Startseite » Pharma »

Pharmafabriken im Mikrometerformat

Hohe Ausbeuten aktiver Proteinwirkstoffe durch Einsatz von Bakterien
Pharmafabriken im Mikrometerformat

Biotechnologisch produzierte Proteinarzneimittel, sogenannte Biopharmazeutika, sind ein stark wachsender Markt. Die Wirkstoffe lassen sich in Bakterienzellen gezielt herstellen. Hierfür bietet Wacker eine innovative Technologie, die mithilfe eines patentierten E.-coli-Stamms Proteine in aktiver Form über die äußere Zellmembran ins Kulturmedium schleust. Diese proprietäre Technologie ermöglicht eine kosteneffiziente Herstellung hochreiner pharmazeutischer Proteinwirkstoffe im industriellen Maßstab.

Der Autor: Dr. Thomas Maier, Geschäftsführer, Wacker Biotech

Biotechnologisch hergestellte Proteinpharmazeutika sind ein enormer Wachstumsmarkt: Krebsmedikamente und Wirkstoffe zur Behandlung von Immunkrankheiten wie rheumatoide Arthritis können in Bakterienzellen erzeugt werden. Die Menge eines Wirkstoffs, die in einem einzigen Bioreaktor hergestellt werden kann, beträgt vielleicht nur einige hundert Gramm Protein – doch sie reicht aus, um Zehntausende von Patienten zu behandeln. Zudem lässt sich die pharmakologische Wirkung der Proteine durch gezielte Modifikationen ihrer Baupläne, den Gensequenzen, optimieren. So können therapeutische Proteine entwickelt werden, die gegenüber den natürlichen Proteinen in unserem Körper für den therapeutischen Einsatz deutlich verbessert sind.
Dementsprechend steigen Bedeutung und Wert dieses Marktes stark an: Nach Angaben des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) umfasste der Umsatz mit Biopharmazeutika allein in Deutschland im Jahr 2009 etwa 4,7 Mrd. Euro, was 16 % des deutschen Gesamtpharmamarkts entspricht. Weltweit sind derzeit mehr als 650 neue rekombinante Wirkstoffe in klinischer Erprobung oder im Zulassungsverfahren.
Herstellung humaner Pharmaproteine
Der erste Schritt auf dem Weg zu einem effizienten Herstellverfahren besteht darin, die richtigen Bakterienstämme zu entwickeln und ihre Gensequenzen entsprechend zu optimieren. Ein bevorzugter Produzent für Pharmaproteine sind Escherichia-coli-Bakterien: Diese Bakterien sind sehr gut erforscht, ihre Handhabung ist sicher und die genetischen Eigenschaften sind genau bekannt. Wesentliche Vorteile von E. coli sind vor allem das schnelle Wachstum der Bakterien, ihre bescheidenen Nährstoffansprüche und ihre Fähigkeit, Proteine schnell und in großen Mengen (verglichen mit Säugetierzellen) zu produzieren.
Hierzu hat Wacker eine spezielle Methode entwickelt, die eine möglichst effiziente Kultivierung von E.-coli-Bakterien in möglichst geringen Volumina erlaubt: Ein patentiertes Hochzelldichtefermentations-Verfahren namens Densetec. Mit diesem speziellen Verfahren können typischerweise weit über 50 g Zelltrockengewicht pro Liter erreicht werden. Die Hochzelldichtefermentation ist ein sehr eng gesteuerter und damit hochreproduzierbarer Prozess. Enge Prozesskontrolle und On-Line-Analytik entsprechen dem von der Food and Drug Administration (FDA) geforderten Trend zu Process Analytical Technology (PAT), mit dem durch tiefgehendes Prozessverständnis die Robustheit und Stabilität von Fermentationsprozessen gesteigert werden soll.
Die Schwierigkeit liegt nun darin, die Bakterien bei der Kultivierung zu einem möglichst ökonomischen Produzenten größtmöglicher Mengen aktiver Wirkstoffe zu machen. Denn bei der intensiven Produktion von Pharmaproteinen werden diese häufig nicht korrekt gefaltet, inaktiviert und innerhalb der Zelle in Form von Aggregaten gelagert, sogenannten „inclusion bodies“. Zur Rückgewinnung aktiver Proteine sind dann aufwendige und kostenintensive Rückfaltungs- und Aufreinigungsschritte notwendig.
Daher ist jede Methode, die dazu beiträgt, den erwünschten Wirkstoff schon im Bioreaktor in aktiver Form und in möglichst hoher Konzentration und Reinheit herstellen zu können, den klassischen Verfahren überlegen.
Technologie mit hoher Ausbeute
An diesem Punkt setzt Wackers proprietäre Sekretionstechnologie Esetec ein: Um die Herstellung von Proteinen und Antikörperfragmenten zu erleichtern, hat das Unternehmen eine Technologie zur extrazellularen Anhäufung aktiver Pharmaproteine entwickelt. Sie besteht aus einem eigens entwickelten E.- coli-K-12-Stamm mit speziellen Genvektoren, der in der Lage ist, Pharmaproteine während der Kultivierung in aktiver Form aus der Zelle und damit ins Kulturmedium zu schleusen.
Diese Sekretionstechnologie vereinfacht damit den Aufreinigungsprozess enorm: Das Produkt liegt bereits in aktiver Form und korrekt gefaltet im Kulturmedium vor, die Zellen müssen nicht aufgebrochen, die Proteine nicht herausgefiltert und durch Rückfaltung aktiviert werden. Die Aufreinigung beginnt mit weniger inhomogenem Material und benötigt wesentlich weniger Schritte, um ein reines Produkt zu erhalten. Außerdem ermöglicht die Sekretion höhere Ausbeuten, weil die Produktanhäufung nicht durch das limitierte Volumen des Zellinneren (z. B. des Periplasmas) begrenzt wird. Die Kosten reduzieren sich dadurch spürbar.
Die Wacker-Sekretionstechnologie ist auch in der großtechnischen Fermentation (bis 4,5-m3- Maßstab) bereits erprobt und hat sich als robust und reproduzierbar erwiesen. Durch einfache Zellabtrennung kann das Zielprodukt dann in einer löslichen, nativen und aktiven Form aus der Fermentationsbrühe isoliert werden.
Erfolgreiche Auftragsherstellung
Bereits im Jahr 2005 hatte Wacker mit der MorphoSys AG eine Machbarkeitsstudie zur Leistungsfähigkeit der Esetec-Sekretionstechnologie durchgeführt. In Kooperation mit MorphoSys werden damit nun Antikörperfragmente für diagnostische und therapeutische Zwecke produziert. Aufgrund des großen Erfolgs wurde die Zusammenarbeit 2008 und 2010 nochmals intensiviert.
Auch das US-Unternehmen Biogen Idec Inc. hatte Wacker mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt, um mit Esetec ein Protein als Wirkstoff gegen rheumatoide Arthritis herzustellen. Ziel war die Erforschung und Bewertung von Verfahren zur Herstellung klinischer Kandidaten für neue Therapeutika durch kostengünstigere mikrobielle Systeme als Alternative zu Säugetierzellkulturen. Die Studie konnte zeigen, dass die Wacker-Technologie überzeugt.
Mit der Sekretionstechnologie ist auch die Herstellung von Anticalinen gelungen, moderne Pharmaproteine, die wie Antikörper Zielmoleküle im Körper erkennen können. Sie werden derzeit von der Münchner Pieris AG für die Krebstherapie und andere Indikationen entwickelt. Mit der GMP-gerechten Produktion des ersten klinischen Testkandidaten dieses Unternehmens wurde das Sekretionssystem für ein derartiges Produkt erstmals erfolgreich in größerem Maßstab angewendet.
Um den wachsenden Kundenanfragen nachzukommen, wurden in den letzten zwei Jahren die Prozessentwicklung und Qualitätskontrolle sowie die Produktionsanlage bei Wacker Biotech in Jena ausgebaut. Die Anlage ist dabei gemäß den Richtlinien der FDA und der Europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde EMA (European Medicines Agency) für die GMP-gerechte Produktion von Wirkstoffen gestaltet.
Reduzierte Prozesskosten
Sowohl das Densetec-Hochzelldichtefermentationsverfahren als auch das Esetec-Sekretionssystem führen zu einer erhöhten Effektivität der Produktion von Biopharmazeutika mit verbesserten Produktionsabläufen und dadurch reduzierten Prozesskosten.
Die Verfahren lassen sich zur Herstellung zahlreicher therapeutischer Proteine, Enzyme, Antikörperfragmente und Peptide anwenden. Beide beschriebenen Technologien, für die Wacker mehrere Patente hat, werden erfolgreich zum Contract Manufacturing von Pharmaproteinen nach cGMP eingesetzt.
prozesstechnik-online.de/php0411442
Unsere Webinar-Empfehlung
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

cav-Produktreport

Für Sie zusammengestellt

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Hier finden Sie aktuelle Whitepaper

Top-Thema: Instandhaltung 4.0

Lösungen für Chemie, Pharma und Food

Pharma-Lexikon

Online Lexikon für Pharma-Technologie

phpro-Expertenmeinung

Pharma-Experten geben Auskunft

Prozesstechnik-Kalender

Alle Termine auf einen Blick


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de