Siehe auch: Sprödigkeitspunkt.
Auch: Sprödigkeitstemperaturpunkt, Transformationspunkt, Umwandlungspunkt 2. Ordnung.
Temperatur, bei der einzelne Kunststoffe beim Erwärmen spröde werden.
Thermoplaste sind auf organischen Makromolekülen aufgebaut und in ihrem strukturellen Aufbau völlig verschieden von Metallen. Die Abhängigkeit der mechanischen Eigenschaften von Kunststoffen von der Temperatur im Bereich zwischen Raumtemperatur und z. B. 150 °C ist viel deutlicher ausgebildet als bei den meisten Metallen. Erweichen, Kristallisation, Verspröden, weichelastisches Verhalten, thermische Eigenschaften, Transportphänomene im Werkstoffverband, wie Diffusion, elektrische Leitfähigkeit und thermische Leitfähigkeit, werden von den Grundgesetzen der phänomenologischen Thermodynamik bestimmt. Zahlreiche zeit- und temperaturabhängige Erscheinungen an einem Kunststoff können mit der Thermodynamik und der Theorie der irreversiblen Prozesse erklärt werden.
Erwärmt man einen Polymerwerkstoff (z. B. PVC) langsam von tiefen Temperaturen (z. B. - 30 °C) bis zur thermischen Zersetzung, kann man eine Reihe von Erscheinungen beobachten:
Bei tiefen Temperaturen (z. B. - 30 °C) ist der Werkstoff PVC spröde und zeigt keinerlei Fließerscheinungen. Er zerspringt bei mechanischer Schlagbeanspruchung.
Nach signifikanter Temperatursteigerung (62–65 °C) erkennt man, dass der Prüfkörper aus PVC nun auch bei schneller mechanischer Belastung (Schlag) ein sprödes Verhalten zeigt, aber bei langsamer Krafteinwirkung plötzlich plastisch deformierbar ist. Die Temperatur, bei der aus dem spröden ein „lederartiger” harter Werkstoff geworden ist, nennt man Sprödigkeitspunkt (Brittle Point). Bei weiterer Erwärmung über 65 °C erkennt man eine Zunahme des thermischen Ausdehnungskoeffizienten (Wärmedehnungskoeffizient), weil die molekularen Seitenketten und Molekülsegmente der Makromoleküle infolge Temperaturanstieg (Energiezustand) plötzlich frei beweglich geworden sind, was auch als Anregung im Sinne der Mikrobrownschen Bewegung bezeichnet wird.
Der Übergang am Sprödigkeitstemperaturpunkt (ca. 62–65 °C für die verschiedenen PVC-Werkstofftypen) wird auch als Transformationspunkt oder Umwandlungspunkt 2. Ordnung bezeichnet.
Die weitere Erwärmung führt zur weiteren Zunahme der Beweglichkeit der Makromolekülketten durch weitere Schwächung von Brückenbindungen infolge thermodynamisch verursachter Energiebewegungen (Makrobrownsche Bewegung) bis zum reversiblen Schmelzfließzustand bei ca. 150-180 °C bzw. zur völligen Lösung in einem Lösungsmittel, wobei die Makromoleküle im Lösungszustand plötzlich als Ganzes beweglich werden. Bei 150–180 °C ist ein hochviskoser Schmelzenzustand erreicht, bei dem das PVC durch Extrudieren bzw. Spritzen (Spritzgießen) thermoplastisch bzw. formgebend verarbeitet werden kann.
Bei zusätzlicher Erwärmung über 200 °C werden die bis dato bestehenden Hauptvalenzbindungen (Chemische Bindungen) der Makromoleküle infolge der heftiger werdenden Wärmebewegung plötzlich zerrissen, wodurch es praktisch zur chemischen Zersetzung (Molekülabbau) bzw. Pyrolyse kommt.
Entsprechend des makromolekularen Aufbaus der Kunststoffe erkennt man meist einen Schmelzbereich (und keinen scharfen Schmelzpunkt wie etwa bei Metallen).
Außerdem können makromolekulare Stoffe nicht in den Gaszustand überführt werden, da vorher die chemische Zersetzung der Makromoleküle in die Grundbausteine C, H, O, Cl, F etc. erfolgt.
© 2013 – ECV – Lexikon der Pharmatechnologie