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Das Markirovka-Projekt zur Serialisierung von Medikamenten

Medikamentenkennzeichnung und -rückverfolgbarkeit in Russland
Das Markirovka-Projekt zur Serialisierung

Das Markirovka-Projekt zur Serialisierung
Wörwag Pharma ist weltweit in 35 Ländern präsent. Der Fokus liegt dabei auf Osteuropa. Russland ist nach Deutschland der wichtigste Markt.
Die russische Regierung hat mit dem Markirovka-Projekt ein umfassendes System für die digitale Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von Waren entwickeln lassen. Um die Vielzahl an komplexen Regularien und Vorgaben erfüllen zu können, bedarf es eines interdisziplinären Projektteams mit Experten insbesondere aus Produktion, Logistik, IT, Marketing und Qualitätssicherung. Darüber hinaus empfiehlt es sich, mit einem externen Technologie-Dienstleister zusammenzuarbeiten.

Mit dem föderalen Gesetz Nr. 61-FZ „Über den Arzneimittelverkehr“ samt Änderungen 425-FZ und 462-FZ (letztere vom 27. Dezember 2019) sowie den zugehörigen Beschlüssen hat die russische Regierung ein föderales staatliches Informationssystem zur Überwachung des Verkehrs von Arzneimitteln für den medizinischen Gebrauch in der Russischen Föderation eingeführt. Juristische Personen, die Arzneimittel in Russland herstellen beziehungsweise in die Eurasische Union einführen, dort lagern, ausgeben, verkaufen, anwenden und/oder entsorgen, müssen all diese Prozesse in einem speziellen Tracking-System end-to-end dokumentieren, im Monitoring Dvijenia Lekartsvennikh Preparatov-System (MDLP). Zudem sind Pharmaunternehmen verpflichtet, Medikamentenverpackungen mit eindeutigen Identifikations- und Verifikationsmerkmalen zu versehen. Damit soll sichergestellt sein, dass die komplette Wertschöpfungskette aller Waren – von verschreibungspflichtigen Medikamenten über OTC-Arzneimittel bis hin zu Bio-Produkten – transparent nachverfolgbar ist.

Sowohl in Russland produzierte als auch aus dem Ausland importierte Medikamentenverpackungen müssen – der aktuellen Gesetzeslage entsprechend – einen Data-Matrix-Code zur Identifikation und Verifikation erhalten. Neben der Produktnummer (GTIN) und der Seriennummer muss dieser auch einen Krypto-Code-Schlüssel und eine Krypto-Code-Signatur beinhalten. Krypto-Code-Signatur und -Schlüssel, die eine zweifelsfreie Verifikation von Medikamentenpackungen ermöglichen sollen, kann das pharmazeutische Unternehmen nicht selbst generieren. Es muss sie beim russischen Betreiber, dem Zentrum für die Entwicklung fortschrittlicher Technologien (CRPT), anfordern.

Hardware und Verpackung

Auch wenn die Zeichenzahl der Krypto-Code-Signatur aufgrund anhaltenden Widerstands der Branche von ursprünglich 88 alphanumerischen Zeichen auf 44 reduziert wurde, hat sie dennoch erheblichen Einfluss auf die notwendige Größe des zu erstellenden Data-Matrix-Codes. Sofern noch keine Hardware für die Serialisierung vorhanden ist, muss der Hersteller entsprechende Geräte kaufen. Selbst bei bereits vorhandenem Equipment kann es wegen der spezifischen Anforderungen notwendig sein, neue Drucker sowie hochauflösende Kameras und Scanner zu beschaffen. Aufgrund der notwendigen Aggregation von Sekundärverpackungen ist es ebenfalls erforderlich, Equipment zur Aggregation zu erwerben. Und da neue Informationen auf die Sekundärverpackung eines jeden Medikaments aufzudrucken sind, ist das Verpackungsdesign entsprechend anzupassen. Die oben aufgeführten Anforderungen an den Data-Matrix-Code können ferner dazu führen, dass nicht nur eine Anpassung der Verpackungsgröße notwendig, sondern auch eine bessere Verpackungsqualität für optimale Druckergebnisse zu wählen ist.

Reporting

Um überhaupt am System teilnehmen zu können, müssen Pharmaunternehmen zunächst einen mehrstufigen Zulassungsprozess durchlaufen, an dem verschiedene Registrierungsstellen und Ministerien beteiligt sind. Dabei müssen die Firmen unter anderem umfangreiche Produktstammdaten hinterlegen. Unternehmen der pharmazeutischen Lieferkette sind verpflichtet, eine Vielzahl von Ereignissen mit den zugehörigen relevanten Informationen zu erfassen und an das russische MDLP-System zu übermitteln – von Reports über die produzierten Einheiten (indirekt über die sogenannte Order-Management-Station) bis hin zu zahlreichen Supply-Chain-Events, die sie direkt an das MDLP-System übermitteln müssen. Daneben erzeugt das MDLP-System eigene Nachrichten, die Unternehmen in der Lieferkette empfangen und verarbeiten müssen. Insgesamt kann es sein, dass ein auf dem russischen Markt aktives Unternehmen bis zu 70 Nachrichten erstellen oder empfangen können muss.

Software-Lösungslandschaft

Neben den Reporting-Anforderungen bedarf es einer tiefen Integration mit anderen Software-Lösungen des Unternehmens, wie etwa ERP-, WMS- und Line-Management-Systemen, sowie mit Geschäftspartnern. Es empfiehlt sich, neben einer modularen State-of-the-art Serialisierungs- auch eine Track-and-Trace-Lösung einzusetzen, die sich in die vorhandene beziehungsweise die neu entstehende Systemlandschaft integrieren lässt. Ebenso ist eine verlässliche Kommunikation mit externen Organisationen wie Lohnfertigern (CMOs), Zulassungsinhabern (MAHs), Kunden und Logistikdienstleistern sicherzustellen. Daneben sollte die Software verschiedene Berichts-, Herstellungs- und Logistikprozesse unterstützen. Ein modularer Aufbau bietet den Vorteil, dass sich einzelne Komponenten zu einem kundenspezifischen Lösungspaket kombinieren lassen, das die individuellen Prozesse und Funktionen innerhalb der jeweiligen Supply-Chain optimal abbildet.

Übergangsfristen

Die Übergangsfrist für die Kennzeichnungs- und Meldepflicht von Arzneimitteln an das staatliche Informationssystem läuft am 1. Juli 2020 aus. Für Präparate aus der Liste der kostenintensiven Nosologien ist die Kennzeichnung bereits seit 1. Januar 2020 Pflicht. Um die strengen Regularien umzusetzen, haben die zuständigen Behörden eine gewisse Übergangsfrist eingeräumt. Medikamente, die vor Ablauf der Deadlines importiert oder in der russischen Föderation produziert werden, müssen nicht mit den neuen Sicherheitsmerkmalen versehen sein und können dennoch in den Verkauf gelangen. Je nach Projektstatus kann es trotz der verlängerten Übergangsfristen sinnvoll werden, Sicherheitsbestände mit unserialisierten Produkten (in Russland) anzulegen, um Lieferengpässen vorzubeugen.

Internes und externes Know-how

Die Vielzahl an komplexen Regularien und Vorgaben können Pharmaunternehmen nur mit dem richtigen Personal erfüllen. Es braucht ein interdisziplinäres Projektteam mit Experten aus allen Unternehmensbereichen, insbesondere aus Produktion, Logistik, IT, Marketing und Qualitätssicherung. Schließlich sind alle Abteilungen vom Markirovka-Projekt direkt oder indirekt betroffen. Ebenso ratsam ist es, mit einem externen Technologie-Dienstleister zusammenzuarbeiten. Es ist wenig sinnvoll, ein Tracking-System mit MDLP-Integration selbst zu entwickeln, denn es gibt bereits vielfach bewährte Serialisierungslösungen. Wichtig ist, dass der Anbieter gute Verbindungen in die Länder der Eurasischen Union und zu den regulatorischen Behörden hat. So ist sichergestellt, dass er Zugang zu aktuellen Spezifikationen erhält und möglichst frühzeitig von etwaigen Änderungen erfährt. Um sowohl die Wertschöpfungskette als auch einzelne Geschäftsprozesse end-to-end analysieren, anpassen und optimieren zu können, braucht der Dienstleister einen transparenten Überblick über alle Datenflüsse: Welche Daten aus welchen Quellen fließen in welche Systeme? Idealerweise beschäftigt er erfahrene Serialisierungs- und Supply-Chain-Management-Experten. Nicht zuletzt sollte er Partnerschaften zu fachkundigen Hardware-Anbietern pflegen, die ihrerseits das Gesamtsystem validieren und integrieren können. Durch die fachgerechte Unterstützung eines spezialisierten Experten sind Pharmaunternehmen bestens gerüstet. Denn das Ziel, alle Bewegungen jedes einzelnen Produkts über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg transparent verfolgbar zu machen, ist eine Aufgabe, die Unternehmen allein kaum stemmen können.

Praxisbeispiel Wörwag

Für Wörwag Pharma ist Russland der nach Deutschland wichtigste Markt. Um rund 80 %t seiner Produkte für den dortigen Markt zu serialisieren, arbeitet das Unternehmen mit Arvato Systems zusammen. Die Arvato CSDB-Lösung (Arvato Corporate Serialization Database) lässt sich in bestehende ERP-Systeme integrieren, bietet Schnittstellen zu Produktionsstätten und -linien, Lieferanten- sowie Verifikationssystemen und führt Serialisierungselemente zusammen. Für die Serialisierung kann Wörwag Pharma auf verschiedene Geschäftsszenarien zugreifen, etwa den Export mit und ohne Repräsentanz in Russland, den direkten Export sowie Konsignationsvereinbarungen und Reverse-Acceptance-Szenarien. Zudem erhält das Pharmaunternehmen einen aktuellen Überblick über die einzelnen Anforderungen und den Stand der Umsetzung. Über seinen IT-Dienstleister hat Wörwag Pharma Zugang zu Spezifikationen. So ist es gelungen, einen effektiven Gesamtprozess abzubilden.

Arvato Systems GmbH, Güterloh


Autor: Peter Koop

Vice President Healthcare,
Arvato Systems

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