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Baustellenbegehung auf dem Bildschirm

Von planungsbegleitender Simulation bis virtueller Inbetriebnahme
Baustellenbegehung auf dem Bildschirm

Bei der Planung eines modernen Verpackungszentrums sind viele strategische Entscheidungen zu treffen. Ein Simulationsmodell kann die Planer bei der Auslegung der Betriebsmittel, Platzbedarfe, Auslegung der technischen Gebäudeausrüstung und Personalplanung unterstützen. So geschehen bei einem ingelheimer Pharmaunternehmen, das durch den Einsatz von Simulationstools bereits in der Planungsphase viele Fragen beantworten konnte.

Autoren Nico Zahn, Projektleiter Logistik und Intralogistik TS concept Heiko Reitzer, Projektleiter Automatisierung und EMSR-Technik, Boehringer Ingelheim Pharma

Es ist das Jahr 2005: Dort, wo das neue LPC (LogiPack-Center) von Boehringer Ingelheim entstehen soll, ist ein zwei Fußballfelder großes Loch im Boden. Die ersten Planungsvarianten für die Produktion liegen schon als Layouts und Präsentationen vor. Das LPC in Ingelheim wird ein modernes Verpackungszentrum mit einer Kapazität von bis zu 240 Mio. Packungseinheiten pro Jahr, einem fahrerlosen Transportsystem (FTS), Fördertechnik, einer direkten Anbindung an das Logistikcenter und einem innovativen Materialflusskonzept, das ohne Kommissionierung auskommen soll. Die Geschäftsführung und das Planungsteam beschäftigten zu diesem Zeitpunkt wichtige Fragen wie:
  • Welche Möglichkeiten gibt es, das Verpackungszentrum durch korrekte Dimensionierung seiner Elemente zu optimieren?
  • Welche Planungsvariante ist zu wählen?
  • Wo liegen Engpässe und Leistungsgrenzen des Systems?
Um diese Fragen beantworten zu können, hat das Pharmaunternehmen eine planungsbegleitende Simulationsstudie in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der Simulation von TS Concept dienten maßgeblich der Planungssicherheit.
Simulationsmodell in 3-D
Mit dem Dienstleister für Modellierung und Analyse produktionslogistischer Systeme wurde gemeinsam eine verbale Beschreibung der geplanten Prozesse erstellt. Unterstützt durch abgestimmte Leistungsdaten für Betriebsmittel, Auftragsgrößen, Produktionsgeschwindigkeiten, Schichtpläne, Störungshäufigkeiten und Dauer des Verpackungsprozesses, konnte ein Modell in einer dynamischen 3-D-Simulationsumgebung entstehen. Die festgelegten Szenarien zeigen Ausbringung, Engpässe und die Anzahl der benötigten Transportfahrzeuge des FTS für die untersuchten Planungsvarianten. Durch den Zeitraffereffekt in der Simulation ließen sich Produktionsszenarien von bis zu einem Jahr Betrachtungszeitraum innerhalb kürzester Zeit abbilden. Der Simulator lieferte eine Visualisierung in 3-D und ließ alle Projektteilnehmer schon damals virtuell durch die fertige Anlage laufen. Ideen wurden direkt an der 3-D-Darstellung diskutiert. Aus den Szenarien ging hervor, dass vor allem das Umladen von Materialien für den Reinbereich zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde und die Materialien später als benötigt an der Linie einträfen. Als Lösungsansatz wurde eine Expressbahn in die Materialumwandlung gesetzt, damit Materialien, die sich bereits auf Alupaletten befinden, überholen können und in der sequenziellen Abarbeitung der Paletten keine Zeit mehr in Anspruch nehmen. Der Lösungsansatz wurde im Simulationsmodell umgesetzt und der Beweis erbracht, dass die Maßnahme den gewünschten Effekt bringt. Auch bei den Betriebsmitteln sah man mit dem Simulationsmodell klarer. Es zeigte, dass das Transportvolumen mit einem FTS bewältigt werden kann. Die Entscheidung fiel für ein hochautomatisiertes Transportsystem, das im schwarzen Bereich und im Reinbereich Palettentransporte durchführt.
Alles schien zunächst gut zu funktionieren. Doch ein paralleles Projektteam war damit beauftragt, eine Effizienzsteigerung in dem bereits bestehenden alten Verpackungssaal zu erreichen. Diese Verpackungslinien würden bald in das neue LPC umziehen. Die Ergebnisse der Untersuchung: Die Rüstzeiten könnten um die Hälfte gesenkt werden und das Logistiksystem hätte somit auch nur noch die Hälfte der Zeit, um die Materialien von der Linie abzufahren und neue Materialien hinzubringen. Die Simulationsstudie zeigte eindeutig, dass die Fahrzeuge auch in gesteigerter Anzahl die Transporte nicht rechtzeitig abschließen könnten. Es würde Verzögerungen an den Linien geben, weil das Material nicht schnell genug angeliefert wird, obwohl das FTS nicht voll ausgelastet ist. Aus dem Projektteam kam schließlich die Idee, eine zweite Ebene über den Stellplätzen an der Linie vorzusehen. Nun kann das Material für den folgenden Auftrag in den Zeiten an die Linie gebracht werden, in denen das FTS weniger stark ausgelastet ist. Beim Auftragswechsel werden dann nur die Materialien mit einem FTS von oben nach unten rangiert. Es wurde eine Logik entworfen und eine Priorisierungsregelung für die Transporte festgelegt. Die Simulation zeigte nachweislich, dass sich durch die Überbauung der Linienplätze eine deutliche Verbesserung erzielen lässt. Beim FTS muss also ein Hub vorgesehen werden und über die Plätze an der Linie eine Regalreihe installiert werden. Die Anforderungen wurden in die Ausschreibung mit aufgenommen.
Virtuelle Testumgebung
Bei dem Neuaufbau oder bei Änderungen einer industriellen Anlage sind jedoch nicht nur Fördertechnik, Maschinen und sonstige Betriebsmittel aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. In modernen Anlagen, die mit Sensorik wie Barcode-Scannern oder RFID-Lesegeräten und komplex vernetzten Rechnersystemen ausgestattet sind, gilt es zudem, die steuernden und in die Supply Chain integrierten Informationsprozesse reibungslos und fehlerfrei zu implementieren.
Das Simulationsmodell wurde erweitert und Stück für Stück mit den realen IT- und Steuerungssystemen gekoppelt. Es machte so Tests der einzelnen Anlagenteile möglich, bevor diese baulich umgesetzt wurden. Das Entwickeln, Testen, Qualifizieren und Produzieren ist parallel möglich. Durch diesen Zeitgewinn und durch eine frühzeitige Fehlererkennung und -behebung reduzieren sich die Kosten in der Anlaufphase der Produktion um 98 %. Durch die Testmöglichkeiten während der Entwicklung, die unabhängig vom realen System zur Verfügung stehen, erreicht man innerhalb der IT-Struktur eine hohe Stabilität der Prozesse in kürzerer Zeit.
Darüber hinaus können bereits im Vorfeld erste Schulungen an dem virtuellen System erfolgen und die Schulungsteilnehmer sind in der Lage, Wirkungszusammenhänge zwischen ihren Eingaben und der Reaktion des Systems zu beobachten. In der Pharmaindustrie kommt hinzu, dass die Anlagen qualifiziert und die mittels IT-Struktur abzubildenden Prozesse validiert werden müssen. Mit einem zuverlässigen Testsystem ist so etwas virtuell möglich.
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