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Neuer Leitfaden

Merkblatt der BG Chemie zum Einsatz von Gaswarneinrichtungen für toxische Gase und O2
Neuer Leitfaden

Für brennbare Gase gibt es seit langem das Merkblatt BGI 518 (früher: T 023). Für toxische Gase gab es einen solchen Leitfaden bisher nicht. Mit dem neuen Merkblatt lassen sich beim Anwender Unsicherheiten bezüglich Betrieb und Wartungsintervallen von Gaswarneinrichtungen ausräumen, möglicherweise entstehen aber auch neue Anforderungen bezüglich des Wartungsaufwandes und der Kalibrierintervalle.

Bernd Rist

Ergänzend zur DIN EN 45541 Teil 1-4 und der DIN EN 50104 werden im nun vorliegenden Merkblatt konkrete Vorschläge zur Auswahl von Geräten, zum Thema Alarmmeldungen, zur Installation, zum Betrieb bis hin zur Instandhaltung von Gaswarneinrichtungen gemacht. Ganz bewusst wird nicht auf die TRGS 402 eingegangen. Die Autoren des Merkblattes wollten sich nicht auf die Durchführung einer reinen MAK-Überwachung beschränken, sondern Richtlinien für die Messung toxischer Gase sowie Sauerstoff im Allgemeinen erarbeiten.
Diese gelten somit für jede Gaswarnanlage, die im Rahmen eines Sicherheitskonzeptes eingesetzt wird (siehe auch BGV B6), und zwar sowohl für stationäre als auch portable Systeme. Bei portablen Systemen ist über die unten beschriebenen Maßnahmen hinaus auch die Funktionssicherheit der Energieversorgung zu prüfen.
Auswahl eines Systems
Wie ein System auf seine Eignung für eine bestimmte Aufgabenstellung auszuwählen ist, wird ausführlich in der EN 45544 beschrieben. Darüber hinaus werden im Merkblatt folgende Empfehlungen gemacht: Die Messbereichsuntergrenze sollte maximal 30% des Grenzwertes betragen. Dabei ist zu beachten, dass mit Grenzwert nicht unbedingt der MAK-Wert gemeint ist. Eine Übereinstimmung der Messeinrichtung mit den jeweils gültigen Normen kann durch Prüfinstitutionen bestätigt werden. Ob dies im Einzelfall erforderlich ist, wird nicht im Merkblatt geregelt, sondern muss für die einzelne Anwendung im Rahmen eines übergeordneten Sicherheitskonzeptes geregelt werden. Selbstdiagnoseverfahren und automatische Funktionskontrollen können die Verfügbarkeit von Gaswarnanlagen erhöhen. Diesem Punkt kommt in nächster Zukunft wahrscheinlich besondere Bedeutung zu, da Anlagen mit Alarmfunktion nicht nur auf ihre Empfindlichkeit, sondern auch ihre Ansprechgeschwindigkeit überprüft werden müssen.
Meldungen müssen nach Art und Ort unterscheidbar sein. Alarme der ersten Stufe müssen so eingestellt sein, dass genügend Zeit bleibt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Erreichen des Hauptalarms möglichst zu vermeiden. Des Weiteren müssen Alarme haltend sein. Nur wenn sowohl eine optische als auch eine akustische Alarmgabe besteht, darf die akustische bei anstehendem Alarm rücksetzbar sein.
Die Energieversorgung muss auch bei voller Leistungsaufnahme aller Systemkomponenten gewährleistet sein. Unterbrechungsfreie Stromversorgung ist sinnvoll und empfehlenswert, wird aber nicht ausdrücklich gefordert. Das übergeordnete Sicherheitskonzept kann diese Forderung aber enthalten.
Es ist dafür zu sorgen, dass das zu messende Gas am Sensor ankommt (Kondensation, Absorption, Adsorption oder Reaktion des Messgases vermeiden). Eine Durchflussüberwachung ist erforderlich, und die Verschleppung einer Ex-Zone ist zu vermeiden.
Inbetriebnahme, Betrieb, Instandhaltung
Eine Prüfung der Installation ist durch einen Sachkundigen vorzunehmen. Die Dokumentation dieser Prüfung und darüber hinaus die Betriebsanweisung, die Wartungsvorschrift, der Eignungsnachweis, soweit erforderlich die Ex-Zulassung sowie Protokolle über Wartungsarbeiten, Erweiterungen oder Änderungen sind vom Betreiber aufzubewahren. Der Betreiber muss darüber hinaus eine Betriebsanweisung erstellen. Sie muss folgendes enthalten: Beschreibung der Messaufgabe, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, Maßnahmen bei Ausfall oder Wartung sowie die im Alarmfall zu verständigende Person. Eine unerkannte Unverfügbarkeit der Anlage ist zu vermeiden. Das Merkblatt unterscheidet ausdrücklich zwischen Messeinrichtungen nach DIN EN 45544-2 zur Überwachung von Grenzwerten an Arbeitsplätzen und Messeinrichtungen nach DIN EN 45544-3 für andere Messungen wie z. B. Leckageüberwachung. Die Intervalle für die Routineinspektion sind im Einzelfall festzulegen. Der Umfang der Inspektion sollte mindestens folgendes umfassen:
• Sichtkontrolle des Messsystems
• Aktivierung der vorgesehenen Testfunktionen
• Sichtkontrolle des Probenahmesystems, vor allem Überprüfung auf Verunreinigung und Kondensat
Die Durchführung dieser Maßnahmen muss durch dafür unterwiesenes Personal erfolgen.
Justierung und Kalibrierung
Kalibrierung ist definiert als Gasaufgabe und Überprüfung der Anzeige respektive Signalgabe, Justierung ist definiert als Gasaufgabe und Nachregelung der Anzeige respektive Signalgabe. Ganz wichtig ist, dass sowohl die Kalibrierung als auch die Justierung mit Gas zu erfolgen hat. Eine reine Überprüfung der internen Funktionen wie z. B. die Feststellung der Absorption eines optischen Detektionssystems (wie z. B. Infrarotabsorptionssysteme, UV-Absorptionssyteme oder photometrische Systeme) gilt nicht als Kalibration und darf auch nicht zur Justierung herangezogen werden.
Dies hat weitreichende Konsequenzen: Die Überprüfung der Funktion z. B. einer optischen Bank durch einen Farbfilter oder die Überprüfung der Funktion eines photometrischen Systems mit einer Farbreferenz gilt nicht als Kalibrierung. Die Autoren des Merkblattes trugen damit der Problematik Rechnung, dass mit der Prüfung der Funktion des sensitiven Elements einer Gaswarnanlage noch lange nicht nachgewiesen ist, dass das ganze System richtig misst. Schließlich könnte ja der Gaszutritt durch Schmutz oder Kondensat behindert sein, so dass gar kein Gas am Sensor ankommt. An der Verwendung von Prüfgas führt also kein Weg mehr vorbei.
Zeitintervalle
Sowohl die Kalibrier- als auch die Justierintervalle werden auf gleiche Weise ermittelt. Im Folgenden ist zwar stets die Sprache von Kalibrierintervallen, die Prozedur ist jedoch ebenso auf Justierintervalle anzuwenden.
Die erste Kalibrierung hat direkt nach dem Einbau zu erfolgen. Ist eine solche vor Ort aus technischen Gründen nicht möglich, muss zumindest die Reaktion auf Gasaufgabe vor Ort getestet werden. Wird aus technischen Gründen ein Ersatzprüfgas verwendet, ist dessen Eignung nachzuweisen und zu dokumentieren. Die Verwendung von Referenzgasen ist bei Gaswarnanlagen für brennbare Gase seit langem üblich und in den meisten Fällen unproblematisch. Die als toxisch eingestuften Gase sind aber meist auch sehr reaktiv oder tendieren zur Kondensation, Adsorption oder zersetzen sich gar spontan. Vor diesem Hintergrund ist diese Forderung überaus sinnvoll.
Normalerweise sollte die Konzentration des Prüfgases dem Grenzwert respektive dem Alarmwert entsprechen. Bei den anzuwendenden Prozeduren sowie der Ermittlung der Zeitintervalle wird unterschieden zwischen Systemen zur Grenzwertüberwachung – hier steht die optimale Anzeigegenauigkeit im Vordergrund – und Systemen zur Alarmwertüberwachung – hier steht das schnelle Ansprechverhalten im Vordergrund (siehe Kasten). Hierbei ist es legitim, Analogschlüsse zu ziehen. Das heißt, wenn für eine bestimmte Anwendung ausreichende Erfahrung vorliegt, können die im Kasten beschriebenen Zeitintervalle aufgrund dieser Erfahrung direkt festgelegt werden. Sie müssen also nicht für jede Messstelle neu ermittelt werden, sondern nur für jede neue Applikation. Ändern sich die Betriebsumstände dergestalt, dass ein Einfluss auf eine bestehende Gaswarneinrichtung zu erwarten ist, müssen die Intervalle allerdings neu ermittelt werden.
Auswirkungen
Vor allem die Forderung nach einer Vor-Ort-Kalibrierung stellt für zahlreiche Anwender eine neue Herausforderung dar. Der Umgang mit reaktiven Gasen stellt hohe Anforderungen an das technische Können und die Erfahrung des Wartungspersonals. Ganz zu schweigen vom erforderlichen Zeitaufwand.
Die routinemäßige Ermittlung der Ansprechzeiten bei Geräten mit Alarmfunktion ist vom Standpunkt der Anlagensicherheit betrachtet eine vernünftige Forderung. Trotzdem dürfte gerade diese Prozedur in vielen Betrieben noch nicht tägliche Praxis sein. Als Folge davon wird wohl so manche Arbeitsanweisung überarbeitet werden müssen.
In einigen Fällen, z. B. bei Geräten mit Alarmfunktion ist es noch nicht einmal mit der Handhabung eines einzigen Prüfgases getan. Vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Gasgemische nur sehr begrenzt haltbar sind, kommen auch aus diesem Grund zusätzliche direkte Kosten auf so manchen Anwender zu. Uneingeschränkte Begeisterung wird das neue Merkblatt daher sicher nicht auslösen. Aufwand und Kosten rangieren doch recht weit unten auf der Beliebtheitsskala des Unternehmers. Auf der anderen Seite liegt nun mal die uneingeschränkte Verantwortung für den sicheren Betrieb einer Anlage beim Betreiber. Nun gibt es immerhin ein Dokument, in dem drinsteht, was man tun muss, um den sicheren Betrieb zu gewährleisten – und das ist das Gute daran.
Kalibrierung und Justierung
Bei den anzuwendenden Prozeduren sowie der Ermittlung der Zeitintervalle wird unterschieden zwischen Systemen zur Grenzwertüberwachung und Systemen zur Alarmwertüberwachung.
Grenzwertüberwachung
• Kalibrierung bei Inbetriebnahme
• Kalibrierung vier Wochen nach Inbetriebnahme
• Kalibrierung acht Wochen nach Inbetriebnahme
• Verdoppelung der Intervalle, sofern die Abweichung des Nullpunktes 10% des Grenzwertes beträgt und die Abweichung der Empfindlichkeit nach Nullpunktkorrektur 20% des Grenzwertes beträgt
• das maximale Intervall darf 6 Monate nicht überschreiten
Alarmwertüberwachung
• Kalibrierung bei Inbetriebnahme
• Kalibrierung vier Wochen nach Inbetriebnahme
• Kalibrierung acht Wochen nach Inbetriebnahme
• Verdoppelung der Intervalle, sofern die Abweichung des Nullpunktes 10% des Grenzwertes beträgt und die Abweichung der Empfindlichkeit nach Nullpunktkorrektur 30% des Grenzwertes beträgt
• das maximale Intervall darf 12 Monate nicht überschreiten
• Darüber hinaus muss die Ansprechzeit mit einer Prüfgaskonzentration unter dem Fünffachen des Alarmwertes ermittelt werden
Reine Warngeräte ohne Anzeige zur Grenzwertüberwachung
• Kalibrierung bei Inbetriebnahme mit einem Prüfgas mit der 1,2-fachen Alarmkonzentration. Die Alarmgabe muss innerhalb von 2 Minuten erfolgen. Eine im Sicherheitskonzept festgelegte “Time to Alarm” muss bei Aufgabe der fünffachen Alarmkonzentration ebenfalls unterschritten werden.
• Kalibrierung alle acht Wochen
Reine Warngeräte ohne Anzeige zur Alarmwertüberwachung
• Kalibrierung bei Inbetriebnahme mit einem Prüfgas mit der 1,3-fachen Alarmkonzentration. Die Alarmgabe muss innerhalb von 2 Minuten erfolgen.
• Kalibrierung alle acht Wochen
Spezialfall automatische Kalibrierung
• Kalibrierung bei Inbetriebnahme
• Kalibrierung täglich bis wöchentlich
• Werden die o. g. Abweichungen überschritten, ist eine manuelle Kalibrierung durchzuführen. Bei Geräten zur Alarmwertüberwachung ist darüber hinaus die Zeit bis zur Alarmabgabe zu ermitteln.
• Eine Sichtprüfung muss alle 6 Monate durchgeführt werden, eine manuelle Kalibrierung alle 12 Monate.
Spezialfall automatische Justierung
• Justierung bei Inbetriebnahme
• Justierung täglich bis wöchentlich
• Wird die Abweichung des Nullpunktes vom ursprünglichen Wert um mehr als 20% des Grenzwertes überschritten, oder wird die Abweichung der Empfindlichkeit vom ursprünglichen Wert um mehr als 40% des Grenzwertes überschritten, ist eine manuelle Überprüfung des Systems durchzuführen. Bei Geräten zur Alarmwertüberwachung ist darüber hinaus die Zeit bis zur Alarmabgabe zu ermitteln.
• Eine Sichtprüfung muss alle 6 Monate durchgeführt werden, eine manuelle Justierung alle 12 Monate.
Unberührt von diesen Intervallen muss jedes System von einem Sachkundigen geprüft werden. Der Zeitabstand ist unter Berücksichtigung der Applikation zu ermitteln, darf aber 12 Monate nicht überschreiten.
Online-Bestellung
Das Merkblatt T 021 (BGI 836) „Gaswarneinrichtungen für toxische Gase/Dämpfe und Sauerstoff Einsatz und Betrieb“ aus der Reihe „Sichere Technik“ der BG Chemie kann für Euro 2,50 online über den Medienshop der BG Chemie unter www.bgchemie.de bezogen werden.
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