Mit der Veröffentlichung der delegierten Rechtsakte am 9. Februar 2015 wurde der endgültige Startschuss für die Umsetzung der Falsified Medicines Directive (2011/62/EU) gegeben. Die Implementierungsfrist für die notwendigen Änderungen fällt mit nur drei Jahren eher knapp aus. Das erfordert eine stringente Projektführung. Wichtig ist, den richtigen Einstieg zu finden. Ausgangspunkte können die Verpackungslinie (bottom-up) oder die beteiligten IT-Systeme (top-down) sein. Der Ausbau der Verpackungslinie mag konzeptionell einfacher erscheinen, im Gegensatz zum Angebot bei Verpackungsgeräten sind aber nur wenige IT-Lösungen für die Serialisierung erhältlich. Will man die Softwareauswahl nicht weiter einschränken, empfiehlt es sich in der IT anzusetzen.
Ein weiterer Knackpunkt sind die regulatorischen Vorgaben. Bei ST&T ist es nicht so einfach, sich an den funktionalen Anforderungen zu orientieren, denn nicht einmal innerhalb des EWR herrscht Einigkeit. Sicher ist, dass Seriennummern und Begleitdaten als 2D Data Matrix Code auf den Faltschachteln aufzubringen sind. Wie diese darin codiert werden und wie der Datenaustausch mit den nationalen Datenbanken erfolgt, hängt aber vom jeweiligen Staat ab. Im Fall des deutschen Modells securpharm stehen umfassende Informationen zur Verfügung, was leider nicht für alle Länder gegeben ist. Hinzu kommen lokale Anforderungen mit alternativen Codierungen und Kennzeichnungsverfahren. Noch komplizierter wird es in Ländern wie China, die ein richtiges T&T-System und nicht nur eine Authentifizierung von Seriennummern fordern. Für eine vollständige Traceability genügt es nicht, die Faltschachteln zu serialisieren und die Daten an eine Datenbank zu übermitteln, sondern es müssen die Inhalte der verschiedenen Transportgebinde und die Verpackungshierarchien im System ausgeprägt werden. Angesichts der vielfältigen regulatorischen Anforderungen führt kein Weg an einer gründlichen Analyse vorbei. Und am Ende ist ein flexibles System der Schlüssel zum Erfolg – zumal in vielen Ländern die Serialisierungsbestrebungen noch am Anfang sind.
Neben dem Generieren, Erfassen und Übermitteln von Seriennummern und Produktdaten sind Geschäftsvorfälle wie die Zerstörung von Barcodes, Verpackungen oder der Ware beim Transport oder Re-Importe und natürlich der eigentliche Ernstfall – das Auftauchen gefälschter Seriennummern – zu berücksichtigen. Die Anschaffung oder Erweiterung eines einzelnen Systems wird nicht ausreichen. Das ERP-System, das MES und/oder die Liniensteuerung selbst müssen angepasst werden, um u. a. zu klären, auf welcher Ebene die Seriennummern generiert, verwaltet und mit den Produktdaten verbunden werden. Die Auswahl an verfügbaren Lösungen ist zwar nicht groß, aber die wichtigsten Anbieter bieten Erweiterungen ihrer Lösungen und Services an. Eine Hauptschwierigkeit besteht in den Schnittstellen zwischen den einzelnen Systemen – unabhängig, welches das führende ist. Explizit hingewiesen sei dabei auf EPCIS der GS1 (Electronic Product Code Information Services, https://de.wikipedia.org/wiki/EPCIS) als Standard für die Definition von Kommunikationsschnittstellen in der Lieferkette, der die wichtigsten Prozesse abdeckt und von einigen der erhältlichen Lösungen unterstützt wird. Nur das System, das mit den Verifizierungsdatenbanken Daten austauscht, muss deren Kommunikationsprotokolle beherrschen.
Für die Validierung bringt ST&T keine neuen Herausforderungen. Methodisch wird der GAMP5 auch hier als Basis dienen können. Allerdings ist die Entwicklung und Validierung der externen und internen Schnittstellen sehr aufwendig. Auch hier eröffnet die stringente Anwendung eines Risk-based-Approach gemäß GAMP5 die Möglichkeit einer schlanken Validierung.
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