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Wie digital ist das Labor heute?

Datenmine für die Prozessentwicklung
Wie digital ist das Labor heute?

Wie digital ist das Labor heute?
Pipettierroboter in einem Labor Bild: eplisterra – stock.adobe.com
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Vom Fernseher mit Internetanbindung bis hin zur intelligenten Heizung – der Alltag im privaten Umfeld wird zunehmend digitaler. Auch in den Laboren finden sich immer mehr IoT-Geräte. Werden diese intelligent vernetzt und die Daten aus Produktion und Forschung zusammengeführt, kann das Labor zur Datenmine für die Prozessentwicklung und Qualitätssicherung werden. Digital Lab ist daher eines der Fokusthemen auf der Achema 2022.

 

Unermüdlich fährt der mit Pipetten bestückte Roboterarm über Reihen von Glasröhrchen und füllt Gläschen um Gläschen mit Proben. Solche Pipettierroboter sind Stand der Technik. Doch ein voll automatisiertes und vernetztes Labor liegt noch in weiter Ferne. Viele Laborarbeiten sind weiterhin manuell zu erledigen. Dafür reicht es nicht, einige IoT-fähige Laborgeräte bereitzustellen. Auch die großen Datenmengen, die bei den Tests anfallen, müssen für eine Auswertung meist manuell zusammengeführt werden. Für den nächsten Schritt in Richtung Automatisierung und Digitalisierung der Labore müssen auch die notwendige IT-Infrastruktur, sprich genügend Rechenleistung, ein ausreichend dimensioniertes Datenleitungsnetz und in manchen Fällen sogar die Architektur des Laborraums geändert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jedes Labor unterschiedliche Erfordernisse hat. Forschungs- und Entwicklungslabore können sich hier grundlegend von Qualitätssicherungslaboren unterscheiden. Beiden gemein ist aber, dass sie große Mengen an Daten produzieren, deren Analyse einen Big-Data-Ansatz erfordert. Dabei ist es wichtig, dass die sensiblen Daten nicht in falsche Hände geraten.

Für das akademische Forschungslabor wird unter Fachleuten ein geringerer Bedarf an Laborautomatisierung gesehen. Dafür sind die Anwendungen zu wenig standardisiert und wiederkehrend. Gefordert sind vor allem intelligente Softwarelösungen und eine ausreichende Rechenleistung für die Datenauswertung. Bei den Routine- und Analytiklaboren zur Qualitätssicherung in der Industrie stehen die Zuverlässigkeit, der Durchsatz und die Fehlervermeidung im Vordergrund. Dafür braucht es ein automatisiertes Probenhandling, standardisierte Schnittstellen und die Datendokumentation muss vollautomatisch erfolgen. Einzelne Geräte müssen Daten und Proben untereinander austauschen können, sodass ein manueller Eingriff in diese Laborarbeiten nicht mehr nötig ist.

Studie zum Digitalisierungsstand in Laboren

Einen Einblick in den aktuellen Digitalisierungsstand der Labore im Lifesciences-Bereich gibt die Studie „Digitalisierungsstand und digitale Realität in Life-Science Laboren“, die das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Kooperation mit PTC die durchgeführt hat. Im Rahmen der Studie wurden der aktuelle Digitalisierungsstand von Laboren in Unternehmen der Lifesciences-Industrie und das Potenzial für Augmented-Reality-Anwendungen als digitale Lösung im Labor abgefragt. Über einen Zeitraum von drei Monaten wurden hierzu ca. 1,5-stündige Leitfadeninterviews mit 26 Labormitarbeitern und -managern aus 12 Unternehmen geführt. Befragt nach den Herausforderungen und nicht wertschöpfenden Tätigkeiten, mit denen Labormitarbeiter und -manager täglich konfrontiert sind, gaben die meisten kategorieübergreifend hohe Geräteauslastungen, aufwendige Bestellvorgänge und überwiegend manuelle Tätigkeiten wie Prozessvor- und -nachbereitung sowie diverse Reinigungsvorgänge und Aufräumarbeiten, aber auch lange Lauf-, Such- und Wartezeiten an. Zudem verschlinge die Dokumentation, so die Befragten, ungefähr 26 % der täglichen Arbeitszeit, wobei die Tätigkeiten überwiegend manuell durchgeführt würden und damit als nicht wertschöpfend anzusehen seien. Zurückzuführen sei dieser Zustand unter anderem auf die ausbaufähige Digitalisierungs- und Vernetzungssituation in den Laboren. Der zweite Punkt der Studie, die potenziellen Einsatzgebiete und Anwendungsfälle für Augmented Reality in Lifesciences-Laboren schien in manchen Augen noch eine Zukunftsspielerei zu sein. Es zeichneten sich aber eine hohe Bereitschaft und Interesse gegenüber dem Einsatz von neuen Technologien dieser Art ab.

Insgesamt schätzten sich die befragten Labore in den drei Bereichen Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung nicht über einem Skalenwert von 8 von 10 ein. Während bei der Einschätzung der Digitalisierung eine gleichmäßige Verteilung der Skalenpunkte von 1 bis 8 zu erkennen war, neigten die Labore bei der Einschätzung der Automatisierung tendenziell zum Skalenpunkt 4. Bei der Vernetzung äußerten die Interviewteilnehmer verstärkt den Wunsch nach einem automatischen Datenaustausch zwischen den einzelnen Insellösungen. Die Daten aus der Studie zeigen, dass Digitalisierung, Vernetzung und Automatisierung noch nicht ausgereift sind. Hier gibt es noch viel Optimierungspotenzial.

Hilfe bei der Laborautomatisierung

Das Fraunhofer-Institut IPA bietet aber auch Hilfestellung bei der Laborautomatisierung. Im Innovation Center für Laborautomatisierung Stuttgart, kurz nICLAS, bringt das Institut Hersteller, Anwender und Forscher für einen interdisziplinären Austausch zusammen. Gemeinsam werden neue Technologien für ein smartes Labor und die Bioproduktion der Zukunft entwickelt. Unter den Projektmitgliedern sind industrielle Anwender und Entwickler vertreten sowie Partner, die die Brücke zu Forschung und akademischer Ausbildung schlagen. Namhafte Firmen stellen dazu ihre neuesten Geräte und innovative Technologien zur kooperativen Entwicklung zur Verfügung.

Mithilfe der vom Fraunhofer IPA entwickelten digitale Laborplattform Ley-con lassen sich eine Vielzahl von digitalen Laboranwendungen verschiedener Anbieter miteinander verbindet. Sie ermöglicht Konnektivität und einen schnellen und effizienten Datenfluss in der Laborumgebung. So ist es möglich, mit einer Plattform die Daten unterschiedlicher Laborsoftware verschiedener Hersteller zu zentralisieren und zu verwalten.. Komplexe Integrationen und Schnittstellenentwicklungen sind nicht mehr notwendig und die Anwendungen können per Plug & Play verbunden werden. Neben bestehenden Anwendungen aus dem digitalen Labordienstleistungsmarkt bietet Ley-con zusätzliche Anwendungen mit Basisfunktionalität. Der webbasierte Ley-con Launcher ist die zentrale Anlaufstelle und bietet eine intuitive Benutzeroberfläche.

IoT-Plattform führt Daten zusammen

Das Labormanagement beinhaltet die Koordination der idealerweise automatisierten Verfahren, Prozesse und Geräte, um zu gewährleisten, dass Tests innerhalb der erforderlichen Fristen abgeschlossen und die Daten ausgewertet und weitergegeben werden. Im täglichen Betrieb müssen die Laborleiter in der Regel mehrere Systeme überwachen und verwalten. Sind diese Informationen zu Geräten, Personen und Prozessen unzusammenhängend und über zahlreiche Informationssilos verteilt, benötigen die Verantwortlichen sehr viel Zeit für das Auffinden bestimmter Daten. Eine IoT-Plattform kann diese Informationen mithilfe einer standardisierten Anwendung in einem System zusammenführen und reduziert so den Zeitaufwand signifikant. Eine solche IoT-Plattform ist die PTC-Lösung Thingworx. Mit ihr können individuelle Anwendungen erstellt werden, die die betriebliche Effizienz durch die Verbindung von Überwachung und Interaktion mit Geräten und Systemen steigern. Die Plattform führt Daten nicht nur zusammen, sondern bietet darüber hinaus Funktionen, die dabei unterstützen, Aufgaben des Tagesgeschäfts mit geringerem Aufwand auszuführen. Einen ausführlichen Bericht zu Thingworx finden Sie in der Zeitschrift phpro 2/2022 oder auf prozesstechnik-online.de.

Eppendorf hat mit der Visionize Lab Suite ebenfalls eine Lösung zur Digitalisierung der Laborarbeit entwickelt. Die Basis bildet eine cloudbasierte Plattform mit Serviceanwendungen zum Vernetzen, Verwalten und Überwachen von Laborgeräten. Sie steuert neben der Planung und Dokumentation von notwendigen Tätigkeiten im Labor, die den Lebenszyklus von Geräten beeinflussen, beispielsweise auch anstehende Wartungsarbeiten oder die Kalibrierung von Pipetten. Für einen reibungslosen Ablauf innerhalb eines Labors sorgen die Alarm- und Event-Benachrichtigungen, die im Falle einer Fehlermeldung des Geräts durch einen Nutzereingriff oder durch den Ausfall eines Geräts sofort zum Handeln aufrufen. Lesen Sie mehr zur Visionize Lab Suite auf S. 62 in diesem Heft.

Labor- und Analysentechnik auf der Achema

Die Themen Automatisierung und Digitalisierung im Labor nehmen auch auf der Achema in Frankfurt einen großen Raum ein. Der Ausstellungsbereich Labor- und Analysentechnik findet sich auf der Messe in Halle 4.1. Auf der Aktionsfläche „Digital Lab“ werden zudem sechs Use Cases zum vernetzten und digitalisierten Labor vorgestellt. Geräte- und Softwarehersteller zeigen herstellerübergreifende Digitalisierungslösungen an relevanten Praxisbeispielen zum Anfassen und Ausprobieren. Das Spektrum reicht von Cobot-assistierten Arbeitsprozessen für die Probenvorbereitung und -analyse über benutzerorientierte Prozessführung mit Laboratory-Execution-Systemen bis hin zu horizontal und vertikal vernetzten und trotzdem modular anpassbaren Gerätelösungen mit der Perspektive zur gemeinsam genutzten Laborinfrastruktur und der nahtlosen Integration vom Probeneingang hin zum qualitätsgesicherten Analyseergebnis. Darüber hinaus greift die Highlight-Session „Laboratory and analytical techniques“ am Mittwoch den 24. August 2022 um 13:30 Uhr in Halle 4.0, Saal Europa, vom digitalen Laborzwilling über maschinelles Lernen, Roboter und künstliche Intelligenz im Labor sowie die Nutzung der enormen Datenmengen bis hin zu Modellierung, Simulation und neuen Ansätzen für die Versuchsplanung die aktuell drängenden Themen auf und lädt zur Diskussion mit Experten ein. Weitere Vorträge zur Digitalisierung und Automatisierung im Labor bietet der Achema-Kongress.

www.prozesstechnik-online.de

Suchwort: Laborautomatisierung


Daniela Held

Redakteurin


René Zölfl, Director Business Development Life Sciences, PTC

Statement

Zu wissen, wie Analysegeräte genutzt und betrieben werden, um schnell fundierte Entscheidungen treffen zu können und einen reibungslosen und effizienten Betrieb des Labors aufrecht zu erhalten, ist für Laborleiter von grundlegender Bedeutung. Die Thingworx Plattform ist eine vollständige End-to-End-Technologieplattform, die für das Industrial Internet of Things (IIoT) ausgelegt ist. Mit einer Dashboard-Ansicht können Parameter wie KPIs, Geräteleistung, Ausfälle und Wartungsarbeiten in Echtzeit überwacht werden. Damit wird beispielsweise ersichtlich, wenn geplante Wartungsarbeiten mit anderen Aufträgen aus der Produktion oder Forschung in Konflikt geraten; es besteht dann die Möglichkeit, die Aufträge auf anderen Geräten oder in einem anderen Labor auszuführen oder die Wartungsarbeiten zu verlegen. Eine zusammenfassende Ansicht zur Gerätenutzung und -planung, Gerätezustand sowie Prozessen gibt einen Überblick über anstehende Geräteüberprüfungen und vereinfacht so die Planung von notwendigen Neuzertifizierungen.


Lynn Philip, Head of Portfolio Digital Solutions, Eppendorf

Statement

Die Automatisierung und Digitalisierung von Arbeitsschritten und Prozessen im Labor sind wesentliche Faktoren für die Zukunft des wissenschaftlichen Arbeitens. Aktuell gibt es bereits vielversprechende Ansätze und Lösungsmöglichkeiten, die bereits in vielen Laboren im Einsatz sind und allesamt zur Vision des „Labors der Zukunft“ führen. Der Vorteil der Visionize Lab Suite ist
der ganzheitliche Ansatz: Über die zentralisierte Management-Plattform sind sowohl Voreinstellungen für den Einsatz der Geräte als auch das Datenmanagement, beispielsweise hinsichtlich der Messergebnisse und Wartungsintervalle, möglich. Für den Ablauf im Labor ist
dies ein enormer Vorteil, weil er den Verwaltungsaufwand signifikant vereinfacht und so Arbeitskapazitäten freisetzt.

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