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Die Dimension wird häufig unterschätzt

Serialisierung erhöht den organisatorischen Aufwand
Die Dimension wird häufig unterschätzt

Die Dimension wird häufig unterschätzt
Jörg Paul Zimmer ist Geschäftsführer Pharma und Chemie bei der GUS Deutschland
Die heiße Phase hat begonnen: Genau drei Jahre haben Pharmahersteller jetzt noch Zeit, ihre verschreibungspflichtigen Medikamente so zu verpacken, dass diese weitgehend fälschungssicher sind. Jörg Paul Zimmer, Geschäftsführer Pharma und Chemie bei der GUS Deutschland GmbH, erklärt, warum die Umsetzung der Richtlinie mehr ist als „nur“ eine technische Herausforderung.

Auf die Echtheit von Medikamenten ist künftig Verlass – für die Patienten eine gute Nachricht. Allerdings kommt auf die Hersteller nun einiges zu. Wie bewerten Sie die Fälschungsschutzrichtlinie?

Zimmer: Ich begrüße es sehr, dass wir nun endlich Klarheit haben und zusammen mit unseren Kunden an der Umsetzung arbeiten können. Es gibt weder Anlass zur Panik noch einen Grund, das Projekt auf die lange Bank zu schieben. In jedem Fall ist die neue Verordnung wichtig und richtig, denn nun können wir den Fälschern ihr verbrecherisches Handwerk legen.
Wie schätzen Sie die Situation in den Unternehmen ein? Sind die Hersteller gut vorbereitet?
Zimmer: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade der Mittelstand, an den sich die GUS ja in erster Linie richtet, häufig die Dimension unterschätzt, die die Umsetzung dieser Richtlinie hat. Manche glauben, es sei mit der Anschaffung eines Druckers getan, um die Seriennummern auf die Verpackungen zu bringen. Doch es geht um weitaus mehr.
Was sind Ihrer Ansicht nach die Knackpunkte?
Zimmer: Es gibt zwei wesentliche Herausforderungen: Zum einen führt die Serialisierung der Medikamente in den meisten Fällen zu einem sehr hohen organisatorischen Aufwand mit vielen Beteiligten. Zum anderen handelt es sich um ein Vorhaben, bei dem sowohl wir als IT- und Beratungsspezialisten als auch die Unternehmen selbst kaum auf Erfahrungswerte zurückgreifen können. Das macht das Ganze besonders anspruchsvoll.
Wo setzen Sie an, wenn ein Pharmahersteller zu Ihnen kommt und um Unterstützung bittet?
Zimmer: Zunächst gilt es, das Geschäft des Unternehmens zu durchleuchten. Wir stellen Fragen wie: Produziert die Firma eines oder mehrere Präparate? Stellt es diese nur her oder bringt es sie auch in den Verkehr? In welchen Ländern wird das Medikament vertrieben? Ebenfalls eine wesentliche Rolle spielen Aspekte wie der Automatisierungsgrad in der Produktion oder die Zusammenarbeit mit externen Partnern, wie Druckereien.
Wie sieht der nächste Schritt aus?
Zimmer: Nach dieser umfangreichen Analyse erarbeiten wir gemeinsam ein Konzept für die konkrete Umsetzung der Richtlinie. Unternehmen müssen beispielsweise entscheiden, wo sie innerhalb der Verpackungslinie die Drucker und Scanner für die neuen 2-D-Codes platzieren wollen. Sie müssen sich überlegen, wer die individuellen Seriennummern in die zentralen Datenbanken der pharmazeutischen Industrie lädt und zu welchem Zeitpunkt das passieren soll. Dazu kommen Fragen wie: Was delegiere ich an meinen Lohnhersteller, was wickle ich selbst ab? Welche Produktionsstandorte sind involviert, wie erfasse ich Retouren? Erst wenn dieses Konzept steht, machen wir uns an die technische Umsetzung. Dazu erweitern wir die in der GUS-OS Suite abgebildeten Standards um die jeweiligen unternehmensspezifischen Prozesse. Zudem kümmern wir uns – wenn nötig – um die Erweiterung der IT-Infrastruktur und schließlich auch um die Schulung der Mitarbeiter.
Wo passieren Ihrer Erfahrung nach die meisten Fehler?
Zimmer: Gerade kleinere Pharmahersteller vergessen oft, dass meistens auch Unternehmensbereiche von der Richtlinie betroffen sind, die mit der eigentlichen Produktion gar nichts zu tun haben. So gibt es beispielsweise fast immer Berührungspunkte mit dem Marketing: Als Hersteller muss ich mich entscheiden, welches Siegel ich wähle und wo ich den 2-D-Code auf der Packung aufdrucke. Mitunter reicht der Platz gar nicht aus, sodass das Layout geändert werden muss. Das kann im Einzelfall sogar dazu führen, dass Unternehmen ihr Corporate Design als Ganzes hinterfragen.
Auf welche Bereiche wirkt sich die Serialisierungsrichtlinie sonst noch aus?
Zimmer: Eine weitere große Herausforderung ist die enorme Datenmenge, die durch die eindeutige Identifizierung jedes einzelnen Medikaments entsteht. Denn statt wie bisher nur jede Charge zu berücksichtigen, muss künftig jede einzelne Verpackung erfasst und verarbeitet werden. Und auch das Controlling steht vor tief greifenden Veränderungen: Die Produktionsprozesse werden sich durch die Serialisierung in jedem Fall zunächst verlangsamen, ergo gibt es zu Beginn keine Erfahrungswerte, anhand derer sich ein Prozess betriebswirtschaftlich eindeutig bewerten lässt.
Seit 2014 unterstützt die GUS die Initiative Securpharm. Worum geht es dabei genau?
Zimmer: Hinter Securpharm stehen Verbände der Pharmaindustrie, des Großhandels und der Apotheken. Mit der Verabschiedung der EU-Richtlinie 2011 begannen die Partner, ein System zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen zu entwickeln. Dazu haben sie sich auch IT-Dienstleister ins Boot geholt, unter anderem Arvato Systems. Aufgrund unserer engen Zusammenarbeit mit dem Systemintegrator begleiten auch wir die Initiative und bieten deren Lösung als integrierten Bestandteil unserer GUS-OS Suite an.
Die Tests des Securpharm-Verfahrens laufen seit 2013. Welche Erfahrungen konnten Sie sammeln?
Zimmer: Eine derart weitreichende Neuerung wie die Fälschungsrichtlinie wird in Branchenkreisen natürlich viel diskutiert. Zudem sind wir gut vernetzt und nehmen an zahlreichen Arbeitskreisen zum Thema teil. Daher sind wir sehr nah dran an den Projektbeteiligten. Aktuell sind das zwei Großhändler, 400 Apotheken und 25 Arzneimittelhersteller. Sie stellen bereits heute ihre Packungen so her, wie es künftig Pflicht sein wird. Natürlich lief nicht von Anfang an alles rund. So gab es beispielsweise zu Beginn des Projektes reihenweise Packungen, die unter Verdacht standen, gefälscht zu sein. In dieser Häufung war das aber schlichtweg nicht plausibel. Bis man dahinterkam, dass die vermeintlich gefälschten Produkte Seriennummern hatten, in denen die Buchstaben Y bzw. Z vorkamen. Das Problem: Ein Scanner funktioniert im Prinzip wie eine Tastatur. Auf einer englischen Tastatur ist jedoch das Y da, wo sich auf einer deutschen das Z befindet – und umgekehrt. Daher hatten einige Scannermodelle ganz einfach die Buchstaben vertauscht. Aber genau dazu dient die Initiative: Erfahrungen zu machen, Schwachpunkte zu identifizieren und zu eliminieren. Wir als GUS ziehen für uns den Schluss – und das geben wir so auch an unsere Kunden weiter – , dass das Seriennummer-Management in den Unternehmen wirklich gelebt werden muss. Das ist essenziell wichtig für die Kommunikation zwischen den Systemen der Hersteller und den beiden zentralen Datenbanken.
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