Nur wenige Branchen sind so stark reguliert wie die Pharmaindustrie. Strikte Vorschriften gewährleisten die Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln, die in den Verkauf kommen. Die Unternehmen produzieren, verpacken und lagern die Arzneimittel deshalb unter streng kontrollierten Bedingungen. Um potenzielle Probleme schnell auszuräumen, sind die Hersteller verpflichtet, diese Bedingungen lückenlos zu überwachen. Weichen Messwerte von der definierten Norm ab, muss umgehend Alarm ausgelöst und entsprechend reagiert werden. Zudem müssen Pharmaunternehmen in der Lage sein, Produktionschargen gegebenenfalls zurückzuverfolgen und gegenüber Aufsichtsbehörden nachzuweisen, dass die Bedingungen bei Herstellung, Verpackung und Lagerung spezifikationskonform waren.
Diese Anforderungen sind ein Aspekt der GMP-Vorschriften (Good Manufacturing Practice, Gute Herstellungspraxis), die für Pharmaproduzenten auf der ganzen Welt gelten. Für die Einhaltung von Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit der Arzneimittel ist jedes Unternehmen selbst verantwortlich und muss über ein umfassend geplantes und korrekt implementiertes pharmazeutisches Qualitätssystem verfügen (EU-GMP-Leitfaden, Kapitel 1). Dieses System sollte vollständig dokumentiert sein und seine Funktionstüchtigkeit überwacht werden. Keine leichte Aufgabe für Qualitätsmanager.
Flexible Überwachung
Ein zentrales, automatisches Überwachungssystem kann Unternehmen bei dieser Mammutaufgabe unterstützen. Dazu werden Datenlogger an verschiedenen Stellen eines Bereichs platziert und können Temperatur, relative Feuchte, Kohlendioxid, Druck sowie andere Größen messen. Die erhobenen Messdaten werden von den Loggern an einen Server geschickt, wo sie gespeichert werden. Sollten sich die Bedingungen zum Beispiel bei der Arzneimittelherstellung im Reinraum plötzlich ändern oder werden vorgegebene Grenzwerte über- bzw. unterschritten, schickt das System automatisch einen Alarm per SMS, E-Mail oder als visuellen bzw. Audio-Alarm an die zuständigen Mitarbeiter. Diese können dann auf einen Blick erkennen, welche Bedingungen sich verändert haben, und das Problem gegebenenfalls lösen, bevor Schäden entstehen.
Funktechnik mit hoher Reichweite
Ein Beispiel für eine solche Überwachungslösung ist das Viewlinc-Monitoringsystem von Vaisala, das die Daten drahtlos von den implementierten Datenloggern über diskrete, proprietäre Netzwerkzugangspunkte zum Überwachungssystem überträgt. Die Datenlogger und Zugangspunkte verwenden dazu das von Vaisala entwickelte Vainet-Funkprotokoll. Vainet basiert auf dem Long-Range-Wide-Area-Netzwerkprotokoll (LoRa), das für die Kommunikation im Internet der Dinge entwickelt wurde. Dank der hohen Signalstärke zwischen den Netzwerkzugangspunkten und den Datenloggern können die aufgezeichneten Daten über Entfernungen von mehr als 100 m übermittelt werden und damit wesentlich weiter als in einem WLAN-Sensornetzwerk. Die Messungen werden alle 60 s aktualisiert, gespeichert und dann alle vier Minuten vom Datenlogger gesendet. Vainet arbeitet dabei mit Frequenzen von 868 oder 915 MHz, die eine hohe Signalstärke ermöglichen und eine Übertragung selbst durch Mauern oder Metallkonstruktionen wie zum Beispiel Regalsysteme oder Maschinenanlagen erlauben. Repeater oder Signalverstärker sind nicht erforderlich. Das System verursacht keine Störungen vorhandener WLAN-Netzwerke und vermeidet deren Zusatzbelastung durch die Übertragung der Überwachungsinformationen von den Datenloggern. Die Vainet-Funktechnik wurde gezielt für Anwender entwickelt, die ihre Lagerhäuser ohne aufwendige Verkabelung oder Installation neuer Steckdosen überwachen möchten. Eine solche Funklösung bietet sich besonders für Unternehmen in der pharmazeutischen Transportkette an. Die Vaisala-Datenlogger sind batteriebetrieben, um Datenverlust bei Stromausfall zu vermeiden. Verschiedene Warnstufen erhöhen die Sicherheit. Wenn die Verbindung abbricht oder wenn jemand versucht, die Protokollinformationen zu manipulieren, die im Datenlogger oder auf dem Server gespeichert sind, verschickt das System einen Alarm.
Lückenlose Daten im Auge des Sturms
Auch Teva, Weltmarktführer bei Generika-Medikamenten, beschloss, sein kontinuierliches Überwachungssystem aufzurüsten. Die bestehende Lösung war zu teuer und arbeitsintensiv geworden. Gesucht wurde ein vollständig digitalisiertes Überwachungssystem und in Viewlinc von Vaisala fand das Unternehmen schlussendlich die passende Technologie. Drei Gründe waren dabei besonders ausschlaggebend: Datenintegrität, browserbasierte Überwachung und schnelle, unkomplizierte Berichterstellung nach den Vorgaben aller wichtigen, für die Life-Science-Branche relevanten Aufsichtsbehörden. Lückenlose Daten sind der wichtigste Faktor, um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen. Die Vaisala-Datenlogger zeichnen die Informationen unabhängig von der Stromversorgung oder Netzwerkverbindung völlig autark auf und können die Informationen auch ohne externe Stromversorgung 30 Tage lang lückenlos erfassen.
Diese Funktionsweise sollte sich insbesondere beim Hurrikan Irma bewähren, der stärkste atlantische Wirbelsturm seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, der im September 2017 den Südwesten Floridas traf – einer der Standorte von Teva. Dieser ist zwar mit Notstromgeneratoren ausgerüstet, die den ausfallsicheren Betrieb der Gebäudesysteme gewährleisten, während des Sturms stiegen die Temperatur und Feuchte allerdings erheblich an. Die anfänglichen Sorgen über mögliche Datenverluste waren jedoch unbegründet: Das Qualitätssicherungsteam wertete die Bedingungen während des Stromausfalls aus und konnte zu aller Erleichterung lückenlos auf alle erforderlichen Daten zugreifen, um festzustellen, ob die vorgeschriebenen Spezifikationen für die Umgebungsbedingungen der Produkte während des Unwetters eingehalten worden waren. Glück im Unglück: Teva konnte die Bestände retten und damit die kontinuierliche Versorgung der Patienten mit Medikamenten gewährleisten.
Suchwort: phpro0119vaisala
Autor: Andreas Knop
Sales Director EMEA – Industrial Measurements,
Vaisala
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