Der 26. Juni 2016 wird in die Geschichte eingehen. An diesem Tag haben sich die Briten mit knapper Mehrheit dazu entschieden, aus der EU auszutreten – die Folgen waren damals vielen nicht klar. So ist der Arzneimittelsektor zum Großteil auf europäischer Ebene harmonisiert. Mit dem Wegfall Großbritanniens aus der EU wird sich das für die Insel ändern. Auf die Arzneimittelhersteller kommen weitreichende Neuerungen zu, wenn sie weiterhin Zugang zum britischen Markt haben wollen.
Ein mögliches Szenario: Für die Ein- und Ausfuhr von Waren nach Großbritannien fallen künftig Zölle und damit ein Mehr an Bürokratie an. Dies wird der Fall sein, wenn zwischen der EU und Großbritannien kein Handelsabkommen abgeschlossen oder Großbritannien nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum beitreten wird. Zudem müssten Hersteller beim Im- und Export von Arzneimitteln zusätzliche Zertifikate vorlegen. Für die Industrie sind das Handelshemmnisse, die mit finanziellem und personellem Mehraufwand verbunden sind.
Apropos Personal: Hersteller müssen sich auf teure Doppelstrukturen gefasst machen. Möchten Firmen mit EU-Sitz auch nach dem Brexit nach Großbritannien exportieren, müssen sie künftig dort eine Niederlassung gründen. Unter anderem muss in Großbritannien zusätzlich eine Qualified Person responsible for Pharmacovigilance (QPPV) ansässig sein. Da Großbritannien künftig nicht mehr an dem europäischen System der Arzneimittelsicherheit teilnehmen wird, müssen die Unternehmen parallele Meldewege für die Übermittlung von Nebenwirkungen und anderer Informationen im Vereinigten Königreich aufbauen. Da der Status der EU-Bürger in Großbritannien nach dem Brexit noch unklar ist, bleibt offen, ob und unter welchen Voraussetzungen Arbeitsnehmer aus EU-Mitgliedstaaten überhaupt noch in Großbritannien arbeiten dürfen.
Der Brexit wird zudem Auswirkungen auf Arzneimittelzulassungen haben. Großbritannien muss schnellstmöglich nationale Regelungen schaffen, damit zentrale Zulassungen weiterhin anerkannt werden. Für die Zulassung neuer Arzneimittel werden Hersteller auf nationale Verfahren zurückgreifen müssen, die die britische Zulassungsbehörde „Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency“ durchführt. Auch für die klinischen Prüfungen hat der Brexit Folgen. Hierzu wird in der EU voraussichtlich 2019 eine neue Verordnung in Kraft treten. Offen ist, ob Großbritannien die Neuregelungen umsetzen wird. Falls nicht, wären laufende klinische Prüfungen nicht mehr rechtsgültig. Im Zweifelsfall müssten Hersteller neue Genehmigungen beantragen, damit die Studien fortgeführt werden können. Ähnliche Probleme drohen in anderen Rechtsbereichen, wie etwa bei den Medizinprodukten.
Trotz vieler Absichtserklärungen der Politiker ist noch vieles unklar. Damit Hersteller vom Brexit nicht „kalt erwischt“ werden, sollten sie bereits jetzt alle nötigen Vorkehrungen treffen. Der BAH hat dafür einen Brexit-Leitfaden mit den wichtigsten Änderungen erstellt. Er kann auf der Website www.bah-bonn.de unter der Rubrik Themen/Brexit heruntergeladen werden.
„Mit dem Brexit kommen
auf die Hersteller im Im-
und Export, bei klinischen
Studien und der Wahl des
Firmensitzes weitreichende
Änderungen zu.“