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Deutschlands Denkfehler bei der Digitalisierung

Kommentar von Dr. Bernhard Kirchmair
Deutschlands Denkfehler bei der Digitalisierung

Deutschlands Denkfehler bei der Digitalisierung
Dr. Bernhard Kirchmair ist Chief Digital Officer bei Vinci Energies Deutschland Bild: Vinci Energies Deutschland
Der kürzlich veröffentlichte Innovationsbericht für den deutschen Mittelstand der KfW-Bankengruppe zeigt: Innovationsprojekte werden immer häufiger nur von einzelnen Großunternehmen vorangetrieben. Kleinere Unternehmen fallen weit zurück. Wie sie die Chancen der Digitalisierung dennoch für sich nutzen können, erklärt Dr. Bernhard Kirchmair, Chief Digital Officer bei Vinci Energies Deutschland.

 

Deutschland leidet an Innovationsarmut, zu dieser nüchternen Erkenntnis kommen die Marktforscher der Bankengruppe KfW in ihrem kürzlich veröffentlichten Innovationsbericht für den Mittelstand 2016. Demnach ist der Anteil der Innovatoren im Mittelstand gegenüber der Vorperiode um knapp 7 Prozentpunkte auf 22 % (2013/2015) deutlich zurückgegangen und hat damit den niedrigsten Wert seit dem Start des KfW-Mittelstandspanels erreicht. Ist dies also Grund zur Sorge? Das Bild ist gemischt. Der langfristige Trend zeigt, dass sich die Innovationen auf immer weniger, vor allem größere Unternehmen konzentrieren. Kleinere Unternehmen sind innovationsmüde geworden.

Die Gründe sind vielfältig. Neben der niedrigen Gründungstätigkeit und zu wenigen mutigen Gründern, dem zunehmenden Preiswettbewerb und der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit werden nach wie vor große Schwierigkeiten bei der Innovationsfinanzierung sowie fehlende Kompetenzen und Ressourcen angegeben. Der starke Wirtschaftsstandort Deutschland hat aber sicher kein Finanzierungsproblem, vielmehr haben wir in unserem Land ein Planungsproblem. Einerseits auf der Verwaltungsseite, andererseits auch in den Unternehmen. Vielfach werden Innovationsprojekte zu groß und damit zu teuer zugeschnitten. Hinter Innovationen stecken heute meist Digitalisierungsmaßnahmen. So ein Vorhaben denken Unternehmen häufig viel zu groß, und sie gehen es methodisch falsch an. Das macht Neuentwicklungen langsam und teuer. Investoren halten sich zurück, diese Denkfehler zu unterstützen.

Es ist daher falsch ist, den großen digitalen Wurf wie ein F&E-Projekt nach allen Regeln der deutschen Ingenieurskunst perfektionistisch zu planen. Der digitale Traum von der eierlegenden Wollmilchsau platzt, wenn die einzigartige Schönheit der technischen Lösung im Mittelpunkt steht. Vielmehr geht es um den Nutzen, der den Mitarbeiter und Kunden überzeugt.

Diese Herausforderungen meistert nur, wer agil entwickelt, pragmatisch vorgeht, seine Strategie kontinuierlich anpasst und von Startups lernt. „Learning by doing“ oder „Trial and error“ sind die empfehlenswerte Methoden, um die Unsicherheit auf neuem digitalem Terrain zu überwinden. So zahlt es sich beispielsweise aus, für einen erkannten Bedarf rasch fünf Prototypen in kleinen Teams zu entwickeln, im nächsten Schritt drei davon zu verfeinern und schlussendlich zwei Anwendungen erfolgreich zu machen. Ein riesiges Projekt, an dem ein großes Team arbeitet, dauert zu lange, verschlingt viel Budget und führt nicht selten zum teuren Misserfolg. Der digitale Wandel bringt eine immense Dynamik mit sich, und wer zu viel Zeit in die Entwicklung eines Entwurfs steckt, riskiert, dass dieser bei der Fertigstellung bereits wieder obsolet ist. Die Folge solcher langwierigen und ressourcenintensiven Planungen ist Stillstand und Innovationsmüdigkeit.

Gerade dem Mittelstand ist zu raten, einfach zu starten und stufenweise vorzugehen. Die Digitalisierung ist weniger eine Bedrohung von außen als vielmehr eine Chance – gerade für kleinere und mittelgroße Unternehmen. Sie haben die Agilität, schnell etwas auszutesten und anschließend zu implementieren. Fangen Sie einfach an, haben Sie den Mut, einfach ein Digitalprojekt umzusetzen, dort wo der Bedarf ist und die Chance auf Mehrwert und Marktpotenzial besteht.

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