Am 24. Juni 2021 hat die Bundesregierung die Novelle des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Dass dieser Schritt längst überfällig war, zeigen die verheerenden Extremwetterereignisse der vergangenen Wochen, bei denen etliche Landkreise nach starken Regefällen, Gewittern und Hagelstürmen buchstäblich untergiengen. Starke Regenfälle und extreme Dürren werden zukünftig immer häufiger auftreten, so die Prognosen der Klimaforscher, und werden Staat, Versicherungen, Privatpersonen und Unternehmen eine Menge Geld kosten. Es wird also höchste Zeit, gegenzusteuern.
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29. April und mit Blick auf das neue europäische Klimaziel 2030 hat die Bundesregierung am 12. Mai das geänderte Klimaschutzgesetz 2021 vorgelegt. Der Bundestag hat die Klimaschutznovelle am 24. Juni beschlossen. Sie hat am 25. Juni auch Bundesrat passiert.
Mit dem Gesetz wird das Ziel der Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2045 vorgezogen. Der Weg dahin wird mit verbindlichen Zielen für die 20er und 30er-Jahre festgelegt. Das Zwischenziel für 2030 wird von derzeit 55 auf 65% Treibhausgasminderung gegenüber 1990 erhöht. Für 2040 gilt ein neues Zwischenziel von 88 % Minderung. Die Klimaschutzanstrengungen werden so bis 2045 fairer zwischen den jetzigen und künftigen Generationen verteilt.
Energiewirtschaft und Industrie müssen vorangehen
Den Löwenanteil der zusätzlichen Minderung bis 2030 werden die Energiewirtschaft und die Industrie übernehmen. Dies folgt einerseits dem ökonomischen Gedanken, dort zu mindern, wo die Vermeidungskosten am geringsten sind, andererseits sind der Industrie- und Energiesektor weiterhin die Sektoren mit den höchsten Emissionen. Hinzu kommt, dass eine erneuerbare Energieversorgung der Schlüssel für Emissionsminderungen in allen anderen Sektoren ist, in denen erneuerbar erzeugter Strom fossile Brenn- und Kraftstoffe ersetzen kann.
Neu ist auch eine Zielvorgabe für den Erhalt und den Ausbau der sogenannten natürlichen Senken wie Wälder und Moore. Sie werden benötigt, um die unvermeidbaren Restemissionen von Treibhausgasen, etwa aus der Viehhaltung oder bestimmten Industrieprozessen, zu kompensieren. Die Klimaziele werden kontinuierlich per Monitoring überprüft.
Investitionen in Milliardenhöhe
Um die ambitionierten Klimaschutzziele des Gesetzes zu erreichen, hat die Bundesregierung am 23. Juni ein 8-Milliarden-Sofortprogramm beschlossen. Damit will sie die Dekarbonisierung der Industrie, grünen Wasserstoff, energetische Gebäudesanierung, klimafreundliche Mobilität sowie nachhaltige Wald- und Landwirtschaft zusätzlich fördern. Im Fokus stehen vor allem kurzfristig wirkende Maßnahmen, die den Ausstoß von Treibhausgasen sicht- und messbar mindern.
Dekarbonisierung der Industrie
Einen Schwerpunkt im Industriebereich bildet das BMU-Programm zur Dekarbonisierung der Industrie. Hierfür werden weitere 650 Mio. Euro bereitgestellt. Das bestehende Förderprogramm wird ab 2022 um eine weitere Förderrichtlinie für Klimaschutzverträge nach dem Konzept „Carbon Contracts for Difference“ ergänzt. Insgesamt stellt das BMU somit für Investitionskostenförderung und Klimaschutzverträge für die Dekabonisierung der energieintensiven Industrie in den Jahren 2021bis 2025 ca. 3,5 Milliarden Euro Fördermittel zur Verfügung. Das gibt der Industrie mehr Planungs- und Investitionssicherheit zur Umsetzung von transformativen Klimaschutzprojekten und den Beschäftigten die Gewissheit, dass die Bundesrepublik Deutschland weiterhin ein wirtschaftsstarkes und zukünftig zugleich klimaneutrales Industrieland mit guten und nachhaltigen Arbeitsplätzen bleiben wird. (Quelle: BMU)
Klimaschutzprojekte der chemischen Industrie
Chemische Prozesse sind von Natur aus energieintensiv. In der chemisch-pharmazeutischen Industrie wurden daher bereits einige Projekte angeschoben, um dem Ziel einer treibhausgasneutralen Produktion näherzukommen. Dazu zählt z. B. die Klimaplattform Chemistry4Climate, die der VDI und VCI ins Leben gerufenhaben, um Wege und Lösungen zu finden. Das Projekt, in dem sich insgesamt 70 Partner aus der Industrie, Nicht-Regierungsorganisationen und der Politik engagieren, hat sich das anspruchsvolle Ziel gesetzt, in den kommenden Monaten gemeinsame Handlungsempfehlungen zum Klimaschutz für die Bundesregierung zu entwickeln. Der aktuelle VDI-Statusreport zeigt beispielsweise, wie Kohlenstoff für eine treibhausgasneutralen Zukunft im Kreislauf geführt werden kann.
Auch die im September 2020 ins Leben gerufene Renewable Carbon Initiative (RCI) geht das Kernproblem des Klimawandels an. Und zur Erzeugung von grünem Wasserstoff gibt es ebenfalls eine Reihe von Projekten:
- Grünes Methanol aus Leuna
- Grüner Wasserstoff für die Energie- und Rohstoffversorgung der Zukunft
- Initiative Get H2 definiert europäische Wasserstoffinfrastruktur
Weitere Informationen finden Sie z.B. unter dem Stichwort Energiewende auf prozesstechnik-online.de.
Autorin: Daniela Held