dass die Verfügbarkeit der Maschine gegeben ist und ob alle wesentlichen Bestandteile der Maschine funktionieren. Dazu macht man einen vollautomatischen Testzyklus. All diese Phasen machen insgesamt die Turnoverzeit zwischen zwei Batches aus. Und die möchte man natürlich sehr kurz halten. Hier ist es uns gelungen, je nach Anlagengröße, Zeiten von 8 bis 10 Stunden zu verwirklichen.
Pharmaproduktion: Wie war hier die Ausgangszeit? Kann man das prozentual beschreiben?
Boßhammer: Das ist sehr unterschiedlich. Denn die Maschinen sind zum Teil mit speziellen Baugruppen ausgerüstet um diese Zeiten zu realisieren. Ein Beispiel: Sie heizen den Behälter auf, um ihn zu sterilisieren. Der ist von außen wärmegedämmt. Für die nachfolgenden Abläufe ist die Wärmedämmung jedoch zeitlich kontraproduktiv. Deshalb haben wir einen speziellen Mantel entwickelt, um das Edelstahlgehäuse von außen wieder abzukühlen. Ohne diesen Mantel müsste man alleine schon eine Abkühlzeit von 8 bis 10 Stunden kalkulieren. Dieser Prozess ist bei uns auf 3 Stunden oder weniger reduziert worden. Dann laufen ja noch weitere Prozesse ab: CIP/SIP, das Trocknen, das Testen usw. Geht man jetzt davon aus, dass bislang kein Kühlsystem eingesetzt wurde, dann mussten 16 bis 18 Stunden, vielleicht auch 20 Stunden, als Turnover-Zeitraum veranschlagt werden.
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